Hallo zusammen. Ich möchte den Anfang kurz gestalten. Ich bin neu hier und ich glaube der Grund für meine Anmeldung war und ist meine Zerrissenheit in diesem schönen Land.
Und egal ob durch meinen Bekanntenkreis, meinem neuen Job, meiner ungewöhnlichen Liebe.. jeden Tag erlebe ich wieder die Barrieren der menschlichen Toleranz. Und ich werde nun darüber schreiben:
Über die Zerrissenheit eines Jugendlichen der dachte er könnte die Integration neu definieren. Und nun ohnmächtig mit dem Strom der richtungslosen Gesellschaft treiben muss, in der stillen Hoffnung irgendwann doch noch ein Stück Entwicklung in dieses Land und seine Köpfe zu bringen.
...
Ich bin 21 Jahre jung und bin hier in Deutschland zur Welt gekommen. Habe mein Abitur auf einem Wirtschaftsgymnasium gemacht und "besaß" mehr deutsche Freunde als türkische.
Als mein Hobby bezeichnete ich schon immer die Musik. Da fing meine Zerrissenheit auch schon an. Als Mensch zwischen zwei Kulturen wurde ich aufgezogen "mein Land" zu lieben. Atatürk zu ehren obwohl ich seine Geschichte nicht kenne und in einer Demokratie zu leben ohne zu wissen dass sie uns geschichtlich aufgezwungen wurde.
Mein Song "Dengesiz" entstand vor 3 Jahren, in einer Zeit der Hinterfragungen. In einer Zeit in der ich erkannte dass man in der Türkei Deutscher und in Deutschland ein Türke ist. Er zeugt von Wut, Zerrissenheit und Spuren sich selbst definieren zu wollen.
Vielleicht erstmal hören und dann weiter lesen:
http://www.youtube.com/watch?v=EB3g6G0sLv8
Ich traf schon immer den Nerv meiner eigenen Landsleute und war vielleicht deswegen nie so beliebt bei den türkischen Jugendlichen hier. Aber bei den deutschen auch nicht...
Und zu all den Zerrissenheiten kam dann noch der Berufswunsch des Polizisten. Seit ich ein kleines Kind bin träumte ich davon Menschen zu helfen und Leben zu retten. Ohne zu wissen ob sich meine musikalische Leidenschaft und meine Neigung zur Provokation damit vereinbaren lässt.
Im Nachhinein kann ich sagen, dass dies überhaupt nicht geht...! Dazu später vielleicht mehr.
Letztendlich hatte ich unter tausenden Bewerbern die Zusage und wurde eingestellt. Und zu meinem Erstaunen waren es genau ein weiterer Kollege der Türke war und es ebenfalls schaffte. Der Rest war deutsch...
Und ich erinnere mich an einen Beitrag bei "ATV Avrupa", in der die Polizei um Bewerber mit Migrationshintergrund warb. Die Realität sieht wohl anders aus. Und wir sind bis heute auch die einzigen hier.
Teil 1 meines Erwachens. Aus einem Traum, bestückt mit Frieden in einer Gesellschaft von Toleranz und Akzeptanz.
Ein wichtiger Mensch in meinem Leben sagte mal:
"Du bist und bleibst Türke. Egal ob du Schweinefleisch isst, mit deinen Jungs feiern gehst oder besser deutsch kannst als dein Nachbar. Dein Name ist türkisch, deine Stolz kommt aus dem Türkischen, deine Denkweisen leiten sich davon ab... Umso schneller du erfährst dass du immer mehr Gas geben musst als Hans oder Jens, desto besser kennst du deine Rolle hier und verhältst dich dementsprechend zielorientiert!".
"Bullshit" dachte ich. Doch es ist und war so.
Angefangen mit klischeehaften Witzen in der Schule, muss ich heute feststellen dass bei manchen Menschen so etwas wie eine Fremdenangst herrscht. Dies trifft nicht bei allen zu, doch ich werde bei den Meisten aus Prinzip anders gesehen.
"Döner, Tarkan, Mesut Özil, siktir lan, Kopftuch, Islam, BMW, Kurdenproblem...".
Das sind wohl die häufigsten Schlagworte durch die ich Rechtfertigungen bringen musste, als man erfuhr dass ich Türke bin.
Und als wäre die Kultur nicht das einzige Problem, kommt noch dazu dass ich Alevite bin. Und als wäre das keine Todsünde bei vielen habe ich auch noch eine kurdische Freundin.
Da lächelt doch das Multi-Kulti-Kuschelkursherz.
Und bei jedem einzelnen Thema muss ich mir drei verschiedene Meinungen anhören, aus meiner Familie, meinem Bekanntenkreis und den "unabhängig" agierenden Medien. Es ist herrlich. Und ich habe keine Lust mehr.
Ich muss in der Familie Türke genug sein um Bräuche und Sitten nicht zu vernachlässigen, da man sonst unbeliebt ist und oft als "eingedeutscht" bezeichnet wird.
Im Beruf muss ich deutsch genug sein um "Witze" über meine eigenen Landsleute zu tolerieren, Wut über sie zu akzeptieren und bloß nicht zu türkisch zu denken und damit einige Dinge loszuwerden, die dem ein oder anderen Kollegen sicher nicht passen...
Und das Kurdenproblem will ich gar nicht erst ansprechen, da ich einfach zu müde für den ganzen Mist geworden bin. Die Liebe hat für mich gezählt und tut es immer noch. Obwohl dieses Prinzip das ein oder andere Mal auf die Probe gestellt wird.
Durch Glück bin ich letztens auf eine Fachkonferenz eingeladen worden, an dem wichtige Vertreter von Wirtschaft, Politik und Medien teilnahmen. Ich dachte diesmal werde ich mir mehr Gehör schaffen. Und begonnen wurde der Abend mit einer Professorin, die seit Jahren eine Studie zu Jugendlichen mit Migrationshintergrund durchführte und nun zu dem Entschluss kam: Diese Menschen haben eine schlechte Bildung. Resultierend daraus, dass die Eltern kaum deutsch können. Und durch die Tatsache, dass sie nur mit ihresgleichen abhängen.
Das muss man sich erst einmal bewusst machen. Da sagt jemand Dinge die für den deutschen Zuschauer ein "aha" Effekt hervorrufen, und das die Türken schon längst wussten. Unter anderem auch ich.
Und das Witzige an diesem Abend war dass wir, die Jugendlichen um die es eigentlich ging, kaum zu Wort kamen und stattdessen von Unternehmensvertretern irgend ein rhetorischer Mist geredet wurde den man stündlich im Fernsehen bei jedem Politiker hören muss. Ich wurde dann so sauer dass ich, bevor die Veranstaltung zu Ende ging, das Mikrofon nahm und eigentlich die Kernfrage des Abends stellte: "Sie hören hier die ganze Zeit zu und nicken, aber haben sie einmal Interesse daran zu erfahren, wie es WIRKLICH im Leben eines Jugendlichen mit Migrationshintergrund aussieht???". Und fing an mein Leben zu erzählen bis heute.
Hauptpunkte waren:
- Noten sagen nichts über die potentielle Produktivität einer Person aus
- Bilinguale Erziehung bringt nur Vorteile mit sich
- Von 40 meiner Bewerbungen wurde ich 38 mal abgelehnt, bei den restlichen 2 Bewerbungen hieß es immer ich sei der beste Bewerber gewesen und bekam immer eine Direktzusage. Irritiert waren sie immer durch die Tatsache, dass ich Türke war
- usw.
Als Einziger bekam ich an diesem Abend standing ovations...
Ich weiß gar nicht wie ich fortfahren soll. Es gibt viel worüber man nachdenkt, wenig worüber man reden kann ohne in eine Schublade gesteckt zu werden. Ich kann mit meinen jungen Jahren heute folgendes sagen:
Mir ist bewusst geworden dass ich es verdammt schwer habe mir Gehör zu schaffen geschweige denn Akzeptanz. Ich bin schon müde wenn ich jeden Morgen und jeden Abend persönlich und auch berufsbedingt die Nachrichten schaue und sich summiert eigentlich kaum was Spürbares ändert. Und obwohl ich als kreativer Musiker, kritischer Mensch und lebensfroher Deutschtürke immer optimistisch war, muss ich heute darüber nachdenken ob ich mich immer noch als Optimist bezeichnen kann. Denn der graue Alltag und die ernüchternde Thematik der Integration lässt mein einstiges Lächeln verschwinden.
In einer Zeit wo völlige Anpassung an den Rest das einzige Rezept für mich geworden ist um irgendwie halbwegs erfolgreich durch den Tag zu gehen, habe ich für mich entschieden erst einmal die Fahne auf halbmast zu hissen.
In einer Zeit wo ich dachte eine junge, von Vorurteilen unbelastete Beziehung zwischen einem Türken und einer Deutschen geht gut. Wo ich dachte bei einer deutschen Behörde müsste es genug von denen geben, die Toleranz und Verständnis in sich tragen.
Wo ich dachte die Zeit der Konservativen wäre vorbei, die Jugend übernimmt jetzt.
Ich habe mich geirrt.
Meine Stimme verstummt.
Mein Tinte ist leer.
Das Papier, als Synonym für all meine freien Gedankengänge, habe ich zusammengefaltet und unter meinem Kopfkissen begraben.
Gute Nacht.
(verzeiht mir die grausame Struktur der Geschichte und die Rechtschreibfehler. Ich hoffe, dass ausnahmsweise mal keine blutige Diskussion ausbricht in diesem Internet.)
Und egal ob durch meinen Bekanntenkreis, meinem neuen Job, meiner ungewöhnlichen Liebe.. jeden Tag erlebe ich wieder die Barrieren der menschlichen Toleranz. Und ich werde nun darüber schreiben:
Über die Zerrissenheit eines Jugendlichen der dachte er könnte die Integration neu definieren. Und nun ohnmächtig mit dem Strom der richtungslosen Gesellschaft treiben muss, in der stillen Hoffnung irgendwann doch noch ein Stück Entwicklung in dieses Land und seine Köpfe zu bringen.
...
Ich bin 21 Jahre jung und bin hier in Deutschland zur Welt gekommen. Habe mein Abitur auf einem Wirtschaftsgymnasium gemacht und "besaß" mehr deutsche Freunde als türkische.
Als mein Hobby bezeichnete ich schon immer die Musik. Da fing meine Zerrissenheit auch schon an. Als Mensch zwischen zwei Kulturen wurde ich aufgezogen "mein Land" zu lieben. Atatürk zu ehren obwohl ich seine Geschichte nicht kenne und in einer Demokratie zu leben ohne zu wissen dass sie uns geschichtlich aufgezwungen wurde.
Mein Song "Dengesiz" entstand vor 3 Jahren, in einer Zeit der Hinterfragungen. In einer Zeit in der ich erkannte dass man in der Türkei Deutscher und in Deutschland ein Türke ist. Er zeugt von Wut, Zerrissenheit und Spuren sich selbst definieren zu wollen.
Vielleicht erstmal hören und dann weiter lesen:
http://www.youtube.com/watch?v=EB3g6G0sLv8
Ich traf schon immer den Nerv meiner eigenen Landsleute und war vielleicht deswegen nie so beliebt bei den türkischen Jugendlichen hier. Aber bei den deutschen auch nicht...
Und zu all den Zerrissenheiten kam dann noch der Berufswunsch des Polizisten. Seit ich ein kleines Kind bin träumte ich davon Menschen zu helfen und Leben zu retten. Ohne zu wissen ob sich meine musikalische Leidenschaft und meine Neigung zur Provokation damit vereinbaren lässt.
Im Nachhinein kann ich sagen, dass dies überhaupt nicht geht...! Dazu später vielleicht mehr.
Letztendlich hatte ich unter tausenden Bewerbern die Zusage und wurde eingestellt. Und zu meinem Erstaunen waren es genau ein weiterer Kollege der Türke war und es ebenfalls schaffte. Der Rest war deutsch...
Und ich erinnere mich an einen Beitrag bei "ATV Avrupa", in der die Polizei um Bewerber mit Migrationshintergrund warb. Die Realität sieht wohl anders aus. Und wir sind bis heute auch die einzigen hier.
Teil 1 meines Erwachens. Aus einem Traum, bestückt mit Frieden in einer Gesellschaft von Toleranz und Akzeptanz.
Ein wichtiger Mensch in meinem Leben sagte mal:
"Du bist und bleibst Türke. Egal ob du Schweinefleisch isst, mit deinen Jungs feiern gehst oder besser deutsch kannst als dein Nachbar. Dein Name ist türkisch, deine Stolz kommt aus dem Türkischen, deine Denkweisen leiten sich davon ab... Umso schneller du erfährst dass du immer mehr Gas geben musst als Hans oder Jens, desto besser kennst du deine Rolle hier und verhältst dich dementsprechend zielorientiert!".
"Bullshit" dachte ich. Doch es ist und war so.
Angefangen mit klischeehaften Witzen in der Schule, muss ich heute feststellen dass bei manchen Menschen so etwas wie eine Fremdenangst herrscht. Dies trifft nicht bei allen zu, doch ich werde bei den Meisten aus Prinzip anders gesehen.
"Döner, Tarkan, Mesut Özil, siktir lan, Kopftuch, Islam, BMW, Kurdenproblem...".
Das sind wohl die häufigsten Schlagworte durch die ich Rechtfertigungen bringen musste, als man erfuhr dass ich Türke bin.
Und als wäre die Kultur nicht das einzige Problem, kommt noch dazu dass ich Alevite bin. Und als wäre das keine Todsünde bei vielen habe ich auch noch eine kurdische Freundin.
Da lächelt doch das Multi-Kulti-Kuschelkursherz.
Und bei jedem einzelnen Thema muss ich mir drei verschiedene Meinungen anhören, aus meiner Familie, meinem Bekanntenkreis und den "unabhängig" agierenden Medien. Es ist herrlich. Und ich habe keine Lust mehr.
Ich muss in der Familie Türke genug sein um Bräuche und Sitten nicht zu vernachlässigen, da man sonst unbeliebt ist und oft als "eingedeutscht" bezeichnet wird.
Im Beruf muss ich deutsch genug sein um "Witze" über meine eigenen Landsleute zu tolerieren, Wut über sie zu akzeptieren und bloß nicht zu türkisch zu denken und damit einige Dinge loszuwerden, die dem ein oder anderen Kollegen sicher nicht passen...
Und das Kurdenproblem will ich gar nicht erst ansprechen, da ich einfach zu müde für den ganzen Mist geworden bin. Die Liebe hat für mich gezählt und tut es immer noch. Obwohl dieses Prinzip das ein oder andere Mal auf die Probe gestellt wird.
Durch Glück bin ich letztens auf eine Fachkonferenz eingeladen worden, an dem wichtige Vertreter von Wirtschaft, Politik und Medien teilnahmen. Ich dachte diesmal werde ich mir mehr Gehör schaffen. Und begonnen wurde der Abend mit einer Professorin, die seit Jahren eine Studie zu Jugendlichen mit Migrationshintergrund durchführte und nun zu dem Entschluss kam: Diese Menschen haben eine schlechte Bildung. Resultierend daraus, dass die Eltern kaum deutsch können. Und durch die Tatsache, dass sie nur mit ihresgleichen abhängen.
Das muss man sich erst einmal bewusst machen. Da sagt jemand Dinge die für den deutschen Zuschauer ein "aha" Effekt hervorrufen, und das die Türken schon längst wussten. Unter anderem auch ich.
Und das Witzige an diesem Abend war dass wir, die Jugendlichen um die es eigentlich ging, kaum zu Wort kamen und stattdessen von Unternehmensvertretern irgend ein rhetorischer Mist geredet wurde den man stündlich im Fernsehen bei jedem Politiker hören muss. Ich wurde dann so sauer dass ich, bevor die Veranstaltung zu Ende ging, das Mikrofon nahm und eigentlich die Kernfrage des Abends stellte: "Sie hören hier die ganze Zeit zu und nicken, aber haben sie einmal Interesse daran zu erfahren, wie es WIRKLICH im Leben eines Jugendlichen mit Migrationshintergrund aussieht???". Und fing an mein Leben zu erzählen bis heute.
Hauptpunkte waren:
- Noten sagen nichts über die potentielle Produktivität einer Person aus
- Bilinguale Erziehung bringt nur Vorteile mit sich
- Von 40 meiner Bewerbungen wurde ich 38 mal abgelehnt, bei den restlichen 2 Bewerbungen hieß es immer ich sei der beste Bewerber gewesen und bekam immer eine Direktzusage. Irritiert waren sie immer durch die Tatsache, dass ich Türke war
- usw.
Als Einziger bekam ich an diesem Abend standing ovations...
Ich weiß gar nicht wie ich fortfahren soll. Es gibt viel worüber man nachdenkt, wenig worüber man reden kann ohne in eine Schublade gesteckt zu werden. Ich kann mit meinen jungen Jahren heute folgendes sagen:
Mir ist bewusst geworden dass ich es verdammt schwer habe mir Gehör zu schaffen geschweige denn Akzeptanz. Ich bin schon müde wenn ich jeden Morgen und jeden Abend persönlich und auch berufsbedingt die Nachrichten schaue und sich summiert eigentlich kaum was Spürbares ändert. Und obwohl ich als kreativer Musiker, kritischer Mensch und lebensfroher Deutschtürke immer optimistisch war, muss ich heute darüber nachdenken ob ich mich immer noch als Optimist bezeichnen kann. Denn der graue Alltag und die ernüchternde Thematik der Integration lässt mein einstiges Lächeln verschwinden.
In einer Zeit wo völlige Anpassung an den Rest das einzige Rezept für mich geworden ist um irgendwie halbwegs erfolgreich durch den Tag zu gehen, habe ich für mich entschieden erst einmal die Fahne auf halbmast zu hissen.
In einer Zeit wo ich dachte eine junge, von Vorurteilen unbelastete Beziehung zwischen einem Türken und einer Deutschen geht gut. Wo ich dachte bei einer deutschen Behörde müsste es genug von denen geben, die Toleranz und Verständnis in sich tragen.
Wo ich dachte die Zeit der Konservativen wäre vorbei, die Jugend übernimmt jetzt.
Ich habe mich geirrt.
Meine Stimme verstummt.
Mein Tinte ist leer.
Das Papier, als Synonym für all meine freien Gedankengänge, habe ich zusammengefaltet und unter meinem Kopfkissen begraben.
Gute Nacht.
(verzeiht mir die grausame Struktur der Geschichte und die Rechtschreibfehler. Ich hoffe, dass ausnahmsweise mal keine blutige Diskussion ausbricht in diesem Internet.)