Tränen in den Augen...

Sanne

New Member
"Merhaba"... oder besser gesagt "Iyi aksamlar" - es ist ja schon spaet...


Nachdem ich fast 2 Stunden in diesem Forum gelesen habe wird es Zeit, sich zu "outen", glaube ich.

Mit grossem Interesse und absolutem Verstaendnis habe ich "Entscheidung für den Tourismus" gelesen und denke gerade darueber nach, ob ich nach dieser Lektuere auf dem Boden der Tatsachen gelandet bin oder ich auch (wie scheinbar so viele vor mir) an eine Luege glaube, nachdem ich vor ungefaehr 24 Stunden wieder heimischen Boden unter meinen Fuessen gespuert habe.

Mit grosser Wahrscheinlichkeit gehoere auch ich zu den hier in diesem Forum so oft beschriebenen Frauen, zur Kategorie "(williges) Opfer" gehoeren:

Urspruenglich fuer eine Woche bin ich nach Antalya geflogen, um dort zu entspannen und dort den ganzen Tag ueber dem Nichtstun zu froenen. Der Vollstaendigkeit halber muss ich erwaehnen, dass dies der erste Urlaub war, den ich allein (ohne Freund) "gewagt" habe. (Die letzte Beziehung ist zwar fast schon ein Jahr vorbei, aber ich habe immer noch sehr an ihr gehangen)

Mein Urlaub war also so etwas wie eine Trotzreaktion: ich kann doch schliesslich auch allein gluecklich sein! (Persoenliche Anmerkung: rettungslose Selbstueberschaetzung!).
Natuerlich war ich nicht gluecklich und ich bin abends wie Falschgeld am Strand von Antalya herumgelaufen, mit Traenen in den Augen (wegen der verflossenen Liebe) und habe mich schnellstmoegich wieder in meinem Hotelzimmer breitgemacht.

Am Abflugtag passiert folgendes: das Reisebuero ruft mich an und entschuldigt sich vielmals fuer wahrscheinliche Umstaende... mein Rueckflug fuer Donnerstags ist nicht moeglich... aber ich kann 3 Tage laenger urlauben und man hat "mich" umgebucht auf Sonntag, ohne Mehrkosten. (Das bedeutet fuer mich, dass ich Termine absagen muss und mein Boss alles andere als "amused" ist).

Ich bespreche mit meinem Boss moegliche Alternativ-Fluege gegen gehoerigen Aufpreis und entscheide mit ihm gemeinsam eine Verlaengerung des Urlaubs. Abends - ich sollte bereits im Flieger sitzen - fragt mich ein Hotelangestellter, ob ich mit ihm spazieren gehe.

Der Rest ist schnell erzaehlt: ich gehe spazieren, obwohl ich nicht weiss, warum ich das tue. Wir reden die ganze Nacht. Stellen fest, dass wir die gleichen Gedanken haben. Fragen uns gegenseitig aus, wie religioes wir sind und "gestehen", dass wir als atheisten unterwegs sind. Stellen fest, dass unsere Ideale gleich sind. Haben die selben Fragen an die Menschheit und wundern uns ueber die selben Dinge, die in der Welt passieren.

Haben keinen Sex (schliesslich bin ich ja noch gebrandmarkt von meiner Beziehung und ausserdem "aufgeklaert" über Gigolos...)

Am Ende dieser Nacht - es ist morgens - kuessen wir uns und das ist alles. Wir verabreden uns fuer den naechsten Tag (er hat frei) und sitzen herum und reden und reden und reden... Gehen abends in ein Restaurant, was wahrscheinlich nie im Leben von Touristen aufgesucht wird. (Ich habe niemals ein besseres Lahmacun gegessen... *lach*)

Weil das Restaurant zufaellig in der Naehe seiner Wohnung liegt, moechte er mich seinen Eltern vorstellen und ich werde genau so herzlich aufgenommen, wie in "Entscheidung für Tourismus" beschrieben. Ich bin ueberwaeltigt von so viel Gastfreundschaft!

Jetzt bin ich zuhause. Heute hat er seine Handy-Karte deaktiviert und seinen Operator gewechselt weil er bei dem alten keine SMS zu mir senden konnte. Er ruft mich an, schickt mir SMS, vermisst mich und ich frage mich, was ich glauben soll.

Ich moechte daran glauben, dass dieser Mensch ehrlich an mir interessiert ist - bin aber erschuettert ueber die Beitraege in diesem - und anderen - Foren.

Wie finde ich heraus, ob er es WIRKLICH ernst meint, wenn er sagt, dass er mich mag? Wann finde ich es heraus? Ich weiss nicht weiter und wuerde mich freuen, wenn ich Antworten bekomme, die mir zur Antwort- und Wahrheitsfindung weiterhelfen koennen.

Vielen Dank...
Sanne

P.S.: Mir ist aufgefallen, dass Umlaute und das "s-z" in diesem Forum nicht dargestellt werden koennen (sehr nervig...). Hoffe, dass mein Text unbeschwerter lesbar ist als so viele andere hier...
 
K

Kimyager

Guest
Selbst, wenn wir diese Person kannten: Wir wissen nicht, ob er es gut meint oder nicht.
Es hört sich hart an, aber so ist es nun einmal.
 

Xan

New Member
Merhaba Sanne,

und ein herzliches Willkommen in diesem Forum!

Vorweg zuerst einmal das Technische:
Die fehlenden Umlaute hast du wahrscheinlich in alten Beiträgen gesehen. Dies hat historische Gründe. Du kannst hier ganz normal schreiben, wie sonst auch, wenn du zumindest das "ä" bei "Beiträge" in der linken Spalte siehst. Falls nicht, mußt Du die Zeichenkodierung in deinem Browser auf ISO-8859-1 einstellen, im Bedarfsfall hierzu mehr per PM.

Zu Deinem Beitrag:
Wie finde ich heraus, ob er es WIRKLICH ernst meint
Da gibt es kein Patentrezept, viele die in einer Beziehung leben (keine Fernbeziehung) erkennen dies erst nach Jahren oder gar nie. Das einzige, das ich Dir geben kann, ist ein gutgemeinter Rat, wie Du Dich achtbar aus der Affäre ziehen kannst, ohne größeren Schaden zu erleiden.
letzte Beziehung ist zwar fast schon ein Jahr vorbei, aber ich habe immer noch sehr an ihr gehangen
Dies (Du werkelst immer noch an einer alten Geschichte herum, die bald ein Jahr her ist) ist ein Indiz dafür, daß Du als Opfer für die Nachteile, die eine "Fernbeziehung" mit sich bringt, geradezu prädestiniert bist. Das macht Dich auf die Dauer kaputt, glaub mir, schmeiß Dein Leben nicht weg.
Die Sache mit den Unterschieden des Verhältnisses von Mann und Frau in beiden Kulturen ist zudem gravierend, dies sprengt aber hier den Rahmen. Jedenfalls läßt sich eine ernsthafte Verbindung nicht so auf die Schnelle machen, wenn Du dich da nicht bestens auskennst.

Das heißt im Klartext: Du wärst jetzt auf absehbare Zeit ohnehin solo, mit viel Hoffen und Bangen, bis da wirklich etwas brauchbares draus werden kann.

Am besten, Du bedankst Dich anständig für die schöne Zeit und machst ihm verständlich, daß Du so nicht in Frieden leben kannst, er solle das respektieren. Wenn er Dir auch nur halbsoviel Respekt entgegenbringt, wie er es einer Landestochter täte, wird er das akzeptieren und Du kannst ihm im nächsten Urlaub ohne schlechtes Gewissen in die Augen sehen, falls Du es wünschst. Wenn er das partout nicht akzeptieren will, hat er wahrscheinlich unlautere Absichten oder Du hast es mit einem Spinner zu tun.
Wenn Du nicht in der Lage bist, seinen Respekt zu erlangen wirst Du das Wesentliche Eurer Beziehung sehr wahrscheinlich zu spät oder nie in Erfahrung bringen. Aus der Ferne geht das jedenfalls nicht und ein Urlaub langt da auch nicht. Bei der Familie warst Du zu Gast, das hat nichts zu bedeuten, da sind sie immer so. Das kann gehen von "schaut mal das ist eine von unseren Gästen, die habe ich gerade getroffen" über "meine neue Flamme" bis zu "die nächste Kuh zum Melken"! Im Normalfall bedeutet es die erste Variante! Wenn Du öfter in die Türkei kommst, wirst Du so noch viele Menschen kennenlernen.

Geh davon aus, daß er gemerkt hat, wie Du da rumgelaufen bist wie Pik7 und sich deshalb Deiner angenommen hat, warum auch immer. Die Menschen dort sind in diesen Dingen sehr sensibel und sehen vieles. Aber häng Dein Leben nicht daran auf.

Soweit die Predigt, wünsche Dir das Allerbeste!

Viel Grüße
Xan
 

Sanne

New Member
Danke...

an Kimyager und auch an Dich, Xan!

@Kimyager:
Ich habe Deine Antwort nicht verstanden. Was meinst Du mit "Selbst wenn wir diese Person nicht kannten..."?

@Xan:
Ich möchte mein Leben nicht kaputtmachen (lassen) - das ist auch der Grund, warum ich vorsichtig bin und mit großen Augen in diesem und anderen Foren gelesen habe, welche schlimmen Erfahrungen mir blühen könnten...

Sich aus der Affäre zu ziehen, wird momentan noch relativ leicht sein, schließlich waren es "nur" wenige Tage oder Stunden, die man miteinander verbracht hat. Andererseits... was wäre, wenn ich wirklich die Nadel im Heuhaufen gefunden habe und sie absichtlich wieder verliere?

Es ist im Übrigen so, daß diese "Nadel im Heuhaufen" im letzten Jahr für 3 Monate zum ersten Mal in der Saison im Hotel (es ist das Hillside Su in Antalya) gearbeitet hat, danach für 6 Monate zur dortigen "Bundeswehr" gegangen ist und jetzt seit 2 Monaten wieder im Hillside arbeitet. Sein Arbeitsvertrag endet am 15. September und heute hat er mir gesagt, daß er ihn bereits 5 Tage früher beenden wird, weil dann mein nächster Urlaub ist. Er hat in Antalya studiert (ich habe Zeugnisse und Diplome gesehen), macht im Herbst 2006 sein Examen und wird bis dahin noch eine Menge lernen müssen und will nicht weiter im Hotel arbeiten.

Nach nüchterner (hoffe ich jedenfalls) Betrachtung habe ich jetzt exakt 4 Möglichkeiten:

1. Ich fahre im September nach Antalya und lasse alles weitere auf mich zukommen.

2. Ich ziehe mich aus der Affäre, beende die selbige (und gehe das Risiko ein, eine große Chance auf das sogenannte Lebensglück wegzuwerfen).

3. Ich schreibe ihm einen langen Brief, lasse ihn hier in Deutschland von einem native speaker übersetzen, schreibe ihm was für Gedanken in meinem Kopf sind und konfrontiere ihn mit meinen Ängsten (um zu sehen, welche Reaktion folgt).

4. Ich spare die Kosten für den Urlaub (zumindest teilweise), indem ich ihn für 2 Wochen nach Deutschland einlade und schaue mir an, wie er sich verhält.

Mehr Möglichkeiten fallen mir im Augenblick nicht ein und die o.g. Liste stellt kein Ranking dar. Momentan tendiere ich zur letzten Variante, werde aber noch einige Tage darüber nachdenken müssen.

Geh davon aus, daß er gemerkt hat, wie Du da rumgelaufen bist wie Pik7 und sich deshalb Deiner angenommen hat, warum auch immer. Die Menschen dort sind in diesen Dingen sehr sensibel und sehen vieles. Aber häng Dein Leben nicht daran auf.

Ich gehe übrigens nicht davon aus, daß irgendjemand - auch er nicht - gemerkt hat, daß ich mich wie Pik7 gefühlt habe. Es mag vielleicht überheblich klingen: aber dafür bin ich berufsbedingt zu professionell, als das man mir das ansieht. Im Gegenteil - mein Gefühlsleben breite ich grundsätzlich nicht vor fremden Menschen aus, die diesen Umstand in irgendeiner Weise zu ihrem Vorteil nutzen könnten. (Gerade muss ich über mich selbst lachen: dies ist ja gerade auch so etwas wie ein Seelen-Striptease, allerdings sehen wir einander nicht und wissen auch außer einem Nick nichts voneinander...)

Xan, ich danke Dir für Deine "Predigt", würde mich über Feedback und in jedem fall über mögliche Varianten 5, 6, 7 usw. von ALLEN hier aus diesem Forum freuen und wünsche allen, die jetzt noch wach sind, eine gute Nacht und wunderschöne Träume.

Sanne
 

Xan

New Member
Hallo Sanne,

mit ein paar Informationen mehr sieht die Sache doch gleich freundlicher aus.
Deine Punkte:
2. Ich ziehe mich aus der Affäre, beende die selbige (und gehe das Risiko ein, eine große Chance auf das sogenannte Lebensglück wegzuwerfen).
Rein statistisch gesehen, ist das Risiko klein. Aber ich will nicht weiter insistieren, eine positive Möglichkeit gibt es natürlich immer. Das können wir wohl abhaken.
3. Ich schreibe ihm einen langen Brief, lasse ihn hier in Deutschland von einem native speaker übersetzen, schreibe ihm was für Gedanken in meinem Kopf sind und konfrontiere ihn mit meinen Ängsten (um zu sehen, welche Reaktion folgt).
Wenn Du Dir nicht sicher bist und um die Sache offenzuhalten, sicherlich ein guter Weg. Du vermittelst hier den Eindruck, daß es Dir nicht schwerfallen wird, ihm Deine Situation verständlich zu machen. Du bist bei klarem Verstand, denkst zielbewußt und handlungsorientiert.
4. Ich spare die Kosten für den Urlaub (zumindest teilweise), indem ich ihn für 2 Wochen nach Deutschland einlade und schaue mir an, wie er sich verhält.
Hast Du eine Vorstellung davon, was das Thema "Einladung" bedeutet?
Info des Außenministeriums (ist ein Link, leider fehlt oft die Unterstreichung)
1. Ich fahre im September nach Antalya und lasse alles weitere auf mich zukommen.
Möglicherweise die einfachste Lösung.
Es mag vielleicht überheblich klingen: aber dafür bin ich berufsbedingt zu professionell, als das man mir das ansieht.
Überheblich klingt das nicht, eher ein wenig ahnungslos. Im Alltag, mit den Menschen, mit den Du gewöhnlich verkehrst, trifft es sicher zu. Aber überall?
Normlerweise reicht es mir, wenn Du in 2-3 Meter Abstand vorbeigehst und dabei insgesamt 40 Meter zu sehen bist, dann weiß ich, ob Du gut drauf bist oder nicht, egal, welches Verhalten Du Dir antrainiert hast, so etwas erkennt man auch. Und der Türkei gilt das erst recht. Die Menschen dort kommunizieren nicht nur mit Worten und sind von klein auf entsprechend trainiert. Da kommt es dann schon mal vor, daß Du mit einem/einer am Tisch sitzt und kein Wort rausbringst und im nächsten Augenblick sagt er/sie Dir ins Gesicht, was Du gerade denkst.
Sei Dir also nicht zu sicher.
Die Varianten 5, 6, 7, ... hängen natürlich von Deinen Möglichkeiten ab und und die kennst nur Du. Ich glaube Deine Liste ist ziemlich komplett.

Vielleicht kommen noch Ideen von anderen Mitgliedern hier.

Beste Grüße und gutes Gelingen,
Xan
 

Sanne

New Member
Lieber Xan,

Du bist ein wertvoller Mensch - hat Dir das in letzter Zeit jemand gesagt? Ich hoffe doch, daß es so ist...

Worte sind gar nicht ausreichend, um Dir für Dein Engagement zu danken: Du teilst mit einem wildfremden Menschen SEINE Sorgen und bist dabei sehr ernsthaft, beharrlich und trotzdem nicht geringschätzend.

Das aber "nur so" vorweg...

Ich habe zwischenzeitlich noch eine 5te Möglicheit gefunden, die eine Kombination von 3 und 4 darstellt. Bin mir zwischenzeitlich sicher, daß ich momentan keinen Rückzieher machen möchte - genauso wie ich auch nicht nach Antalya fahren will, um dort eine Auffrischung der Urlaubssituation zu haben. Das richtige Leben spielt sich halt nicht ausschließlich im Urlaub ab.

Zusätzlich dazu weiss ich, daß ich mit Sicherheit nicht mein Land verlassen werde, um in der Türkei oder irgendwo anders auf der Welt zu wohnen. Wenn es irgendwann eine gemeinsame Zukunft gibt, dann nicht irgendwie und auch nicht irgendwo (Nena lässt grüssen...*lach*), sondern nur hier.

Deshalb könnte eine Kombination aus Möglichkeit 3 und 4 (auch in der Reihenfolge) sich als die 5te Variante entpuppen.

Du hast mir den Link zu Herrn Fischers "Büro" (wahrscheinlich nicht mehr lange, angesichts "drohender" Bundestagswahlen) geschickt. Vor ein paar Tagen habe ich schon versucht, mich dort schlau zu machen und gemerkt, daß es nicht so leicht sein wird, jemanden aus der Türkei einzuladen, wie ein Pfund Brot zu kaufen. Davor habe ich keine Angst weil man alles schaffen kann, wenn man es nur wirklich will. Allerdings hört sich Dein "hast Du eine Vorstellung davon, was das Thema Einladung bedeutet" so an, als wäre ich mir irgendwelcher Risiken nicht bewusst.

Klärst Du mich auf, bitte? Mir ist klar, daß ich für die Rückreise und auch die Krankenversicherung und Unterbringung und Verpflegung sorge tragen muss (und auch möchte) und das ist für mich auch durchaus in Ordnung.

Was könnte schlimmes passieren? Das schlimmste, was mir momentan einfällt ist, daß er sich "wie die Axt im Walde" benimmt und ich einen früheren Rückflug für ihn buche damit ich ihn los bin. Vielleicht ist das aber auch noch nicht alles und blauäugig gedacht? Zu Risiken, Nebenwirkungen usw. befrage ich Dich jetzt, Xan ;-)

Zum Thema "Ahnungslosigkeit": ich glaube, daß Du tatsächlich Recht hast. Ich habe beruflich mit vielen Menschen zu tun, die ich oft nur kurz - aber trotzdem intensiv - kennen lerne. Seltsamerweise nehme ich für mich in Anspruch, über ihr Befinden Bescheid zu wissen - umgekehrt hatte ich es aber für nahezu unmöglich gehalten. Ich bin also beides: ahnungslos UND ein bischen überheblich. Sorry dafür!

Ich wünsche Dir - und allen anderen auch - eine gute Nacht und alles Liebe dieser Welt.

Sanne
 

Xan

New Member
Liebe Sanne,

vielen Dank für die Anerkennung; das tat gut.

Damit Dein Vorhaben leichter gelingen möge, noch ein paar Tips.
Zunächst zum Brief:
Türken sind unerreicht gute Kommunikatoren, nur wenn sie auf die rein sprachliche Ebene eingeschränkt sind, fehlen wichtige Teile und sie werden schnell verunsichert. Zum Ausgleich ist im Brief- und Telefonverkehr alles wesentlich stärker kodifiziert als bei uns, auch im privaten Bereich (Vor 100 Jahren und früher war es hier ja auch ähnlich).
Wenn Du den Brief übersetzen läßt, such Dir dazu eine türkische Frau und sprich es persönlich mit ihr durch. Da es sich auch um Gefühlsdinge handelt, hast Du dann die beste Aussicht, daß Dein Brief verständlich ist und die gewünschte Reaktion nach sich zieht.

Schon aus Deiner ersten Antwort war zu erkennen, daß Du sehr gut verstehst, was ich schreibe, auch das, was zwischen den Zeilen steht. Meine Bemerkung zur Einladung meinte:

1. Dein Einfluß auf die Genehmigung ist begrenzt. Die Genehmigungsbehörde (dt. Generalkonsulat) in der Türkei hat einen weiten Ermessensspielraum und muß ihre Entscheidung zunächst nicht begründen. Wenn du schon mit September liebäugelst, solltest Du Dich mal so langsam auf die Socken machen. :) Nicht nur die wirtschaftlichen und rechtlichen Voraussetzugen beim Antragsteller müssen stimmen, auch an die einladende Person werden bestimmte Anforderungen gestellt. Vermögen/Immobilieneigentum sind da vorteilhaft. Lieber der reiche Onkel mit Haus und Geschäft, als die alleinstehende Angestellte in einer Mietwohnung, um mal eine Richtung zu zeigen.

2. Dies war weniger mein Gedanke, aber wenn Du schon "worst case"-Betrachtungen anstellst, wollen wir hier mal einen drauflegen. Nicht, daß ich glaube, es wird so kommen, aber gegeben hat es das so ähnlich schon:
Er bleibt brav 2 Wochen bei Dir und läßt es sich gutgehen. Einen Tag vor dem Heimflug ist er spurlos verschwunden und geht den "Geschäften" nach, derentwegen er tatsächlich gekommen ist. Es wird nach ihm gefahndet und mit viel Glück wird er irgendwann erwischt und ausgewiesen. Gut, wenn solange keiner dabei umkommt. Bezahlen darfst das ganze dann Du! Von dem damit verbundenen Ärger ganz abgesehen. Soviel zum "worst case".

Noch ein letzter Punkt: In Deinem ersten Beitrag hat es mich stutzig gemacht, daß ihr so schnell in bestimmten Dingen auf einen Nenner gekommen seid, besonders diese weltanschaulichen Fragen betreffend. Nach Deinem zweiten Beitrag, habe ich das etwas weniger wichtig genommen. Nun aber erscheint es mir doch bemerkenswert. Für mein Empfinden ging das zu schnell. Wenn er ein einigermaßen mit Dir vergleichbares Niveau hat, dann frag ich mich, ob er Dich nicht möglicherweise das hat hörenlassen, was Du wolltest. Ich war nicht dabei. deswegen mußte ich das jetzt bringen. Du wirst schon weiterwissen.

Tatsuo Inamori, der Gründer von Kyocera, hat einmal geschrieben:
"Denken Sie optimistisch, planen Sie pessimistisch, und realisieren Sie Ihre Vorhaben voller Optimismus"

Viele Grüße
Xan
 

turkish talk

Well-Known Member
Hallo Sanne,
auch von mir ein herzliches Willkommen.

Als Lösungsvorschläge 5, 6 und 7 möchte ich folgende beitragen:

5.
Du und Xan trefft euch erstmal unverbindlich in einem McDonald in der Nähe eines großen Bahnhofs.

6.
Nach ein paar Hamburgern merkt ihr, dass ihr die gleiche Sprache spricht
und geht flugs über zu Punkt 7.

7.
Zusammen verbringt ihr ein paar Tage in Bolu und stellt fest,
dass es dort tatsächlich die besten Köche in der Türkei gibt und, das ist
der große Trick dabei, damit werden die Punkte 1 - 4 obsolet..

Bitte genauso durchführen!

Viele Grüße
 

Sanne

New Member
Xan??? Isst Du Hamburger oder darf es auch etwas leckererereres sein als das blöde Pappzeug?

Wovon redet denn dieser Turgay? Müssen wir noch fastfoodtechnisch überprüfen, ob wir die "Menschensprache" beherrschen? (Sorry, Turgay - ich scherze, meine es nicht geringschätzend und freue mich darüber, daß wir ernst, aber nicht stur o.ä. sind....)

Aber darüber hinaus: wo ist eigentlich Bolu? Wir hatten zwar bislang noch nicht (zumindest nicht in diesem Thread) darüber gesprochen, dennoch bin ich immer dafür zu haben, den Meistern der Küche zuzusehen und - im kulinarischen Sinne - zuzusprechen.

Obsolet sind die Punkte 1 bis 4 deshalb - lieber Turgay - für mich allerdings nicht, weil sich mit den Punkten 6 und 7 noch nicht genügend Übereinstimmungen für gemeinsame Leben "bis der Tod uns scheidet" gefunden haben. Dazu gehört - glaube ich - mehr, als ein McDonalds-naher Bahnhof und ein Hamburger, der im Sinne der türkischen Küche absolut verabscheudungswürdig ist.

Aber ich habe Spaß an diesem Dialog Interesse an dem Menschen im Hintergrund und würde ihn gerne weitere Instruktionen zur Durchführung erhalten ;-)

Liebe Grüße nach wo auch immer Du steckst,
Sanne
 

Sanne

New Member
Lieber Xan, sehr gern geschehn!

OFF THE RECORDS:
(Verdammt nochmal - dies ist ein Aufruf an alle, die hier "nur" lesen, auch einfach mal "Danke" zu sagen. Schließlich wäre jeder mit seinen Gedanken und Problemen alleine sein, wenn es solche Foren nicht gäbe. Hier sind Menschen am Werk, die nicht vorrangig materialle Interessen haben, an anderer Stelle aber so oft erwähnt und natürlicherweise auch verurteilt werden...)

Deinen Tipp, mich an eine Frau wegen der Übersetzung zu wenden, nehme ich sehr ernst, ich hatte mir eh' Gedanken darüber gemacht und ein professionelles Büro ins Auge gefasst (weil sie vereidigt sind und keinen Blödsinn machen können, ohne dafür zu haften). Ich habe gemerkt, daß Floskeln und Standardsprüche sehr oft benutzt werden... Dies mag zum einen mit der von Dir angesprochenen Kodifizierung zusammenhängen - in jedem Fall aber auch mit fehlendem Vokabular. (Ich merke ja selbst, daß Vokabeln in meinem Kopf sind, sich sich gerade verschlafen die Augen reiben und sich fragen, ob wirklich SIE gemeint sind *lach*)

Gestern habe ich ein "Experiment" gewagt und bin von dem Standards- und Einheitsgeplänkel abgewichen, habe in meiner email erstmals von meinem Arbeitstag erzähllt und ihm gesagt, daß wichtig für mich ist, Dialoge statt Monologe zu führen.

Habe ich einen "Sieg" gegen diie persönliche Abzockerei errungen, wenn eine Antwort folgt, die auch bei aller schwarz-seherei (die in diesen Foren - aus bestimmt gutem Grund - verbreitet ist) nichts mehr mit standardisierten emails zu tun hat? Zum ersten Mal bekam ich heute Antworten. Spärlich und tricky zu lesen... weil die Sprachbarrieren doch größer sind, wenn es um Alltagsdinge geht, aber immerhin Antworten in kompletten Sätzen, wenn man den englischen Satzbau zugrunde legt. (Xan, die von Dir angesprochene "gewünschte Reaktion" ist übirgens zu eine: EHRLICHKEIT. Nicht mehr und nicht weniger....)

Ich habe noch ein paar Anmerkungen bzw. Fragen zu Deinen Punkten 1 und 2: Klar, daß die Konsulate machen können, was sie möchten und zeitlich wird es vielleicht auch kritisch. Wenn er jedoch studiert und seine "Bundeswehr" schon abgeleistet hat, stehen die Chancen für eine Zustimmung doch nicht grottenschlecht dar, oder? *nichtsweiss* Reiche Verwandte habe ich nicht gesehen - die Familie stammt ursprünglich aus Ankara (mama und papa sind Rentner, ca. 55 Jahre alt, mama war krankenschester - mehr weiss ich nicht)

Zum Thema "worst case" mache ich mir nach Deinem Posting allerdings Sorgen: für mein Verständnis lade ich jemanden ein und bin die ganze Zeit über der Gastgeber - ohne Pause. Klar kann sich jemand verdünnisieren, wenn ich gerade Brötschen holen gehe... bin ich auch haftbar, wenn der Typ Scheisse baut? (Ich halte es zwar für blödsinnig, ins scheinbar "gelobte Land" zu kommen, um irgendwelchen Quatsch zu machen - aber auszuschließen ist es bestimmt nicht... wir haben es schließlich mit Menschen zu tun...) Xan, gibt es irgendwelche Info-Quellen, die ich konsultiren solllte? Die Seiten des Herrn Fischer sind zwar auskunftsfreudig, jedoch nur allgemeingültig und ich wüsste gern vorher, welche Gefängnisstafen mir drohen.

Zu Deinem letzten Punkt: politische und vor allem auch (für mich wichtig) religiöse Fragen haben wir - sehr intensiv - bei unserem ersten Treffen beredet. In 10 Stunden hat er mir sein Leben erzählt, welche Erfahrungen er gemacht hat und welche Gedanken er hat. Es fielen Aussagen wie z.B. "Religionen sind dazu gemacht, die Menschheit zu unterjochen und keine Individualität zuzulassen" (Moderner finden das einige Zeitgenossen sogar schick, z.B. im Herrn der Ringe "Einen Ring, sie zu knechten..."

Du hast Recht, bestimmt ist man empfänglicher für das, was man selbst gern hören bzw. für das, wofür man selbst einsteht. JA... es ging schnell... für in unserem Alter zu schnell...

Aber sind denn wirklich alle Menschen "Arschlöcher", Beznesser, Teufel usw.? Oder anders gefragt - und dies ist auch ein "wirkliches" Vorurteil: sind denn alle Menschen, die sich im Internet tummeln, saublöd?

Nein. Ich weiss, daß es nicht so ist.

Ich wünsche Euch eine gute Nacht mit hoffentlich wunderschönen Träumen!
Sanne
 
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