So, so. So schnell hast du denn Kampftag der Arbeiterklasse vergessen.
Oder gab es den bei euch damals nicht?
In meiner Kindheit, war das nur ein freier Tag, also ohne Schule und ohne Arbeit.
In der Kindheit meiner Eltern war das ein Demonstrationstag, wo bis Mittag Demonstrationen von Fabriken organisiert wurden, um die Arbeiterklasse zu ehren. Bis einmal, als die Partei sagte, dass diese Demos eigentlich der Arbeiterklasse die Freude am Feiern raubten. Und dann wurde der 1. Mai frei. Sogar der 2. Mai war frei, als Tag der Jugend (die Jugendlichen mussten schon die Chance bekommen, sich von der Vortagsfeier zu erholen).
Meine Mutter erinnert sich aus der Kindheit an einem 1. Mai, ein Karfreitag bei den Rumänen. Jedes Jahr am 1. Mai fuhren die Siebenbürger Sachsen mit den Trompeten (also imrompeten-Marsch), in Kolonnen, auf die Weide, um zu feiern. Anfangs wurde aus dem Sachsenturm (Turm der evangelischen Kirche) gespielt und angezeigt, das es losging. Dann trafen sich die Nachbarschaften in Kolonnen und warteten sich gegenseitig. Meine Nachbarschaft war damals (und auch heute noch) am Ende der Stadt.
Als die Sachsen mit den Trompeten marschierten, dann folgten auch die rumänischen Kinder die Sachsen auf die Weiden. Aber eines Jahres war der 1. Mai ein Karfreitag. Und meine Mutter, Kind, musste vor der Pforte auf die Straße stehen und den Sachsen nachweinen, wie die ins Wald in Trompetenmarsch fuhren.
PS. In meiner und der Mutter Kindheit wurden die westlichen Ostern als "Ostern der Sachsen" bezeichnet; die östlichen Ostern als "Ostern der Rumänen". Meistens gibt es nur eine Woche Unterschied. Aber manchmal beträgt der Unterschied 4 oder sogar 5 Wochen. Wie dieses Jahr.
Eigentlich feiern die Westkirchen richtig. Aber das ist ein anderes Thema. Wir hier in Osteuropa haben eigentlich falsche Osterzeit. Befohlen von Moskau im Jahre 1948 (als damals sogar die Griechen diesem Diktat von Moskau zugestimmt haben).