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Scharfe Warnung an die Türkei
Stopp der Beitrittsverhandlungen angedroht, wenn der Reformprozess nicht deutlich beschleunigt wird - Streitpunkt Zypern
Das EU-Parlament stellt der Türkei die Rute ins Fenster: Wenn der Reformprozess nicht deutlich beschleunigt wird, droht ein Stopp der Beitrittsverhandlungen. Der nächste große Stolperstein ist die Zypern-Frage, bei der es derzeit keine Bewegung gibt.
Der außenpolitische Ausschuss des EU-Parlaments hat in der Nacht auf Dienstag mit großer Mehrheit einen Bericht angenommen, in dem „die Verlangsamung des Reformprozesses“ bedauert wird. Ausdrücklich wird auf „anhaltende Mängel“ in den Bereichen Meinungsfreiheit, Frauenrechte, Religionsausübung und Minderheiten hingewiesen. Im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten wurde der ursprüngliche Berichtsentwurf mit rund 300 Änderungsanträgen noch etwas entschärft. „Wenn sich nichts ändert, steht die Ampel für weitere Beitrittsgespräche auf Rot, meinte Hannes Swoboda, stellvertretender Chef der sozialdemokratischen Fraktion, im Gespräch mit dem STANDARD.
Darüber hinaus drohe die Zypern-Frage schon sehr bald akut zu werden: Die Türkei weigert sich weiter standhaft, dem EU-Mitglied Zypern seine Luft- und Seehäfen zu öffnen. Zypern werde darauf drängen, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu sistieren: „Der Druck ist sehr stark, das ist kaum verhinderbar“, meinte Swoboda.
Von der Situation in der Türkei her wäre ein vorläufiger Stopp der Verhandlungen „eher ratsam“, politisch sei das aber vor dem Hintergrund der aktuellen Nahost-Krise „sehr riskant“, sagte der EU-Parlamentarier, der wie seine Kollegen dann eine Radikalisierung und Stärkung der EU-Gegner in der Türkei befürchtet, was zu einem unkalkulierbaren Risiko an der EU-Grenze werden könnte. Ein Stopp würde aber nur bedeuten, dass vorerst keine weiteren Verhandlungskapitel eröffnet würden, und sei kein endgültiges Aus.
Auch der EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn hat ebenfalls wiederholt vor einem Nachlassen des Reformeifers in der Türkei und einer Krise im Herbst gewarnt, zuletzt dieser Tage in einem Brief an die türkische Regierung. Die EU-Kommission wird ihren nächsten Fortschrittsbericht am 24. Oktober vorlegen, wovon der weitere Verlauf der Beitrittsverhandlungen abhängen wird.
(Michael Moravec aus Brüssel/DER STANDARD, Printausgabe, 6.9.2005)
Stopp der Beitrittsverhandlungen angedroht, wenn der Reformprozess nicht deutlich beschleunigt wird - Streitpunkt Zypern
Das EU-Parlament stellt der Türkei die Rute ins Fenster: Wenn der Reformprozess nicht deutlich beschleunigt wird, droht ein Stopp der Beitrittsverhandlungen. Der nächste große Stolperstein ist die Zypern-Frage, bei der es derzeit keine Bewegung gibt.
Der außenpolitische Ausschuss des EU-Parlaments hat in der Nacht auf Dienstag mit großer Mehrheit einen Bericht angenommen, in dem „die Verlangsamung des Reformprozesses“ bedauert wird. Ausdrücklich wird auf „anhaltende Mängel“ in den Bereichen Meinungsfreiheit, Frauenrechte, Religionsausübung und Minderheiten hingewiesen. Im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten wurde der ursprüngliche Berichtsentwurf mit rund 300 Änderungsanträgen noch etwas entschärft. „Wenn sich nichts ändert, steht die Ampel für weitere Beitrittsgespräche auf Rot, meinte Hannes Swoboda, stellvertretender Chef der sozialdemokratischen Fraktion, im Gespräch mit dem STANDARD.
Darüber hinaus drohe die Zypern-Frage schon sehr bald akut zu werden: Die Türkei weigert sich weiter standhaft, dem EU-Mitglied Zypern seine Luft- und Seehäfen zu öffnen. Zypern werde darauf drängen, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu sistieren: „Der Druck ist sehr stark, das ist kaum verhinderbar“, meinte Swoboda.
Von der Situation in der Türkei her wäre ein vorläufiger Stopp der Verhandlungen „eher ratsam“, politisch sei das aber vor dem Hintergrund der aktuellen Nahost-Krise „sehr riskant“, sagte der EU-Parlamentarier, der wie seine Kollegen dann eine Radikalisierung und Stärkung der EU-Gegner in der Türkei befürchtet, was zu einem unkalkulierbaren Risiko an der EU-Grenze werden könnte. Ein Stopp würde aber nur bedeuten, dass vorerst keine weiteren Verhandlungskapitel eröffnet würden, und sei kein endgültiges Aus.
Auch der EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn hat ebenfalls wiederholt vor einem Nachlassen des Reformeifers in der Türkei und einer Krise im Herbst gewarnt, zuletzt dieser Tage in einem Brief an die türkische Regierung. Die EU-Kommission wird ihren nächsten Fortschrittsbericht am 24. Oktober vorlegen, wovon der weitere Verlauf der Beitrittsverhandlungen abhängen wird.
(Michael Moravec aus Brüssel/DER STANDARD, Printausgabe, 6.9.2005)