Meine Geschichte - Polizist, Musiker, Deutschtürke

Selim6

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AW: Meine Geschichte - Polizist, Musiker, Deutschtürke

Ich fand deinen Beitrag auch gut.

Aber eine Frage: du bist 21 und schon bei der Polizei? Oder habe ich was falsch verstanden?

Genau. Um nur kurz die Bestätigung zu geben: Neben einigen anderen Voraussetzungen sind die Bildungsvoraussetzungen entweder das Fachabitur oder die allgemeine Hochschulreife (wird um 0,2 besser gewertet). Oder wie "Brunhilde82" schon gesagt hat eine abgeschlossene Berufsausbildung mit einem Notenschnitt von 2,5 oder besser.
Das Höchstalter liegt bei uns mit 35 im bundesweiten Vergleich recht hoch...

Guten Abend alle zusammen.
 

Tamina

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AW: Meine Geschichte - Polizist, Musiker, Deutschtürke

Ich bin beeindruckt... Chapeau! Wirklich, ich lese mir selten so lange Postings durch, dafür bin ich zu nervös und ungeduldig. Deiner kam mir gar nicht so lang vor... vielleicht, weil ich es genau von der "anderen Seite" sehe: schliesslich lebe ich als Deutsche in der Türkei und habe 2 Kids, die sicher mal das gleiche "Problem" haben... obwohl der Papa Türke ist. Sie wachsen bikulturell auf, sprechen beide Sprachen fliessend und haben türkische Namen - trotzdem sind sie hier auch oft die "Yabancı"... und das wird aber meistens von denen gesagt, die von irgendwo her gekommen sind und selbst keine Identität haben als diejenige, sich Türke zu nennen.

Dabei versuche ich ihnen beizubringen, was viele türkische Eltern in Deutschland wohl nicht so wirklich können: sie sind reich beschenkt dadurch, dass sie 2 Pässe haben, sich in 2 Kulturen zuhause fühlen zu dürfen. Wenn ihnen jemand sagt "Ihr sitzt zwischen den Stühlen", habe ich ihnen beigebracht zu sagen "Falsch - wir haben 2 Stühle, auf denen wir sitzen KÖNNEN - du nur einen". Aber, um ehrlich zu sein, sie SIND in vielem auch anders als die türkischen Kinder hier, freier, kreativer, selbstbewusster und selbständiger. So haben sie fast immer auch andere "deutschtürkische" Freunde....

Du bist noch sehr jung, und in dem Alter wissen auch viele deutsche junge Menschen nicht wirklich, wo sie hingehören, welcher Gesellschaft sie angehören wollen und welchen Weg sie einschlagen wollen. Ich wusste es auch nicht.... jedenfalls nicht mit 21. Wer so vielseitig ist und dann auch noch kreativ, ist immer "gefährdeter" als andere, weil er sich generell zu viele Gedanken macht.....
 

aleynanaz1

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AW: Meine Geschichte - Polizist, Musiker, Deutschtürke

Vielen Dank für die zahlreichen Kommentare, die zu meiner Überraschung (man kennt die Kehrseite der Foren Medaille) alle positiv ausgefallen sind.
Mir persönlich gibt es viel Kraft zu wissen, dass ich auf Verständnis getroffen habe und sogar auf Menschen, denen es ähnlich ergeht.

Ich finde ein Forum wie dieses wirklich gut und werde euch sicher berichten, wie diese Geschichte weiter gegangen ist :)

Bis dahin wünsche ich jedem auf seinem persönlichen Weg das Beste, denn an Tagen wie diesem glaube ich insgeheim schon, dass es noch besser geht als es manchmal der Fall ist! Also vielleicht doch optimistisch...

Eine erfolgreiche Woche noch.

Grüße

Danke ,dir auch eine erfolgreiche Woche.
Deine Musik cok harika. :wink:
 

dirk1966

Well-Known Member
AW: Meine Geschichte - Polizist, Musiker, Deutschtürke

Dabei versuche ich ihnen beizubringen, was viele türkische Eltern in Deutschland wohl nicht so wirklich können: sie sind reich beschenkt dadurch, dass sie 2 Pässe haben, sich in 2 Kulturen zuhause fühlen zu dürfen. Wenn ihnen jemand sagt "Ihr sitzt zwischen den Stühlen", habe ich ihnen beigebracht zu sagen "Falsch - wir haben 2 Stühle, auf denen wir sitzen KÖNNEN - du nur einen". Aber, um ehrlich zu sein, sie SIND in vielem auch anders als die türkischen Kinder hier, freier, kreativer, selbstbewusster und selbständiger. So haben sie fast immer auch andere "deutschtürkische" Freunde....

Ich weiß nicht, ob es für viele so einfach ist, sich in zwei Kulturen heimisch zu fühlen. Besonders dann, wenn man nicht richtig weiß wohin man eigentlich gehört, was nun wirklich das Heimatland ist, welche Kultur man nun hat.
Dazu kommen dann vielleicht noch familliäre Zwänge, der Beruf und die Gesellschaft, die die Sache dann auch nicht vereinfachen.
Da helfen einen dann 2 Pässe auch nicht viel weiter, dann man bleibt eben für die "anderen" der "Deutsche" oder "Türke", egal ob man nun in den jeweiligen Land geboren ist oder zugewandert.
Das ist hier in der Türkei nicht viel anders als in Deutschland, viele Menschen haben diese Einstellung, die sich nur schwer aus den Köpfen bringen läßt.
Wenn dann noch die typischen Vorurteile über Türken oder Deutsche hinzukommen, dann sitzt man wieder zwischen diesen verdammten zwei Stühlen und ist nicht viel schlauer als zuvor....:-?
 
M

Mein_Ingomann

Guest
AW: Meine Geschichte - Polizist, Musiker, Deutschtürke

Mich würde die Fortsetzung interessieren. Gibt es einen 2ten Teil?
 

Selim6

New Member
AW: Meine Geschichte - Polizist, Musiker, Deutschtürke

Ich werde nach der hoffentlich erfolgreichen Ausbildung den zweiten Teil schreiben, oder wenn bis dahin etwas Wesentliches geschieht.
 

Senna 916

New Member
AW: Meine Geschichte - Polizist, Musiker, Deutschtürke

Hi Selim 6,

Guten Morgen möchte ich Dir entgegenschmettern und Dir literweise Tinte kaufen, damit Du Deine Stimme weiter erheben magst – wobei Dir das musikalisch mindestens genau so gut gelingt, wie auf Papier

Du kannst Integration neu definieren. Lass Dich nicht bremsen von irgendwelchen Kleingeistern, die nicht sehen was Du siehst. Mache weiter! Sich ohnmächtig zu fühlen …. dieses Gefühl kennen viele Menschen. Sich aber mit dem Strom einer Gesellschaft treiben zu lassen obwohl man es nicht will, ist meiner Meinung nach die falscheste aller Entscheidungen die Du treffen kannst. Sich jeden Tag unangenehmen Situationen erneut stellen zu müssen ist bestimmt keine Freude.
Du kannst Dich hingeben, aufreiben, streiten, kämpfen. Dich aber zu ergeben gilt nicht.
Du bist 21? Weißt Du wie vielen Menschen Du noch ein Vorbild sein kannst? Nur durch die Art und Weise wie Du Dinge lebst – vorlebst. Statistisch gesehen bleiben Dir für diese Übung noch ein paar Dekaden.
Mal ganz abgesehen von den Chancen, die sich durch Deine Berufswahl ergeben. Du hast Kollegen in Karlsruhe – soweit ich weiß die ersten Polizisten mit Migrationshintergrund in D - mit denen Du Dich bestimmt austauschen kannst, die Dir helfen können. Vielleicht machst Du ihnen aber auch Mut weil sie sehen, dass da noch jemand nachkommt der weiter für Integration steht und kämpft.

Die Holzköpfe in allen Gesellschaften dieser Welt wirst Du nicht ändern können, Blockwarte werden Blockwarte bleiben. Aber alle anderen hören Dir bestimmt zu, sehen hin und Dich nicht nur an. Du kannst verändern!
Du hast ein Talent, das Du nutzen kannst. Es ist gleichzeitig eine Gabe, die anderen Freude machen kann. Du kannst damit Augen öffnen, wachrütteln, Trost spenden. Auch Dir selbst.

Bist Du wirklich zwischen 2 Kulturen aufgewachsen?
Könnte man es nicht auch so formulieren, dass Du eine wunderbare zweite Seite in Dir trägst? Eine, die Dich viel größer, erfahrener, weltoffener und toleranter macht? Intolerante Menschen haben doch nur Angst vor Menschen und Dingen die anders sind als das was sie kennen. Nimm ihnen die Angst, in dem Du mit ihnen in einen Dialog trittst. Es funktioniert. Es macht oftmals sogar Spaß.
Du musst Dich auch für gar nichts rechtfertigen – das ist jetzt die Barriere in Deinem eigenen Kopf. Du musst auch nicht von jedem lieb gehabt werden. Logo musst Du immer mehr Gas geben als Hans oder Jens – deswegen schauen die beiden ja auch genau zu und bewundern Dich insgeheim.

Es ist schön zu lesen, dass Du bei der Fachkonferenz eingegriffen hast.
Die Welt braucht Menschen mit Leidenschaft, Ambition, Durchsetzungsvermögen.

Deine eigenen Zeilen….
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Noten sagen nichts über die potentielle Produktivität einer Person aus
- Bilinguale Erziehung bringt nur Vorteile mit sich
- Von 40 meiner Bewerbungen wurde ich 38 mal abgelehnt, bei den restlichen 2 Bewerbungen hieß es immer ich sei der beste Bewerber gewesen und bekam immer eine Direktzusage. Irritiert waren sie immer durch die Tatsache, dass ich Türke war
- usw.

Als Einziger bekam ich an diesem Abend standing ovations... ---------------------------------------

Wie vielen Leuten hast Du da in kurzer Zeit die Eiweißstrukturen unter der Fontanelle massiert?
Wie viele Leute befanden sich anschließend auf ihrem Heimweg und haben über Deine Worte nachgedacht?
Du kannst nicht aufhören. Es ist vielmehr Deine Pflicht weiter zu machen. Das ist keine Bürde, sondern ein Geschenk. Für Dich, für mich, für alle Deine Zuhörer und Augenzeugen.
Mach was draus. Kick some butts !
Du wirst gehört, Du wirst gesehen und wahrgenommen.
Das würde ich jetzt gerne guttenbergmässig 400 x kopieren und ans Ende anfügen, damit Du es nicht vergisst (logischerweise ohne Quellenangabe)……
……damit Du Dein Papier unter dem Kopfkissen hervorholst, es glatt bügelst, die Fahne wieder hisst und weitermachst.

Du kannst Sprachrohr und Vortänzer für alle diejenigen sein, die keine Stimme haben.

So, jetzt schüttel Dir ein wenig die müden Beine aus und laufe locker zurück in den Startblock. Hans und Jens sind auch schon da. Heute als Zeitnehmer, da sie schon im Vorrennen ausgeschieden sind.

Senna 916
 

chakalaka

New Member
AW: Meine Geschichte - Polizist, Musiker, Deutschtürke

Ich muss in der Familie Türke genug sein um Bräuche und Sitten nicht zu vernachlässigen, da man sonst unbeliebt ist und oft als "eingedeutscht" bezeichnet wird..
Man sollte anstatt immer an die Toleranz zu appelieren vielleicht einmal überlegen, woher denn diese "Klischees" kommen?
Aber wenn Du schon von Deiner eigenen Familie als "eingedeutscht" bezeichnet wirst, wenn Du Dich integrieren willst. Wie soll das dann auch funktionieren?

Viele Deutschtürken genießen aber auch ihren Ruf als "Kanacke" ich kenne sogar Spanier, die sich mit Stolz in der Stimme "Spanacke" nennen. Das ist scheinbar sehr "cool" unter den Jugendlichen. Aber so kann integration nie funktionieren. Ich glaube auch nicht, dass man jeden Türken bei den Bewerbungsprozessen extra Steine in den Weg legt. Nur wenn dann jemand mit Schwarz-goldenem Addidas-Jogginganzug und vokuhila vor einem sitzt...
 
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