Integration? Was ist das?

efsane

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Die Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz hat ihre türkischstämmigen Mitbürgerinnen aufgefordert, ihre Kopftücher als Zeichen ihres Integrationswillens abzulegen. Ich muß gestehen, daß meine erste Reaktion auf diese Forderung Entsetzen war. Ich war nicht, wie viele andere konservative Türken darüber entsetzt, dass ausgerechnet eine Türkin diese Forderung aufstellt und somit, in deren Augen, den Gegnern des Islam in die Hände spielt, sondern über die Naivität dieser Forderung. Wenn unsere Integration tatsächlich durch dieses Stück Stoff verhindert wird, was ist dann mit den Abermillionen Türken hier, die KEIN Kopftuch tragen? Was ist mit den türkischen Männern? Was ist mit den türkischen Kindern? Soweit ich weiss tragen da die wenigsten Kopftuch und sind trotzdem nicht integriert. Aber woran kann es liegen, dass unsere Integration gescheitert ist, wenn nicht am Kopftuch? Ist die Kopftuchdebatte in Deutschland nicht Mittel zur Verschleierung der eigentlichen Probleme, die wir hier haben? Staat und Gesellschaft in Deutschland haben bei der Integration kläglich versagt und jetzt begibt man sich auf die Suche nach einem Sündenbock.

Was ist eigentlich Integration? In letzter Zeit kommt man um dieses Thema nicht herum. Egal ob im Radio, im Fernsehen, oder in der Zeitung. Überall werden wir aufgefordert unsere Kopftücher abzulegen, Deutsch zu lernen, uns anzupassen und im „hier und jetzt“ anzukommen. Die Liste der Forderungen, die man an uns stellt, läßt sich beliebig erweitern. Was diese Forderungen aber alle gemeinsam haben, ist die Unterstellung, dass es uns am Integrationswillen mangelt. Wir WOLLEN nicht Deutsch lernen, wir WOLLEN nicht Teil dieser Gesellschaft sein, wir WOLLEN unsere altmodischen, überholten Ansichten nicht los lassen und wir WOLLEN nicht einsehen, dass das Kopftuch uns daran hindert frei zu sein. Was bedeutet aber Integration? Sind wir Türken wirklich so Integrationsresistent, wie immer behauptet wird und ist Integration wirklich etwas, das sich, mit unserem gutem Willen allein und dem Verzicht auf ein Stück Stoff erreichen ließe? Um das zu klären, sollten wir uns mal die Definition von Integration anschauen. Vielleicht wird es dann leichter für uns zu erkennen und zu verstehen, was man von uns erwartet, und worin wir genau versagt haben.

Integration
Eingliederung bzw. Einbeziehung eines Migranten in die Gesellschaft des Aufnahmelandes. Integration heißt gleichberechtigte Teilhabe bei gleichzeitiger Wahrung der eigenen Identität, Religion und Kultur. Die Integration setzt einen Integrationswillen seitens des Migranten und eine Aufnahmebereitschaft seitens des Aufnahmelandes voraus. Sie beinhaltet die Verständigung auf einen gemeinsamen Wertekatalog und ist grundlegend für den inneren Zusammenhalt und die Stabilität einer Gesellschaft. Die Staatsangehörigkeit kann ein „objektives" Kriterium für Integration sein; die subjektiv „gefühlte" Integration kann davon aber erheblich abweichen.
(siehe: http://www.reintegration.net/europa/glossar_dt.htm)

Aus dieser Definiton geht hervor, dass Integration nicht ein einseitiger Prozess ist, sondern dass Integration als wechselseitiger Prozess zwischen den Migranten und dem Aufnahmeland verstanden werden kann. Es geht hierbei um die Schaffung eines neuen Ganzen, durch die Einigung auf einen gemeinsamen Wertekatalog. Diesen gemeinsamen Wertekatalog können wir also nur aufstellen, wenn wir als Türken, auch unsere Kultur und unsere Werte miteinbringen dürfen. Wenn wir aber unsere Werte, unsere Kultur und unsere Identität nicht miteinbringen dürfen, sondern gezwungen sind, die vorherrschende Sprache, Kultur und Bräuche des Aufnahmelandes aufzunehmen und uns zu Eigen zu machen, kann man da immer noch von Integration reden? Wahrscheinlich nicht. In diesem Falle handelt es sich um eine Assimilation, was soviel heisst, dass vom Migranten erwartet wird, dass er die eigene Sprache, die eigenen Bräuche zugunsten einer homogenen Gesellschaft im Aufnahmeland aufgibt ( Wie bei den Borg in Star Trek! Totale Identifikation mit dem Kollektiv!) Ist es nicht im Grunde genau das, was Politiker und die Gesellschaft in Deutschland jahrzehntelang von uns gefordert haben, wenn sie von Integration sprachen? Ging es Ihnen tatsächlich um unsere Integration, oder doch vielmehr um unsere völlige Anpassung? Die Definition, die ich hier angeführt habe, ist eine relativ neue Definition. Bis vor wenigen Jahren gab es diese Unterscheidung zwischen Integration und Assimilation nicht, und so wurde der Begriff Integration oft mißbräuchlich mit Assimilation gleichgesetzt.

Fortsetzung folgt.... Interessiert?
Oyoyoy! Ich weiss das ist viel und schrecklich langweilig, aber ich musste es loswerden!
 

efsane

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AW: Integration? Was ist das?

Was von unserer Identität, Religion und unserer Kultur, mit Ausnahme vom Döner, ist denn willkommen und respektiert in der deutschen Gesellschaft? Als wir Türken in den 60ern und 70ern nach Deutschland kamen waren wir die „Gastarbeiter“, zudem noch unliebsame Gäste. Niemand scherte sich darum, ob wir integriert wurden, ob wir unsere Frauen prügelten, oder deutsch lernten. Wozu auch? Beim Akkord arbeiten und Mülltonnen leeren, hätte reden sowieso nur abgelenkt! Wir waren eben nur Gäste und als solche sollten wir uns in den wenigen Jahren, die wir hier zu Gast sein durften, fleissig arbeiten, möglichst nicht unangenehm auffallen und uns an die deutschen Sitten und Gepflogenheiten anpassen. Einige Wenige taten das. Frauen, die ihre Kopftücher ablegten gab es genug. Viele von ihnen kamen mit ihren Ehemännern, oder auch allein, um hier zu arbeiten. Mein Vater kam mit dieser ersten Welle nach Deutschland, auch er mit dem Vorsatz nach kurzer Zeit, wieder heimzukehren. Nach fast zehn Jahren muss ihm wohl aufgegangen sein, dass an eine Rückkehr nicht zu denken war. Er packte also seine Frau und seine Kinder ein und nahm sie mit nach Deutschland. Er hatte, im Gegensatz zur deutschen Regierung, schon begriffen, dass wir nicht so schnell aus Deutschland wegkommen würden.
Ich kann mich erinnern, wie das war, als wir Ende der 70er Jahre nach Deutschland kamen. Meine Mutter trug ein schlichtes Kopftuch, so wie sie das schon seit ihrem 10. Lebensjahr auch in der Türkei getan hatte. Ich glaube nicht, dass sie sich auch nur je einen einzigen Gedanken über ihr Kopftuch gemacht hatte, oder den Sinn dieses Kleidungsstücks in Frage gestellt hatte, bevor sie nach Deutschland kam. In dem Dorf, in dem sie groß geworden war, war es Teil der alltäglichen Bekleidung aller Frauen. Das Kopftuch war für sie ganz selbstverständlich. So kam sie nach Detuschland und musste gleich bei ihrem ersten Spaziergang erleben, dass unsere deutschen Mitbürger mit den Fingern auf sie zeigten und und sie auslachten. Ich denke nicht dass das eine Eigenart der schwäbischen Kleinstadt war, in der wir lebten, sondern ich meine, dass viele andere Türkinnen mit Kopftuch ähnliche Erfahrungen gemacht. Ich weiss nicht, wie sie darauf reagiert haben, aber meine Mutter hat das Kopftuch nicht abgelegt, sondern sie ist dem Ganzen aus dem Weg gegangen, indem sie einfach nur noch vor die Tür gegangen ist, wenn es sich nicht vermeiden ließ, oder nur in Begleitung ihrer türkischen Kopftuchgang, also der Nachbarinnen. Sie fühlten sich wahrscheinlich sicherer, wenn sie zusammen waren. Meine Mutter wurde nicht von meinem Vater eingesperrt, es war ihr einfach unangenehm, begafft und verspottet zu werden! Die deutsche Sprache unter diesen Bedingungen zu lernen, oder sich gar zu integrieren oder zu assimilieren, war natürlich nicht möglich. Man blieb unter sich. In den Kleinstädten gab es nicht soviele Türken, aber ich kann mir vorstellen, dass in den Großstädten die Kopftuchgangs ganz andere Ausmaße hatten, als bei uns. Die Jahre danach waren kaum besser. Einkaufstouren entwickelten sich zum reinen Spießrutenlaufen, denn kaum betraten wir einen Laden, heftete sich immer mindestens eine Verkäuferin an unser Fersen und verfolgte uns durch die Gänge, während deutsche Kleinkriminelle in aller Ruhe die anderen Gänge leerräumten! Wir fühlten uns wie Verbrecher und schämten uns zu Tode, ohne je irgendetwas verbrochen zu haben. In Bussen wurden wir von Rentner grundlos beschimpft und von unseren Sitzen vertrieben, nicht etwa weil es sonst etwa keine freien Plätze gab, sondern einfach weil wir Ausländer ihnen ( also den Rentnern!) die Arbeit wegnahmen und es daher verdienten beschimpft zu werden! Wildfremde, angseinflößende Menschen, die wütend und wild gestikulierend und Beschimpfungen rufend auf uns zugerannt kamen und versuchten meiner Mutter den „Lappen“ vom Kopf zu reissen! Es war teilweise erschreckend! Ich war noch ein Kind und ich schämte mich dafür, dass meine Mutter anders aussah als die anderen. Ich schämte mich dafür, weil man über uns lachte. Es war nicht leicht für eine Kopftuchtragende Türkin in den 80er Jahren! Was ist das für ein erbärmliches Leben, immer mit dem Gefühl leben zu müssen, dass man sich für das, was man ist, schämen und rechtfertigen muss! Wie soll man eine selbstbewusste Persönlichkeit entwickeln, wenn man stets mit dem Gefühl konfrontiert ist, sich entschuldigen zu müssen, für die uns von den Deutschen bescheinigte, „Rückständigkeit“. Heutzutage haben sich unsere deutschen Mitbüger an den Anblick des Kopftuchs gewöhnt, aber sie haben immer noch Angst vor dem, wofür das Kopftuch steht. Wir können die Kopftücher ablegen, aber das wird nicht reichen. Die Deutschen ( Ich entschuldige mich für die Verallgemeinerung! Natürlich gibt es auch da Ausnahmen), haben nie aufgehört dem Fremdem zu misstrauen. Wir waren Fremde und werden es vielleicht immer sein, da die einzige Möglichkeit den Anforderungen der deutschen Gesellschaft gerecht zu werden darin besteht, unser Leben komplett umzukrempeln. Das Kopftuch ließe sich ablegen, aber was ist mit unserer Haut, unserem Namen, unserer Erziehung? Schade, dass man diese Dinge nicht so leicht ablegen kann, wie ein Kopftuch. Als Türke/Türkin ist man immer stigmatisiert, auch wenn man hier geboren und aufgewachsen ist. Als Türke reicht es nicht Durchschnitt zu sein. Als Türke muss man fleissiger sein, und besser sein und netter sein und höflicher sein und intelligenter sein, als jeder Durchschnittsdeutsche, um auch nur annähernd die Anerkennung zu bekommen, die dieser bekommt. Unsere Kinder aus der zweiten und dritten Generation können zudem noch meistens perfekt deutsch, trotzdem sehe ich wie sie trotz guter Leistungen und Erfolge immer noch als dumme Ausländerkinder behandelt werden. Ihre Eltern, also die „Rückständige“ Generation wollen nicht dass ihre Kinder, aus der deutschen Gesellschaft ausgegrenzt werden, wie sie selbst, sondern bemühen sich den Kindern ihren Talenten entsprechend, alle Möglichkeiten zu bieten, die sie selbst vielleicht nicht hatten. Überstunden und Zweitjobs nur um die Nachhilfestunden der Kinder zu bezahlen, sind keine Seltenheit nur damit die es mal besser haben, aber es hilft alles nichts.
 

efsane

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AW: Integration? Was ist das?

Ich hatte das „Glück“ nicht wie eine Türkin auszusehen, deswegen habe ich viele Deutsche kennengelernt und ihnen bestimmt auch so manche dumme Ansicht ausgetrieben. Wie oft hieß es, ach du siehst ja gar nicht aus wie eine Türkin, oder du bist ja gar nicht so anders wie wir. Wenn ich dann wissen wollte, wieviele Türken sie denn im Leben kennengelernt hatten um sagen zu können, dass ich anders sei, war die Antwort meistens, ich wäre eigentlich die Erste! Gruß hier an die netten Ossis, die ich bekehren konnte! So wenig Probleme ich aber bei direktem Kontakt mit Deutschen hatte, so viele Verleumdungen und Anfeindungen musste ich ertragen, wenn die Menschen als einzige Referenz meinen Namen kannten oder wussten dass ich Türkin bin. Menschen, die sich am Telefon nett mit mir unterhielten, hängten plötzlich auf, sobald sie meinen Namen hörten, oder beschimpften mich, weil ich mich nicht gleich mit meinen Namen vorgestellt hatte. Als ich eine Gesprächspartnerin einmal auf ihren Gesinnungswandel aufmerksam machte, musste ich mir anhören, dass sie keine Wohnung an „dreckige Türken“ vermieten wolle und dass sie mir keine Rechenschaft schuldig sei! Was soll man darauf sagen? Bei all diesen Geschichten habe ich mir immer gesagt, das sind dumme Menschen und eigentlich die Ausnahmen und obwohl ich mit diesen unterschwelligen Anfeindungen und Erniedrigungen groß geworden bin, habe ich immer gehofft, dass sich die Haltung der Menschen ändern wird, wenn ich mich nur immer wieder bemühe. Ich bemühte mich so sehr! Ich kleidete mich modern, lernte akzentfrei deutsch zu sprechen, und versuchte meinen türkischen und deutschen Klassenkameraden immer ein Vorbild zu sein. Es war eine schlimme und verstörende Zeit für mich. Als Kind habe ich mich für meine Mutter geschämt, weil sie ein Kopftuch getragen hat. Ich war so verunsichert, weil mir die Gesellschaft einredete, dass Frauen mit Kopftuch dumm und rückständig seien und ich aber tief im Innern wusste, dass meine Mutter weder dumm, noch rückständig war.
Ich musste immer aufpassen, dass ich ja nichts sagte, oder tat, was meine deutschen Freunde und Lehrer veranlasst hätte zu denken, ich wäre dumm oder rückständig und so lange ich fleissig und gut in der Schule war, konnte auch niemand sagen, dass meine Eltern dumm und rückständig seien. Wenn meine türkischen Kameraden etwas anstellten, von dem ich dachte, dass es undeutsch sei, schämte ich mich stellvertretend für das, was sie getan hatten und immer versuchte ich die Deutschen (in dem Fall also meine Klassenkameraden und meine Lehrer) davon zu überzeugen, dass wir Türken eigentlich ganz anders seien und sie uns nur eine Chance geben sollen, uns zu beweisen. Keine Türke, kein Kind und kein Erwachsener, also auch die, die ich gar nicht kannte, konnte etwas anstellen, ohne dass ich mich für sie geschämt habe. Mea Culpa! Am liebsten hätte ich jeden deutschen persönlich um Vergebung gebeten, für die Missetaten der anderen. Meine Mutter war und ist ganz sicher nicht dumm, WEIL sie ein Kopftuch trägt, sondern weil sie ein Kopftuch trägt, wurde sie immer ausgegrenzt und behandelt, als ob sie dumm wäre. Bis heute gehen sowohl deutsche , als auch „moderne“ Türken bei einer Kopftuchträgerin davon aus, dass sie ihr Gehirn gegen das Kopftuch eingetauscht hat und es ist schwer dagegen anzukämpfen!
Dass meine Mutter Kopftuchträgerin war, verschwieg ich auf dem Gymnasium. Wenn mich aber jemand direkt fragte, ob sie ein Kopftuch trüge, sagte ich meistens nein. Die meisten Lehrer atmeten daraufhin erleichtert auf und waren glücklich, weil sie endlich eine Erklärung dafür hatten, warum ich es als einzige Türkin auf das Gymnasium geschafft hatte! Meine Intelligenz zeugte davon, dass meine Mutter sich dem Koftuch verweigerte, so einfach war es! Diese Lüge war nicht schwierig aufrechtzuerhalten, da mein Vater sowieso immer der Einzige war, der zu Elternabenden und Veranstaltungen ging und ich sehr selten mit meiner Mutter unterwegs war, kannte fast niemand meine Mutter. Meine Zeit in der Grundschule und auf dem Gymnasium verbrachte ich also im Grunde damit, mich, meine Familie, meine Kultur und meine Religion zu verleugnen. Ich war sehr erfolgreich mit meiner Strategie. Die Türken, die nach mir auf die Schule kamen, wurden ganz anders von den Lehrern aufgenommen, als ich noch am Anfang. Ich war die Vorzeigetürkin. Vom ersten Tag an, als ich nach Deutschland kam, war mein Wille zur Integration unermesslich groß, also von fehlendem Willen, kann bei mir keine Rede sein. Dieser Wille bekam die ersten Risse, als ich anfing erwachsen zu werden. So mit 14/15 Jahren begann ich mit meiner Mutter ernsthafte Gespräche zu führen und merkte wieviel Liebe, Intelligenz und Witz diese Frau in sich hatte. Einen Satz , den sie mir gesagt hat, werde ich nie vergessen. Sie sagte, dass sie nicht verstehen kann wie die Deutschen leben und dass sie auch mich oft nicht versteht, aber dass das eben daran liegt, dass sie in einer vollkommen anderen Umgebung, in einer vollkommen anderen Zeit aufgewachsen sei und eine andere Erziehung genossen habe, als die Menschen in Deutschland. Auch wenn sie mich nicht verstünde, akzeptiere sie wie ich lebe, weil sie mir vertraue und mich liebe. Dieser Satz hat mich danach nie wieder verlassen und ich schäme mich jedesmal wieder, weil meine ungebildete, „rückständige“ Mutter eine Toleranz und Offenheit an den Tag gelegt hat, wie sie mir davor und danach nie wieder begegnet ist. Ich war jahrelang mit dieser Frau nicht vor die Tür gegangen, weil ich mich für ihr Kopftuch schämte! Ich hasse mich heute dafür, aber ich hoffe sie vergibt mir, weil ich nicht wusste, was ich tat.
 

efsane

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AW: Integration? Was ist das?

Endgültig verlieren sollte ich meinen Willen zur Integration/Assimilation aber erst lange Jahre später, während meines Studiums, als mir klar wurde, wie sehr ich mich von den Forderungen der Gesellschaft manipulieren lasse. Ich habe während meines Studiums in einer deutschen Stadt mit sehr hohem Ausländeranteil, Fremdsprachen an Grundschulen unterrichtet. Teilweise war der Ausländeranteil in den Klassen sehr hoch, hauptsächlich Türken. An meinem ersten Tag an einer dieser Schulen, kam eine freundliche Dame mittleren Alters auf mich zu und wollte wissen, wer ich sei. Ich nannte ihr meinen Namen und stellte mich als neue Französischlehrerin vor. Durch irgendeine akustische Verirrung hatte sie aber meinen Namen nicht verstanden und da ich weder türkisch aussehe, noch türkisch klinge, war die arme Frau so gar nicht darauf vorbereitet, was danach geschah. Sie begrüßte mich freundlich und nahm mich sofort auf die Seite, um mir gute Tipps im Umgang mit meinen Schülern zu geben. Dabei verzog sie das Gesicht und meinte, an dieser Schule gäbe es zu 60% nur Ausländerkinder und denen könnte man sowieso nix beibringen und die würden alle in der Sonderschule landen! Mein Erstaunen war groß! Als ich dir gute Frau daraufhin aufklärte, daß mein Name doch türkisch sei, war ihre Reaktion noch erstaunlicher! Sie wollte doch tatsächlich wissen warum ich einen türkischen Namen habe und ob ich denn mit einem Türken verheiratet sei! Als ich ihr dann noch sagte, dass ich in der Türkei geboren sei, wuchs ihre Verwirrung ins Unermessliche! Ja aber warum ich denn dann französisch könne, ob ich denn Kurse an der VHS belegt habe? Jetzt war meine Verwirrung groß! Hatte ich irgendetwas verpasst? Langsam begriff ich worauf sie hinaus wollte. Ich sagte ihr, dass ich auf dem Gymnasium sowohl französisch, als auch englisch gelernt habe und nach meinem Abitur zum Studium in die Großstadt gezogen sei. Sie schaute mich mit großen Augen an und man sah, wie sie versuchte den Zusammenhang zwischen Türkin, Abitur und Studium herzustellen! Es durfte nicht sein, was nicht sein konnte! Ich versuchte durchzudringen durch diese Geflecht an wirren Gedanken und sie davon zu überzeigen, dass nicht alle türkischen Kinder per se doof seien, aber ich war zum Scheitern verurteilt! Ihre trockene Antwort war, dann sei ich eben die glorreiche Ausnahme, weil von ihren Schülern werde es keiner aufs Gymnasium schaffen, geschweige denn auf die Universität! Vor soviel Ignoranz bin selbst ich machtlos! Ich sagte ihr, dass das ja kein Wunder sei bei Lehrern wie ihr, drehte mich auf dem Absatz um und ließ sie stehen. Es gibt unzählige solcher Geschichten, wo türkische Kinder auf Grund von Diskriminierung und Borniertheit ihrer Lehrer von weiterführenden Schulen ausgeschlossen werden. Die Freundin meiner Nichte geht auf die Realschule, obwohl sie die Klassenbeste war, weil ihre Lehrer den Eltern eingeredet haben, dass sie es auf dem Gymnasium nicht schaffen würde. Ein Studienkollege wurde von seiner Grundschullehrerin auf die Sonderschule geschickt, weil er so schüchtern war und im Unterricht nicht redete! Also wenn sie immer noch denken, dass unsere Integration an unserem Unwillen gescheitert ist, muss ich Sie enttäuschen! Die deutsche Gesellschaft hat ebenso ihren Beitrag zu unserer Ausgrenzung geleistet, wie wir selber auch. Gegenseitiges Mißtrauen, Intoleranz und Angst haben die Integration behindert, nicht das Kopftuch! Ein mögliches Kopftuchverbot wird die Fremdheit und die Kluft zwischen uns noch vertiefen, und die türkischen Frauen noch mehr an den Rand der Gesellschaft drängen. Ich weiß dass es Türkinnen gibt, die gezwungen werden ein Kopftuch zu tragen, aber es gibt auch viele, die es aus tiefster Überzeugung tragen, daruner auch viele gebildete und berufstätige Frauen. Bei einem Kopftuchverbot werden diese ihr Kopftuch nicht ablegen, sondern sich im schlimmsten Fall aus dem Berufsleben zurückziehen. Glauben Sie nicht, dass diese Art von Diskriminierung zu mehr Ressentiments gegenüber der deutschen Gesellschaft führen würde und einer Integration dieser Frauen noch mehr schaden würde als ihr Koftuch?
In manchen islamischen Ländern gibt es einen staatlich verordneten Kopftuchzwang und wir diskutieren hier einen stattlich verordnetes Kopftuchverbot! Ein Zwang soll den anderen ersetzen? Für mich ist beides unvorstellbar! In beiden Fällen wird die Freiheit der Muslima vom Staat beschnitten! Was ist da für ein Unterschied zwischen diesen Ländern und Deutschland, wenn es darauf hinausläuft, dass die Muslima nicht frei entscheiden darf, ob sie ein Kopftuch trägt, oder nicht? Ein Kopftuchverbot würde die Muslima nicht zwangsläufig integrieren, sondern nur Öl auf das Feuer der Islamisten gießen.
 

efsane

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AW: Integration? Was ist das?

In meinen Augen ist die Freiheit das höchste Gut und wir sollten sie verteidigen, unabhängig davon, ob wir Türken sind, oder Deutsche, unabhängig davon, ob wir Christen sind oder Muslime. Wir müssen lernen aufeinander zuzugehen und einander in unserer Andersartigkeit zu akzeptieren! Damit meine ich nicht die jeweils andere Seite kritiklos hinzunehmen, sondern wach zu sein und offen zu sein und voneinander zu lernen. Ich rufe die Deutschen auf: Hört auf so überheblich zu sein und akzeptiert endlich, dass wir auch ein Recht auf die eigene Kultur und auf die eigene Religion haben! Nur weil Ihr im Kopftuch ein Symbol der Unterdrückung seht, müssen wir nicht zwangsläufig Eure Meinung teilen. Es ist arrogant zu glauben, dass Eure Kultur allein die Spitze der Evolution ist und wir dankbar sein müssten, von Euch befreit zu werden! Hört endlich auf auf uns herumzuhacken und uns die alleinige Schuld an der Integrationsmisere zu geben! Ihr könnt nicht alles verteufeln, was wir sind und wer wir sind und erwarten, dass wir Euch dafür dankbar sind, dass Ihr unsere Würde und unseren Stolz mit Füßen tretet! Es wird uns immer nur vorgehalten, was wir alles nicht getan haben für unsere Integration, was wir aber alles schon getan haben, wird als selbstverständlich hingenommen und überhaupt nicht gewürdigt. Ich würde sagen, dass mindestens 90% (gibt es Statistiken dazu?) der Türken aus der zweiten und dritten Generation alle deutsch können. Die meisten von ihnen sind sehr modern und der deutschen Gesellschaft gegenüber tolerant eingestellt, aber es ist doch trotzdem verständlich, dass sie noch etwas aus ihrer Kultur und Religion bewahren wollen und nicht einfach alles verleugnen können, nur um Euch zu gefallen! Wir Türken haben vielleicht noch nicht genug getan um uns hier zu integrieren, aber wir haben bestimmt mehr getan, als uns unterstellt wird! Die meisten von uns sind keine Radikale! Wir wollen gerne dazugehören, aber nicht um jeden Preis! Seid offen und tolerant! Nur wenn wir uns hier wirklich willkommen und aufgenommen fühlen, werden wir uns hier integrieren und aufhören uns als Fremde zu erleben. Das Gleiche gilt für uns Türken! Deutschland hat nicht nur schlechte Seiten. Die Menschen hier sind nun mal anders erzogen und anders aufgewachsen, als wir. Ihr könnt nicht Eure Erfahrungswelt mit ihrer vergleichen. Anstatt immer nur die Unterschiede zwischen uns zu verteufeln, sollten wir anfangen nach Gemeinsamkeiten zu suchen! Es ist schwierig für uns Türken aus der zweiten und dritten Generation. Wir haben keine, oder nur schwache Wurzeln in der Türkei. Wir identifizieren uns doch schon gar nicht mehr 100%ig mit dem Leben und den Werten dort, aber leider haben wir es auch noch nicht geschafft hier in Deutschland, eine neue Identität zu finden. Wir müssen unsere Indentität neu definieren und das geht nur mit Hilfe der deutschen Gesellschaft und indem wir zusammenarbeiten. Ich weiss nicht wie das bei Euch ist, aber ich habe Deutschland trotz allem viel zu verdanken. Ich glaube nicht, dass ich in dem anatolischen Dorf, in dem ich geboren wurde, die Möglichkeit bekommen hätte zu studieren. Es war sicher nicht leicht für mich hier zu studieren, aber in der Türkei wäre es schlichtweg gar nicht möglich gewesen! Auch wenn ich mich darüber aufrege, dass die Deutschen uns ständig kritisieren und ihre Verantwortung für das Misslingen unsere Integration nicht wahrhaben wollen, bin ich ihnen auch dankbar für ihre Kritik! Warum haben wir denn angefangen uns mit dem Islam auseinanderzusetzen? Früher war das nicht so. Wenn früher ein Mädchen getötet wurde, weil sie angeblich Schande über die Familie gebracht hat, hieß es, das befiehlt der Koran! Keiner hatte es im Koran gelesen, aber alle wussten dass es da steht. Eine Handlung wurde nicht in Frage gestellt, sobald jemand sagte, das steht aber im Koran! Wir haben erst angefangen uns damit zu beschäftigen, was im Koran steht und was nicht, als Muslime im Namen des Koran Morde begingen, oder Anschläge verübten! Wir alle haben uns gefragt, ob unsere Religion tatsächlich so etwas Grausames und Unmenschliches befehlen kann. Wir kamen in Erklärungsnot vor unseren deutschen Mitbürgern und waren gezwungen die Mißverständnisse bezüglich unserer Religion zu bereinigen, wenn nicht für die anderen, so doch für uns selber. Ich bin überzeugt davon, dass der Glaube bei vielen aufgeklärten Türken durch diese Vorkommnisse und die daraus resultierende Beschäftigung mit dem Islam, gestärkt wurde! Anders kann ich mir die Rückbesinnung auf traditionelle Werte und den Islam nicht erklären. Die gebildeten und intelligenten jungen Frauen unter den Türken tragen ihre Kopftücher nicht mehr nur aus dumber Frömmigkeit und Unwissenheit, sondern aus Ehrerbietung gegenüber ihrem Glauben. Auch wenn es nicht im Koran ausdrücklich erwähnt wird, dass sie ihr Haupt bedecken sollen, ist es doch allein ihnen überlassen, wie sie ihren Glauben zum Ausdruck bringen. Die Kritiker aus den Reihen der Deutschen haben ihren Finger in die Wunden gelegt, die wir versucht haben zu ignorieren und ich bin ihnen aufrichtig dankbar dafür! Bis vor ein Paar Jahren hätte ich es nicht gewagt die Deutschen zu kritisieren, weil mir immer eingeredet wurde, dass mit uns Türken etwas nicht stimmt und genausowenig hätte ich es gewagt offen über meine negativen Erlebnisse hier in Deutschland zu reden, aber nur wer schreit bekommt die Flasche, nicht wahr? Also könnt Ihr mich hören? Ich lebe gerne in Deutschland und ich wünsche mir, dass wir eines Tages unsere Gegensätze überwinden können und es selbstverständlich sein wird, dass wir hier sind und dass wir dazu gehören!
Ich haben fertig! Ich hoffe, dass ich niemanden beleidigt habe
Love and Peace!
 

ra-sim

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AW: Integration? Was ist das?

Danke, Efsane
Vielen Dank!!
Nicht nur für deine wirklich sehr interessante Geschichte sondern auch dafür dass du mir die Sicht eines Menschen aufzeigen konntest der mit Kopftuch lebt und welche Schwierigkeiten herschen.
Alles was du geschrieben hast kann ich sehr gut nachvollziehen! Mir ging es in meinem Leben nicht anders! Mit dem Unterschied dass ich oft nicht stark genug war mich dagegen durchzusezten. Ich habe erlebt wie Lehrer meinen Eltern versucht haben zu erklären dass ich eine Handwerkliche Ausbildung machen sollte. Da haben sie nicht mit meinen Eltern gerechnet die schon "Integriert" waren bevor sie nach Deutschland kamen, ich hatte dass Glück Eltern zu haben die beide in "künstlerischen" Zweigen in der Türkei gelernt haben. Auch waren diese Eltern diejenigen die dagegen waren dass in unserer Schule ein "Kuranunterricht" stattfindet der genemigt wurde, sie wollten einen "Türkischkurs" der abgelehnt wurde.
Ich durfte manchmal nicht zu Kindergeburtstagen, warum ich nicht durfte , aber die ganze restliche Klasse schon, war oft von einem Schleier umhüllt begleitet von einem Schulterzucken. Ich sagte damals zu meinen Eltern "Ich hasse euch dass ich Türke bin, wenn ich Deutscher wär dürfte ich zu dem Geburtstag!"
Dass ich heute selbst etwas im künstlerischen Bereich studiere, ist für die meisten Menschen vollkommen unverständlich. Aber es wird oft so erklärt dass ich ja "anders" bin. Dass ich ja "Deutsch" bin....
Nein dass bin nicht! Und desto Älter ich wurde desto mehr fiel mir auf dass die Menschen im ersten Moment stets sehr freundlich mir gegenüber waren mich SEHR interessant fanden, bis sie nach meinem Namen fragten. Ich bin kein "klischee" Türke optisch, was zu einigen peinlichen Situationen geführt hat, schliesslich spreche ich ein so gutes Deutsch dass man mich oft einfach als den leicht rassigen "Deutschen" angesehen hat. "SIE sind Türke? Wieso können sie so gut Deutsch?" "Türke? Oh...."
sind nur einige wenige Beispiele. Dass beste sind die Momente gewesen wenn Menschen mit mir über Ausländer gelästert haben, wie schlimm doch Türken seien, bis sie nach meinem Namen gefragt haben. Oft war ich verleitet einen Deutschen Namen zu nennen, ich wollte doch nicht dass sich dieser Mensch jetzt so blamiert.
Heute sieht es anders aus, ich habe mich immer mehr zu meinem "türkisch" sein bekannt. Anfangs habe ich sogar noch erzählt ich sei in der Türkei geboren um die Menschen noch mehr zu schocken.
Ich könnte noch Stundenlang weiterschreiben, denn die Liste der "begegnungen" dieser Art ist schier unendlich Lang. Und beschämend, für Türken sowie für Deutsche.
Heute bin ich auf der Suche nach lösungen, möchte Verstehen, setze mich auseinander mit allem. Ich stosse immer wieder an Grenzen beiderseits.
 

efsane

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AW: Integration? Was ist das?

Ich weiss genau wovon Du redest! Sosehr ich mich früher als Kind dafür geschämt und geleugnet habe Türke zu sein, so sehr bemühe ich mich heute, sowohl meine türkische Seite, als auch meine deutsche Seite friedlich zu vereinen. Genau wie bei Dir ist mir nämlich irgendwann mal klar geworden, dass ich, so sehr ich es auch versuche zu leugnen, nie aufhören werde eine Türkin zu sein und inzwischen bin ich auch selbstbewusst genug um zu sagen, dass nicht alles, was uns unsere deutschen Freunde und Bekannte vorleben besser ist, als unsere eigene Kultur. Ich bewundere vieles an den Deutschen, aber ich bewundere auch vieles an uns Türken! Unsere Integration in Deutschland ist nicht fehlgeschlagen. Es kann nur scheitern, was auch stattgefunden hat. Was aber fehlgeschlagen ist, ist unsere Assimilation und ich bin nicht traurig darüber. Ich hoffe wir sind in der Lage jetzt endlich mit der Integration im Sinne der Definiton anfangen können. Es ist nie zu spät einen Neuanfang zu wagen. Es wird nicht leicht sein, weil wir, wie Du gesagt hast, auf beiden Seiten an Grenzen stoßen werden, aber ich hoffe dass die Menschen, jetzt vielleicht besser verstehen, wie die Grenzen auf Tükischer Seite entstanden sind und sich über die Jahre verhärtet haben. Wenn man das Problem kennt, kann man es vielleicht beseitigen. Übrigens, habe ich schon die Geschichte erzählt, als ich auf die Strassenbahn wartete und 2 alte Herren laut über die Ausländer schimpften? Einer von ihnen drehte sich dann zu mir um, lächelte und sagte "Ich habe doch recht, oder?" Lustig, gell? Warum erzählt ihr nicht eure lustigen Geschichten? Würde mich sehr interessieren.
 

ra-sim

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AW: Integration? Was ist das?

Wieder mal eine dieser Aufnahmeprüfungen für das künstlerische Studium,
ich sitze im Zug, mein Weg führt nach Leipzig,
mit mir eine Mitbewerberin und zwei nette Freundliche personen, sie erzählen mir von der Arbeitslosigkeit, von der NPD und den Ausländern,
noch 5 Stunden fahrt liegen vor mir, wie lange kann ich diese Tarnung aufrecht erhalten.
"Wie heisst du eigentlich" zerstörte meine Illusion davon dass ich noch weitere 5 Stunden, teils durch schlafen, teils durch ignorierendes "aus dem Fenster gucken" hinter mich bringen würde.
Für einen Moment überlegte ich ob ich "Rudi" sagte, bis meine Begleiterin die bis dahin still gewesen war, mich entsetzt anschaute und sagte "SAGS DOCH, sag doch endlich dass sie aufhören sollen, du bist doch selbst Türke"

Stille....

Peinliche Stille....

auf beiden Seiten kein Mucks...

Wer ist jetzt Schuld? Der Ausländer der sich getarnt hatte als Deutscher?
Die Deutschen die ihn einfach überfahren hatten in dem sie ihm nicht die Chance gaben sein "anderssein" zu zeigen?

weitere vier Stunden hielt eine Peinliche Stille an...

Wir stiegen aus....

5 Jahre später bemerke ich dass diese Situation, wie viele andere kleine, scheinbar unwichtige, belächelbare Situationen in meinem Leben, seine spuren hinterlassen hat.
 

ra-sim

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AW: Integration? Was ist das?

Wiedereinmal stehe ich hinter dem Tresen und verkaufe.
Ein freundlicher Alter Mann macht sich mir als Türke erkennbar. Er spricht Deutsch, er erwartet von mir nicht dass ich Türke bin, er ist nett.
Das Wurstbrot dass ich mir vorhin gegönnt habe liegt schwer in meinem Magen, als ich ihn auf türkisch den Preis nenne,
er schaut mich glücklich an, fragt mich ob ich fasste,
ich wurde Rot, wollte sagen "NEIN" ich fasste nicht!
Ich antwortete "Ja, aber nur so"
Sein Blick wurde scharf, "Was heisst hier NUR SO?" Es ist unsere Pflicht als Moslem zu fassten" und ich nickte.
Nein, ich wollte sagen dass er nicht vorraussetzen kann dass ich faste, dass er mich hätte akzeptieren müssen wenn ich "NEIN" gesagt hätte.
Und dabei gab ich ihm noch nicht mal die Chance auf mein Nein zu reagieren und mir die Chance zu dem zu stehen was ich bin, weil ich seltsam bin....seltsam?
Ja seltsam, weil ich mich verstellt habe, so wie ich mich damals verstellt habe im Zug....
Aber habe ich mich wirklich verstellt? Um sich zu verstellen muss eine Basis herschen die man abändert und vorgibt eine andere zu haben. Hab ich dass?
 

efsane

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AW: Integration? Was ist das?

Aber habe ich mich wirklich verstellt? Um sich zu verstellen muss eine Basis herschen die man abändert und vorgibt eine andere zu haben. Hab ich dass?

Genau das ist es! Ich bin voll schizophren! Ich versuche meine Identität zu finden, aber es ist sooo schwer! Ich bin noch weit davon entfernt, aber ich habe auch keine Lust mehr mich durchs Leben zu mogeln und zu hoffen, dass keinem auffällt, dass ich anders bin! Deine Geschichte finde ich gut, weil sie eben genau auch die Arroganz zeigt, die uns türkischen Muslimen inneliegt! Anstatt unseren Mitmenschen zu erlauben ihren eigenen Weg zu finden, wollen wir ihnen unsere Sicht der Dinge aufdrücken! Nicht nur innerhalb der Familie, sondern auch gegenüber Fremden, wie das Deine Geschichte zeigt.
 
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