plötzliches Kindertod

Sithnoppe

Moderator
AW: plötzliches Kindertod

Ursachen für den Plötzlichen Kindstod (SIDS)

Die Ursachen für den Plötzlichen Kindstod sind trotz intensiver Forschung noch nicht vollständig bekannt. So wurden in den letzten Jahren etwa 120 verschiedene Erklärungsmodelle von Wissenschaftlern entwickelt. Als nahezu gesichert gilt allerdings, dass mehrere verschiedene Faktoren zusammen auftreten müssen (multifaktorielle Genese), damit es zu einem SIDS kommt.

Da der Tod in den allermeisten Fällen im Schlaf eintritt, geht das gängigste Erklärungsmodell davon aus, dass das Geschehen die Folge einer schlafbezogenen Atemstörung ist („stilles Ersticken“).

Hypothese
Forscher vermuten, dass eine gewisse Veranlagung (Disposition) für eine Störung im vegetativen Nervensystem vorhanden sein muss, die unter bestimmten Umständen zu einem verminderten Atmungsantrieb führt. Hier spielt wahrscheinlich ein zu niedriger Serotoninspiegel im Hirnstamm eine Rolle, der bei an SIDS verstorbenen Kindern bis zu 25% unter dem Normalwert lag, wie wissenschaftliche Studien aufgezeigt haben.

Serotonin ist ein Botenstoff (Neurotransmitter), der im Nervensystem zwischen den Zellen agiert. Er ist sehr wichtig für die Steuerung der Atmung, der Körpertemperatur sowie des Herz-Kreislaufsystems. Der Gehirnbotenstoff reguliert Schleusenproteine, die Natrium in bestimmte Zellen einströmen lassen. Der Natriumstrom bewirkt wiederum, dass die Muskulatur der Atemorgane sich ruckartig zusammenzieht und das Kind nach Luft schnappt, wenn der Sauerstoffgehalt im Blut einen kritischen Wert unterschreitet. Dadurch erhält der Körper mehr Sauerstoff und wird zugleich durch das Aufwachen in Alarmbereitschaft (Arousal-Reaktion) versetzt.

Wird die Atmung beispielsweise durch die Bauchlage oder ein Kissen auf dem Gesicht behindert, sinkt der Sauerstoffgehalt im Blut, und es erfolgt bei einem normalen Serotonin-Spiegel der Atemreflex sowie die Aufwach-Reaktion. Ist der Wert zu niedrig, versagt dieses lebenserhaltende Notprogramm.

Neue Forschungen richten ihr Augenmerk nicht nur auf die Atmungsdefizite, sondern auch auf die Auswirkungen des Serotoninhaushalts hinsichtlich der anderen Steuerungsmechanismen wie Herzfrequenz und Körpertemperatur.

Mit neuen Erkenntnissen hofft man eines Tages bestimmte typische Kennzeichen (Marker) festlegen zu können, die ein für SIDS gefährdetes Baby bei entsprechenden Untersuchungen rechtzeitig identifizieren.

Risikofaktoren
Bestimmte Risikofaktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des Plötzlichen Kindstods beim Säugling:

Bauchlage: Sie gilt als einer der Hauptgründe für den Plötzlichen Kindstod, denn ein drastischer Rückgang der Todesfälle ist zu verzeichnen, seit mit Beginn der 1990-er Jahre propagiert wird, dass Säuglinge vom ersten Tag zum Schlafen auf den Rücken gelegt werden sollen.

Nikotin- oder Drogenmissbrauch der Mutter während der Schwangerschaft oder der Stillzeit

Rauchen in Gegenwart des Kindes

Niedriges Alter der Mutter (unter 20)

Nachlässige medizinische Überwachung der Schwangerschaft

Funktionsstörungen des Mutterkuchens (Plazentainsuffizienz)

Niedriges Geburtsgewicht des Kindes (unter 2.000 g)

Frühgeburt, vor allem bei langer künstlicher Beatmung

Mehrlingsgeburt

Zu geringes Wachstum

Mehr als drei vorangegangene Lebendgeburten der Mutter

Komplikationen während der Geburt, z.B. Unterversorgung mit Sauerstoff
Überwärmung im Kinderbett oder durch zu hohe Raumtemperatur

Eine vorausgegangene ALTE (Apparent-Life-Threatening-Event), d.h. ein kurzzeitiges anscheinend lebensbedrohliches Ereignis mit Atemstillstand, Erstickungsanfällen, Blässe, bläulicher Verfärbung der Haut und Muskelerschlaffung. Das Kind fängt spontan oder durch rechtzeitige Wiederbelebungsmaßnahmen wieder an zu atmen. Danach ist das Risiko für SIDS um das 25-fache höher.

Nicht-Stillen

Für nachfolgende Geschwister eines Kindes mit SIDS steigt das Risiko, am Plötzlichen Kindstod zu sterben, um das Drei- bis Fünffache.

Entgegen früherer Untersuchungsergebnisse haben Impfungen keinen Einfluss auf den Plötzlichen Kindstod.
 

Sithnoppe

Moderator
AW: plötzliches Kindertod

Gibt es eigentlich eine Auswertung dieser Statistik hinsichtlich der Ursachen für den Rückgang?

Seit den 90er Jahren wird propagiert, dass Kinder im ersten Lebensjahr nicht auf dem Bauch liegen sollen. Das scheint die Hauptsursache für das SIDS zu sein, auch wenn noch diverse andere Faktoren dazukommen und das Ganze zusätzlich begünstigen.
 
S

sommersonne

Guest
AW: plötzliches Kindertod

Wieder was gelernt. Danke. Kann ich zu gegebener Zeit meiner Tochter, die gerade schwanger ist, sagen Babys gehören auf den Rücken im Bettchen.

Messen kann man den Serotoningehalt wohl nicht?
 

Sithnoppe

Moderator
AW: plötzliches Kindertod

Eine weitere (kontrovers diskutierte) Ursache soll allerdings ein Pilz sein, der aus den in den Matratzen enthaltenen Antimon-, Phosphor- und Arsenverbindungen die extrem giftigen Gase Stibin, Phosphin und Arsin freisetzte und für den plötzlichen Kindstod verantwortlich ist.
Ende 1994 begann TJ Sprott in Neuseeland mit seiner extrem erfolgreichen Kampagne für die Umhüllung der Matratzen der Kinder mit Polyethylen.

Eine Studie hierzu (auf Englisch) könnt Ihr hier lesen:
Cot Death—Cause and Prevention
Experiences in New Zealand 1995–2004
 
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