Wer hat Erfahrungen mit Angst- und Panikattacken machen müssen? Hilfe!

Felicia

New Member
Hey Leute, ich bin Felicia (Ja, heiße wirklich so ;-)) und 21 Jahre alt.

Ich wohne in München und studiere Deutsch und Biologie auf Lehramt.

Mein Leben läuft schon seit 2 1/2 Jahren völlig aus dem Ruder.

Ich kann einfach nicht mehr...

Es wäre viel zu zeitaufwändig, wenn ich hier jedes kleinste Detail aus meiner Vergangenheit erörtern würde, weswegen ich mich selbstverständlich auf das Nötigste beschränken werde.

Da ich schüchtern und alles andere als selbstsicher bin, wurde ich während meiner ganzen Schulzeit gemobbt. Mal mehr, mal weniger. Auch das hat seelische Wunden hinterlassen.

Hatte nie mehr als 1-2 Freundinnen, dafür aber ehrliche, darauf kam es mir an.

Jetzt aber zu dem eigentlichen Problem.

Vor gut 2 1/2 Jahren gab es bei mir zu Hause teils richtig heftigen Streit, welcher lange andauerte.

Hintergrund: Meine Eltern kommen aus der Türkei und es gab einfach einige Unstimmigheiten, was meinen Freiraum angeht.

Wir sind Aleviten, also liberale Muslime (Viele Aleviten sehen sich nicht mal als solche und wollen auch nicht als Muslime bezeichnet werden, mal so ganz nebenbei.), wobei meine Eltern eigentlich nie wirklich gläubig in Bezug auf die Ausübung der Religion waren.

Die Verbote bezogen sich auf das "Übliche", sprich: Kein Freund, wenn doch, dann kurz kennenlernen und dann heiraten, bla bla, die übliche Leier halt.

Viel Liebe habe ich leider nie von meinen Eltern erfahren, meine Mutter sprach meist nur mit mir, wenn ich sie anredete, und falls ich es denn tat, war sie meist von den Themen genervt...

"Immer redest du dasselbe, du nervst einfach nur noch" – Und schon ging sie aus dem Raum und verschloss die Tür genervt hinter sich.

Mein Vater ist ebenfalls depressiv, doch was er hat, das weiß ich nicht. Ich habe nur mal gehört, wie meine Oma mit meiner Mutter über seine Kindheit sprach, als sie mich in meinem Zimmer vermutete, ich stand jedoch versteckt an einer Seite der Wohnzimmertür, jedoch knarrte der Boden bei einem Schritt, sodass meine Oma sofort ihr Wort unterbrach und meiner Mutter ein leises"ssshhhh" zuwarf. Ich habe leider nicht wirklich etwas mitbekommen, weiß nur, dass es anscheinend um seine Kindheit ging, für mehr reichen meine übrigen Brocken türkisch nicht aus. Er sitzt jedenfalls die meiste Zeit völlig demotiviert und traurig im Wohnzimmer herum, am Fernseher oder Laptop, sofern er nicht arbeiten ist. Falls er arbeiten muss, kommt er anschließend total kaputt nach Hause und legt sich sofort schlafen. Das nehme ich ihm nicht übel, da seine Arbeit wirklich ein Knochenjob ist, aber mich macht es einfach fertig, dass ich nie seine Liebe erfahren durfte.

Das zu den allgemeinen Hintergründen.

Der Wunsch nach mehr Freiheit, besser gesagt einfach nur einer Beziehung ohne unbedingte "Garantie" (Wann gibt es die schon?), sprich einer baldigen Heirat, wurde von ihnen ständig komplett missverstanden und als "sich durch die Weltgeschichte vö... wollen" verstanden.

Dabei wollte ich einfach nur einen Partner haben und abends ausgehen dürfen.

Während der Streitereien blieb es nicht nur bei dem Thema, da wir in diesen Situationen immer extrem wütend aufeinander waren, wurde natürlich den jeweils anderen alles an den Kopf geworfen, was einen an der Person stört, teilweise auch völlig veraltete Tatsachen und Geschehennisse, die aber trotzdem emotional belastend waren, wenn man daran erinnert wurde.

Irgendwann, nach knapp zwei Jahren Streit, sah mein Vater ein, wie kaputt er mich eigentlich gemacht hatte. Seine Erkenntnis kam hauptsächlich dadurch, dass ich eine stationäre Therapie in Anspruch nehmen musste und ich merkte wirklich sehr, wie traurig er es anscheinend fand, mich dorthin quasi befördert zu haben. Er versprach, sich zu ändern.

Ich durfte mit Freundinnen ausgehen, bis in die Morgenstunden des nächsten Tages, er beschwerte sich nicht mehr über solche Dinge. Einen Freund erlaubte er mir auch, obwohl er weiterhin nicht gerade begeistert klang, wenn ich ihm beispielsweise erzählte, dass ich mich mit einem netten Mann in der Bar unterhalten habe. Oft hatte ich das Gefühl, dass der "Vaterinstinkt" bei ihm wirklich übermäßig ausgeprägt war, ich war immer das kleine Mädchen, das vor allem beschützt werden musste und er gestand sogar mal, dass ihn der Gedanke irgendwie verrückt machen würde, sich seine "kleine Tochter" mit einem Mann vorzustellen.

Seitdem ging es kurze Zeit bergauf.

Doch dann der große Schock.

Eines Tages fuhr ich von der Schule zurück nach Hause.

Mir wurde plötzlich und ungelogen aus heiterem Himmel schwindelig, meine Arme und Beine begannen zu zittern und ich merkte, wie sie begannen einzuschlafen, ich begann zu hyperventilieren, zu schwitzen, mein Herz schlug fast ununterbrochen, mein Blick wurde immer eingeschränkter.

Gott sei Dank befand ich mich gerade auf der Durchfahrt in einem Dorf, hatte die Bushaltestelle kurz vor mir und hielt dann auf dieser Spur.

Ich dachte ungelogen in dem Moment, ich würde sterben.

Seitdem ging es eingentlich nur noch bergab.

Ich traute mich nicht mehr ans Steuer, bildete mir krankhaft lauter Krankheiten ein, schon beim kleinsten Ziepen vermutete ich etwas Tödliches, traute mich gar nicht mehr alleine aus dem Haus, aus Angst, plötzlich in Ohnmacht zu fallen oder sogar zu sterben.

Ich lernte einen Arzt kennen, mit dem ich super reden konnte. Er hatte die Fähigkeit, mir unglaublichen Mut zu machen. Ich begann, wieder kurze Wege von zu Hause aus zu laufen.

Die Angst schien im ersten Moment wie besiegt.

Nach dem Abitur beschloss ich mich, meine damaligen Lieblingsfächer in der Schule auf Lehramt zu studieren. Ich zog dafür nach München, meine Eltern legten überhaupt keinen Einspruch gegen den Auszug von zu Hause ein, sondern betonten, stolz auf mich zu sein, da ich so viel Wert auf Bildung und damit eine geregelte Zukunft legen würde.

Am Anfang war ich voller Lebensfreude und habe mich richtig gut gefühlt, habe es als eine Art Neuanfang gesehen. Doch das war auch bald schon vorbei.

Als ich mal in der U-Bahn saß, wurde mir plötzlich schwindelig, ich glaube ich entging nur knapp einer erneuten Attacke. Seitdem bin ich wieder in meiner alten Situation und lebe jeden Tag mit der Angst vor dem Umfallen, vor Krankheiten etc.

Zu allem Überfluss wurde mein Vertrauen gänzlich missbraucht.

Ich vertraute mich einigen ebenfalls türkischstämmigen jungen Frauen an, welche ich in München kennengelernt hatte. Anfangs machten sie einen sehr hilfsbereiten Eindruck und schienen mich erstzunehmen, jedoch merkte ich schon bald, wie sie meine psychische Labilität ausnutzten und mich davon überzeugen wollten, das "ungläubige" Alevitentum zu verlassen und zu dem "richtigen Islam" zu finden.

Sie erzählten mir immer mehr religiöse Geschichten, vor allem aber von Strafen, die einen für dieses und jene Vergehen erwarten, dass man schon als ungläubig gelte, wenn man nicht regelmäßig bete und keine guten Taten angenommen würden, dass der jüngste Tag angeblich gar nicht mehr so weit weg ist, etc

Seitdem habe ich eine enorme Angst vor Gott, mein ursprüngliches Gottesbild des liebenden Gottes ist seitdem wie zerschlagen, ich stehe schon morgens verängstigt auf und habe Angst vor dem, was mir eingeflößt worden ist. Gerade seitdem ist meine Angst vor Panikattacken und dem Sterben noch allgegenwärtiger geworden als sie es jemals war, ich kann einfach nicht mehr, bin mit den Nerven total am Ende...

Was würdet ihr mir raten?

Termine beim Psychologen haben mir leider bisher nicht helfen können und in die Psychiatrie möchte ich ehrlich gesagt nicht.
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Könnt ihr mich aufmuntern oder ging es vielleicht jemandem ähnlich?

Sorry, dass es so viel geworden ist.
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Liebe Grüße und einen schönen Abend @:)
 

Brunhilde82

Forumskönigin
erstmal vorweg:
respekt, dass du uns dein leben so offen darlegst.
dass du nicht in die psychiatrie kann ich verstehen, und das mit den psychologe halbwegs auch.. nicht jeder psychologe ist gut und vertseht einen.... fallls du noch in münchen lebst, müsste es doch dort div. selbsthilfegruppen geben, oder??
 

HeyÖzgürlük

Well-Known Member
Hallo erstmal.

Ich bin etwas verwirrt aber wenn ich meine ersten Eindrücke zusammenfassen darf:

Ich denke es ist sehr wichtig, dass du professionelle Hilfe in Anspruch nimmst. Ich glaube nicht dass es sonst besser wird. Du kannst dich ja auch nach anderen Ärzten umhören oder dich beraten lassen. Du musst ja keiner Behandlung zustimmen, von der du nicht überzeugt bist.

Zum Thema glauben:
Ich bin selber Alevitin und kenne das Gefühl nur zu gut, dass andere mir einreden wollen wie ich meinen Glauben zu praktizieren hätte.

Du magst dich selber als labil einschätzen, dennoch hast du das Spiel ja gut durchschaut. Das ist doch schon mal positiv. Bist also stärker als du glaubst. Hab Vertrauen in dich!

Entspricht dir denn der alevitische Glaube überhaupt? Falls ja gibt es bestimmt viele alevitische Gemeinden in München. Geh doch vielleicht mal vorbei und rede mit den Leuten (ohne dir auch von denen etwas einreden zu lassen).

Du kannst auch Informationen zu anderen Glaubensrichtungen sammeln.

Nimm an Studentengruppen Teil, nimm Tanz- oder Musikunterricht. Hab Freude am Leben! Geh unter Menschen!

Umso mehr man sich abschottet und alleine bleibt, desto mehr Gedanken macht man sich.

Ich hoffe dir geht es bald besser!! Gib dich nicht auf!! :0) liebe Grüße
 

Felicia

New Member
Danke für die schnellen Antworten.

@Brunhilde: Habe mich darüber ehrlich gesagt noch nicht erkundigt, war allerdings schon mal wo anders in Selbsthilfegruppen und das hat leider nichts gebracht. Meist hat dort nur das große Schweigen geherrscht und auch ich habe mich nie getraut, meine Probleme offenzulegen.
Kann ich auch gar nicht, ohne in große Trauer auszubrechen. Das ist mir vor anderen äußerst unangenehm, da das so weit geht, da ich in solchen Fällen wirklich so fix und fertig bin, dass ich es mit Atemproblemen zu tun habe, mit Schluckbeschwerden, mit Schwindel...
Deswegen war es mir bis jetzt immer am angenehmsten, anonym im Internet nach Rat zu fragen.

@Özgürlük: Das Problem ist, dass ich gerade mitten im Studium bin und mir keine Auszeit leisten kann. Auch in den Semesterferien habe ich immer so viel zu tun, dass ich nie zur Ruhe komme.
Ich war viele Monate wieder insofern stabil, dass von den Panikattacken nichts mehr da zu sein schien, doch gestern im Restaurant... Das war die Hölle... Seitdem kommt alles wieder nach und nach hoch...
Habe mich heute nicht mal alleine zu dem Supermarkt um die Ecke getraut. Musste eine Freundin überreden.
Auch nicht die beste Lösung, aber ich kann ja auch schlecht verhungern. :-(
Das Alevitentum war mir immer sehr verbunden, doch in meinem Kopf ist der Gedanke, dass das Alevitentum eine falsche, sündige Religion sei, schon so weit eingehämmert, dass das einfach nicht mehr verschwindet.

Mir geht es so schlecht... :-(
 

HeyÖzgürlük

Well-Known Member
Papperlapapp :0)

Lass dir von solchen manipulativen Menschen nicht so einen Unsinn einreden.

Du bist ein schlaues Mädchen, dass trotz familiärer Probleme ihr Abitur geschafft hat und jetzt studiert! Du hast dich nie aufgegeben, also tu es auch jetzt nicht.

Du kannst dich nicht zu deinen Gefühlen äußeren, weil dein Vater selber alles in sich gefressen hat und deine Mutter offenbar leider kein offenes Ohr für dich hatte.

Und dennoch: schau wie weit du es gebracht hast!

Falls du dich über das Alevitentum unterhalten willst, kannst du mich gerne anschreiben und wir tauschen uns ein wenig aus.

Menschen mit solchen schlechten Absichten begehen Sünden indem sie dir einreden, dein Glaube wäre "sündhaft". Die wissen doch garnichts über unseren Glauben. Die geben den Unsinn weiter, der ihnen beigebracht wurde.
Die waren nur so töricht, das Erzählte nie zu hinterfragen, sondern einfach als "richtig" zu übernehmen.
 

Brunhilde82

Forumskönigin
Özgürlük hat recht. der alevitentum ist ein teil von dir und fühlst dich damit verbunden... ( egal wat komische ayses oder fatmas von sich geben). in münchen gibt es bestimmt paar cem-evi. such solange bis du was richtiges für dich gefunden hast. ich kann mir auch gut vorstellen, dass die suche als solches gut für dich sein könnte.
hast du denn gar nicht die möglichkeit, dein studium kurzzeitig auf's eis zulegen?? du hast nur diese eine gesundheit und dies eine leben!
 

grünesblau

Well-Known Member
Liebe Felicia,

zunächst einmal schließe ich mich Brunhildes Respekt an, dass Du hier so offen über Dein Anliegen berichtest sowie HeyÖzgürlüks Ermutigung, dass Du stärker bist, als Du es vielleicht selbst gerade glaubst.

Ich verstehe Deine Abneigung gegenüber einem Psychologen oder der Psychiatrie. Es kommt wirklich sehr darauf an, an wen und wohin man gerät. Es wurden ja schon gute Hinweise gegeben, wohin man sich noch wenden kann und ich denke auch, dass es wichtig für Dich ist, Dir professionelle Hilfe zu suchen.
Mit Panikattacken kenne ich mich ein wenig aus (nicht bei mir selbst, aber im sehr engen Familienkreis) und da gibt es z.B. Übungen/Techniken, die einem im akuten Fall ermöglichen, sich selbst zu helfen. Das ist durchaus eine Krankheit, die nicht einfach wieder verschwindet, aber man kann lernen, gut und ohne Einschränkungen damit zu leben. Dann ist es auch nichts Bedrohliches mehr. Klingt jetzt etwas salopp dahin gesagt, aber ich möchte Dir Mut machen, Dich damit zu befassen.

Ich weiß, dass es ein langer Weg sein kann, einen Therapeuten zu finden, der einen Platz frei hat und mit dem man dann auch sozusagen "auf eine gemeinsame Welle kommt" - aber der Versuch ist es wirklich wert. Und wenn man es wirklich möchte, eröffnen sich auch manchmal Wege viel schneller, als befürchtet. Ich spreche da, wie gesagt, aus Erfahrung. Die betreffende Person lebt inzwischen sehr gut damit und das völlig ohne Medikamente.
Vielleicht wählst Du ja wirklich erst einmal den Weg zu einer Selbsthilfegruppe. Schon der Austausch dürfte Dir zeigen, dass Du nicht alleine bist.

Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute!
 

Felicia

New Member
So, ich bin jetzt einfach mal so ehrlich und schreibe alles auf, was zu meinem Unwohlsein beiträgt.
Ja, ich weiß, dass es schon eine extrem krankhafte Angst ist.

Aber es ist so, dass mir mal eine "Freundin" damit Angst gemacht hat, das Ende der Welt würde bevorstehen, wenn die Sonne im Westen aufgeht. Angeblich wäre es wissenschaftlich bewiesen, dass dieser Prozess, der dazu führen wird, schon im Gange ist und schneller als gewohnt abläuft.

Seitdem stehe ich fast jeden morgen schweißgebadet und zitternd auf, renne zum Fenster und schaue, ob die Sonne auch ja an dem richtigen Fleck ist.
Jede Nachricht über ein seltsames Wetterphänomen oder irgendeine Veränderung unserer Mutter Erde versuche ich mit diesen angedrohten Prophezeihungen in Verbindung zu bringen.
Ich bin einfach psychisch am Ende.

Dann noch diese Höllenängste...
Ich träume sogar davon. Wie meine geliebten Menschen um mich herum zusammen mit mir im Höllenfeuer schreien...
Es ist nicht auszuhalten...
 

grünesblau

Well-Known Member
Ja, Deine Angst ist eine Krankheit und Du brauchst Hilfe, um Dich zu heilen!

Schlimm genug, dass Du "Freunde" hast, die Dir solchen Unfug erzählen und dazu noch dieses unsinnige Gerede, Dir Deinen Glauben als etwas Schlechtes darzustellen. Trenne Dich bitte schleunigst von solchen Energieräubern in Deinem Lebensumfeld und denke nur an DEIN Wohl!
 
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