AW: Ostern
Ich erzähl jetzt doch noch mal was zum christlichen Osterfest, denn sicher weiß nicht jeder, worum es dabei geht - unabhängig von Hasen und bunten Eiern. ;-)
Ostern ist das höchste Fest der Christen, nicht Weihnachten, wie viele meinen. Weihnachten feiert man Christi Geburt. Ostern aber ist das Fest, an dem nach biblischer Überlieferung Jesu' Kreuzigung und seine Wiederauferstehung gefeiert wird. Aus christlicher Sicht ist das deswegen so wichtig, weil Jesus Christus durch seinen Tod am Kreuz stellvertretend die Menschheit von allen Sünden erlöst und alles Leid in der Auferstehung nach drei Tagen symbolisch überwunden hat.
Aus christlicher Sicht beginnt die Osterzeit bereits am Aschermittwoch. Dann beginnt die 40tägige Fastenzeit, ähnlich wie im Ramazan, aber weniger streng. Für Gläubige, die sich danach richten, bedeutet es einfach, sich zu mäßigen und im Sinne einer inneren Einkehr auf Ostern vorzubereiten. Streng gläubige Katholiken verzichten in dieser Zeit auf Fleisch, Wurst und beispielsweise auch Alkohol. Liberaler bzw. sehr weltlich eingestellte Katholiken nehmen es nicht so genau.
Die evangelisch-lutherische Kirche propagiert die Fastenzeit und die theologische Idee dahinter mit der Aktion "7 Wochen ohne". Da der Protestantismus allgemein mit seiner reformatorischen Grundlage sehr viel stärker an die Selbstverantwortung des Einzelnen appelliert, bleibt es evangelischen Gläubigen dabei überlassen, in welcher Beziehung sie sich freiwillig einschränken. Das kann von Ernährungsgewohnheiten über den Fernsehkonsum bis hin zu einem anderen, bewussteren Umgang mit kleinen, alltäglichen Dingen des Alltags reichen.
Das Ende der Fastenzeit und der Beginn des Osterfestes ist traditionell der Gründonnerstag, wobei die östlich-ortodoxen Kirchen erst später damit beginnen als die westlichen. Nach westlicher Praxis endet die Fastenzeit am Gründonnerstag. Gründonnerstag (von "grinen" = weinen), so heißt es in der biblischen Überlieferung, war der Tag des letzten Abendmahls: Jesus tafelte mit seinen Jüngern.
Im Gedenken daran ist das Abendmahl heute noch Höhepunkt christlicher Gottesdienste. Jesus teilte Brot und Wasser mit seinen Jüngern, und das Brot steht in christlicher Symbolik für den Leib, den er als Märtyrer hingegeben hat, das Wasser wandelte sich zu (Rot-)Wein, Christi Blut.
Am darauffolgenden Karfreitag, dem Tag von Jesus' Kreuzigung, halten viele christliche Gemeinden auf der Welt Prozessionen im Gedenken an seine Leidenspassion ab. Dabei schultern katholische und evangelische Priester und Pastoren stellvertretend für Jesus Christus ein Holzkreuz und tragen es, gefolgt von der Gemeinde, durch den Ort, um an Christus' Leidensweg und seine Kreuzigung zu erinnern. Das passiert in der Regel morgens. Um 14.30 Uhr, zur Sterbestunde, finden in vielen Gemeinden Andachten statt.
Danach herrscht aus theologischer Sicht Grabesruhe. Jesus ist gekreuzigt und gestorben. Aber sein Geist ist nach wie vor lebendig. Am dritten Tag, dem Ostersonntag, finden einige seine Anhänger der Überlieferung zufolge den Stein, der sein Grab verschließt, weggewälzt. Sein Leichnam ist verschwunden und in den Himmel zum göttlichen Vater aufgefahren, so wie er es prophezeit hat. Die Menschheit ist durch seinen Opfertod von ihren Leiden und Sünden erlöst. Jesus ist für alle gestorben, auch alle Sünder, und nach christlichem Glauben symbolisiert seine Wiederauferstehung nach allem Leid die allumfassende Liebe Gottes.
Ihm nachzufolgen, allen Menschen zu verzeihen und alles, was einem widerfährt, in Liebe, Geduld und im Vertrauen auf Gott auf sich zu nehmen, ist der Kern christlichen Glaubens. Weswegen die Kreuzritter, die alten wie die modernen, den christlichen Gedanken pervertiert haben - aber das ist ein ganz anderes Thema.
lg
anouk
ps Ich wußte nicht, ob Euch das interessiert, aber ich dachte, ich schreib's mal auf. Im Übrigen habe ich auch nicht so viel Ahnung davon, aber der Gedanke an eine Ethik der Liebe fasziniert mich.
pps Natürlich habe ich etwas vergessen: Karfreitag wird - Ende der Fastenzeit hin oder her - in streng christlichen Haushalten kein Fleisch aufgetischt. Nur Fisch. Und Ostersamstag um 23.00 Uhr finden in etlichen christlichen Gemeinden Gottesdienste zur Erinnerung an die Auferstehung statt. Ausschließlich im Kerzenschein, und mit anschließender, dann jeweils sehr feierlicher und stimmungsvoller Taufe neuer Gemeindemitglieder.