Warum ist das Konvertieren so ein Problem?

Jeanne

Member
Liebe Leute,

ich denke in letzter Zeit immer öfter über die Frage nach, warum das Konvertieren zur Religion des Partners eigentlich immer ein Streitthema in Beziehungen ist. Bzw., warum diesem Thema (gerade auch hier im Forum) eine solche Wichtigkeit beigemessen wird, nach dem Motto: Nur, wenn du nicht konvertierst bleibst du deiner selbst treu, wenn du konvertierst, machst du dich zum Sklaven deines Partners. Der Fakt, ob dieses "Problem" in einer Partnerschaft diskutiert wird, scheint hier geradezu ein Maßstab für die Gesundheit einer Beziehung zu sein: Nur, wenn die Religion (die eigene und die des anderen) beiden möglichst egal ist, kann die Beziehung dauerhaft sein.

Es wundert mich im Grunde dessen, weil es doch auch ganz andere Entscheidungen in einer multinationalen Bezihung gibt, die einen mindestens ebenso grundsätzlichen Effekt auf die persönliche Entwicklung haben als die Wahl der Religionszugehörigkeit: In welchem Land leben wir? Wollen wir nahe anderer Familienmitglieder leben oder eher entfernt? Städtisch oder ländlich? Wie lassen sich Arbeit und evtl. Kinder vereinbaren, arbeiten beide und wenn ja wie viel? Welche Sprache wird zuhause gesprochen oder beide gleichermaßen oder eine weitere, gemeinsame? Da müssen doch überall Kompromisse geschlossen, bzw. von einer Seite auf bestimmte Aspekte verzichtet werden.

Irgendwie frage ich mich vor allem deshalb, weil mir all die oben genannten Fragen für mich persönlich tausend Mal wichtiger sind, als die Frage, ob jemand in die Moschee geht oder in die Kirche. Mir ist Religion unglaublich schnuppe, zumindest der praktische Teil. Meinem Freund ist der Islam aber sehr wichtig und von mir aus kann ich da auch gerne konvertieren, das macht für mich keinen Unterschied. Ich hab sowohl Koran als auch die Bibel gelesen und da ist die Quintessenz doch gleich. Wenn das der Familie hilft, den ach so wichtigen Schein nach außen zu wahren: Warum denn nicht?

Ich dagegen habe ihm klipp und klar gesagt, dass ich mir mit ihm nur ein gemeinsames Leben in Deutschland vorstellen kann. Das ist für ihn wiederum eine ganz pragmatische Sache und da gab es auch gar keine Diskussion. Obwohl er beileibe kein Republiksflüchtling ist, er ist eher so der Mensch, der überall glücklich werden kann.

Wenn wir also tatsächlich heiraten sollten, geht das nur mit Jobzusage für ihn in Deutschland und dann konvertiere ich für ihn auch. Ist das nicht eigentlich eine faire Geschichte?
 

Sabine

Well-Known Member
...
Wenn wir also tatsächlich heiraten sollten, geht das nur mit Jobzusage für ihn in Deutschland und dann konvertiere ich für ihn auch. Ist das nicht eigentlich eine faire Geschichte?

Wieso könnt Ihr nur heiraten mit Jobzusage ??? Verstehe ich nicht ? Ist das etwa wieder eine Neuerung beim Konsulat, dass man (MANN) nur ein Familienzusammenführungsvisum bekommt wenn man schon eine feste Jobzusage in Deutschland hat ??

Habe die eigentliche Antwort ganz vergessen: Konvertieren ist meiner Meinung nach überhaupt kein Problem WENN man es aus eigener, freiwilliger Überzeugung tut.
 

blackcyclist

Gesperrt
Bei dir klingt konvertieren ungefähr wie die Entscheidung, ob ich mir Erdbeermarmelade oder Pflaumenmus auf das Frühstücksbrötchen schmiere. Ganz so einfach ist es dann eben doch nicht. Zum einen werden dich die Muslime kaum akzeptieren, wenn du nur dank eines Art Abkommens konvertiert bist und zum anderen machst du dir selbst was vor. Wenn dir Reliigion schnuppe ist, brauchst du sie nicht zu wechseln. Und wir haben es hier im Forum des öfteren erlebt, der Wunsch des meist muslimischen Partners zu konvertieren zog dann gern noch weiitere Forderungen nach. Gern wurde auch die Unkenntnis über Religion oder kulturelle Traditionen bei der Partnerin ausgenutzt um sich noch ein paar Bonusbequemlichkeiten zu erschleichen.

Man kann in vielen Dingen Kompromisse finden, nur halte ich das gerade in religiösen Dingen, wenn nicht beide Partner eine gewisse Lockerheit oder ähnliche Strenge mitbringen, für doch eher schwierig.

Für dich zur Information, ich bin als Atheist mit einer Muslima verheiratet und das funktioniert bei uns, weil wir da die gewisse Lockerheit und den nötigen Respekt mitbringen.
 
P

pauline09

Guest
Wenn wir also tatsächlich heiraten sollten, geht das nur mit Jobzusage für ihn in Deutschland und dann konvertiere ich für ihn auch. Ist das nicht eigentlich eine faire Geschichte?

Wenn Du es so siehst, ist das eine faire Geschichte, klar. Aber das tangiert nur die oberflächliche Ebene: Du würdest zwar die Religion Deines Partners annehmen, aber wenn Du es nur ihm zuliebe tust und Dich nicht aus anderen inneren Beweggründen dafür entscheidest, ist das für Religiöse zumindest meines Wissens sowieso nicht gültig. Dazu kommt die Frage, warum man das als Frau überhaupt tun sollte? - denn muslimischen Männern ist die Heirat mit Christinnen oder Jüdinnen sehr wohl erlaubt (anders als umgekehrt, eine streng gläubige Muslima darf keinen nicht-muslimischen Mann ehelichen).

Ein weiterer Punkt: es ist zwar nicht vorgeschrieben, beim Konvertieren einen muslimischen (Zweit-)Namen anzunehmen, aber wenn Dein erster Name eindeutig einer anderen Religion entstammt oder darauf hinweist, werden sie Dir das so intensiv nahelegen, dass Du Dich vermutlich kaum entziehen kannst. Will man das?

Gut, das muss jede/r für sich selbst entscheiden. Abgesehen davon gibt es noch eine Reihe von größeren religiösen Unterschieden, über die Du grad fröhlich hinweggegangen bist, Jeanne. Für religiöse Muslims ist Jesus (=Isa) zwar ein Prophet, der auch im Koran erwähnt ist (vor allem 19. Sure), aber aus muslimischer Sicht ist er nicht Gottes Sohn: auf diesem Glauben beruht allerdings das Christentum, dessen religiöse Legitimation somit per se bestritten wird. ;-) Derlei filigrane Überlegungen kann man ewig fortführen, was freilich fürs praktische Leben überhaupt nichts bringt. Nur finde ich schon, dass es wert ist, sich mit so was auseinanderzusetzen, bevor man husch-husch konvertiert, nur um eine Beziehung zu erhalten, die mit genügend Zugewandtheit, Gesprächsbereitschaft und Toleranz der Partner ganz normal ausgelebt werden könnte, ohne dass religiöse Fragen als vermeintliches Hindernis vorgeschoben werden. Und das ist meiner Ansicht nach sehr häufig der Fall, wenn muslimische Männer ihre Frauen zum Konvertieren bewegen wollen (.. oder die Frauen sich von vornherein darauf einlassen).
 
C

CrazyWoman

Guest
Wieso könnt Ihr nur heiraten mit Jobzusage ??? Verstehe ich nicht ? Ist das etwa wieder eine Neuerung beim Konsulat, dass man (MANN) nur ein Familienzusammenführungsvisum bekommt wenn man schon eine feste Jobzusage in Deutschland hat ??

Wahrscheinlich meint sie, dass die Jobzusage die Chancen auf Familienzusammenführungsdingsda erhöht. Was stimmt, denn mein Askim hat mich noch nicht geheiratet und kann trotzdem hier leben undarbeiten. Also der umgekehrte Fall. Damit zu tun hat es nichts.

Ansonsten gebe ich blackcyclist und Pauline recht:
Konvertieren sollen nur die Frauen den Männern zuliebe, nie umgekehrt (aus den o.g. Gründen). Da "Konvertieren dem lieben Schein wegen" haram ist, sollte man es schon zweimal nicht tun. Liegt dir was an der Religion, kannst du es gerne machen... aber es setzt verdammt viel Wissen voraus. Für mich wäre es nichts, obwohl ich mich nun schon Jahre mit dem Islam befasse. Es wäre wirklich nichts echtes, 100%iges, wenn ich nun konvertieren würde. Und wenn der Partner das weiß und wirklich religiös ist, würde es das nie gutheißen.
 

kilicaslan

Well-Known Member
@jeanne,
Glauben ist ein Gewissen angelegenheit, es sollte vom freien Willen und Gewissen kommen.
Ansich ist konvertieren einfach , es ist der Ausdruck bzw. Verkündung dessen was man im Gewissen/Herz empfindet (glaubt) bzw. Überzeugung. Man bringt sein Glaube sozusagen zum Ausdruck und man ist danach konvertiert, normalerweise sollte das vom Herzen kommen, was aber nicht am Anfang ist kann ja noch kommen. Dafür sollte man sich mit dem Inhalt des Bottschaft beschäftigen, sich informieren. Man könnte zb. zur Anfang sich mit dem Glaubensgrundsätzen beschäftigen.

Noch was zum praktizieren , ich halte praktizieren wichtig, denn wenn man an etwas Glaubt dann will man dies doch umsetzen. An etwas Glauben, ohne es umsetzen zu wollen klingt für mich nicht ernsthaftig.
Man kann nicht behaupten jemanden zu lieben, ohne etwas von dieser Liebe zu zeigen.
 
S

sommersonne

Guest
Wahrscheinlich meint sie, dass die Jobzusage die Chancen auf Familienzusammenführungsdingsda erhöht. Was stimmt, denn mein Askim hat mich noch nicht geheiratet und kann trotzdem hier leben undarbeiten. Also der umgekehrte Fall. Damit zu tun hat es nichts.

Ansonsten gebe ich blackcyclist und Pauline recht:
Konvertieren sollen nur die Frauen den Männern zuliebe, nie umgekehrt (aus den o.g. Gründen). Da "Konvertieren dem lieben Schein wegen" haram ist, sollte man es schon zweimal nicht tun. Liegt dir was an der Religion, kannst du es gerne machen... aber es setzt verdammt viel Wissen voraus. Für mich wäre es nichts, obwohl ich mich nun schon Jahre mit dem Islam befasse. Es wäre wirklich nichts echtes, 100%iges, wenn ich nun konvertieren würde. Und wenn der Partner das weiß und wirklich religiös ist, würde es das nie gutheißen.


Ich würde die Hürde nicht so hoch hängen. Viele Muslime, vor allem die Jüngeren, wissen oft selbst sehr wenig von ihrem Glauben. Meist wird der Glaube vorgeholt wenn es irgendwie von Nutzen ist.
Das machen aber die Christen nicht anders.
 
Top