Österreich: Krise nach Strache-Video

Bintje

Well-Known Member
Heribert Prantl lässt kein gutes Haar an Kurz - und erklärt nebenbei elegant, warum dem selbstgemachten Senkrechtstarter nach dem österreichischen Strafgesetzbuch womöglich ein bis zehn Jahre Gefängnis blühen. Lesenswert!


"Karl Kraus hat sich übrigens furchtbar darüber erbost, mit welcher Wurstigkeit Österreicher auf Günstlings- und Vetternwirtschaft, Bestechlichkeit, Schmiererei und auf sonstige Verkommenheiten reagieren. "Wird in Österreich ein Verfassungsbruch begangen", so schrieb er bitter, "gähnt die Bevölkerung". Der Satz ist allerdings schon sehr alt. Er stammt aus der ersten Ausgabe von Karl Kraus' Fackel, also aus dem Jahr 1899. Womöglich hat sich da in über 120 Jahren doch etwas geändert."

.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Die NZZ:
Trotzdem wirkt eine Rückkehr von Kurz in die Regierung oder gar an ihre Spitze, die er und seine Getreuen nun in Aussicht stellen, unrealistisch. Sollte Anklage erhoben werden, wird es Jahre dauern, bis die Vorwürfe gegen ihn geklärt sind. Und selbst wenn er die nächsten Wahlen für die ÖVP gewinnt, wird es ihm nicht gelingen, einen Koalitionspartner zu finden. Das haben die letzten Tage gezeigt. Kurz wird nicht mehr ins Bundeskanzleramt zurückkehren.

 

Mendelssohn

Well-Known Member
Der neue Mann Schallenberg, wie es heißt aus altem Adelsgeschlecht (das soll ja gerade in Österreich immer noch eine bedeutende Rolle spielen, gerade wegen der Abschaffung sämtlicher Adelstitel) hat ja schon verkündet, dass seine ganze Politik mit Kurz abgestimmt werde.
Dass die Mafia sich als Mafia öffentlich outet, beweist nur die Verkommenheit der CDU-Schwesterpartei ÖVP, die sich ja nicht zu schade war, auch mit der FPÖ zu koalieren. Schallenbergs statement ist einfach nur widerlich. So einen Kanzler würde ich in Deutschland nicht wollen. Man stelle sich mal vor: Merkel würde wegen Korruption ihres Amtes enthoben und ihr Nachfolger Altmaier würde sagen, dass er seine gesamte Politik mit Merkel weiter abstimmen werde?
 

Alubehütet

Well-Known Member
Sebastian Kurz hat einen Lichtgestalt-Status, der weit hinein strahlt mindestens in die CSU. Er inspirierte – neben Orban – seinerzeit Seehofer, in der Flüchtlingspolitik in Fundamentalopposition zu Merkel zu gehen. Kurz wird man nicht so einfach los. Zur Wahl stand nicht mehr die ÖVP, sondern die „Liste Kurz“, das traut sich hierzulande nicht einmal Lindner.

2-format2040(6).jpg

ÖVP ohne Kurz wäre eher wie FDP ohne Lindner als wie CDU nach Merkel.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Ach ja, Holger hat angerufen. Holger Klein von Übermedien, und zwar den Chefredakteur vom österreichischen Falter. Das sind die, die mit dem SPIEGEL und der SZ die Ibiza-Geschichte veröffentlicht haben. Es geht viel auch um Hintergrund, die österreichische Politik-Medien-Korruptionskultur generell. Mir war nicht klar, daß das auch schon zurück reicht in SPÖ-Zeiten.
 

Bintje

Well-Known Member
@sommersonne hat dankenswerterweise darauf hingewiesen, dass sich in Österreich ein bisschen was getan hat:

Nanu? Nix los? Es ist doch allerhand passiert. (...)
Herr Kurz wurde als Abgeordneter vereidigt und genießt nun Immunität. (...)
Angeblich will er auf die Immunität verzichten, soll er angekündigt haben - aber das ist weniger heldenhaft, als es klingt. Sie steht ohnehin auf tönernen Füßen und könnte auf Antrag der Staatsanwaltschaft theoretisch jederzeit aufgehoben werden.


Für Menschen mit (außerhalb von Werbezeiträumen bezahlpflichtigem) Plus-Abo empfehle ich übrigens das Spiegel Online-Interview mit Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kern (SPÖ). Darin beschreibt er u.a. sehr plastisch, wie Kurz aus einer von ihm, Kern, geschilderten Blockadehaltung heraus eine migrantenfeindliche Politik salonfähig gemacht und genau die Verhältnisse herbeigeführt habe, aus denen er Honig gesaugt habe. Des weiteren knöpft er sich die österreichische Medienlandschaft und deren ministeriell bezahlten Inserate vor, was es nach Qualitätsmaßstäben zu reformieren gelte. Die SPÖ, Kerns eigene Partei, sei leider mitverantwortlich für das jetzige System, aber welchen gigantischen Umfang das Problem in Austria generell hat, lässt sich an dieser Äußerung ablesen:

"Zum Glück gibt es auch Medien, die nicht vom System profitiert haben. Diese Strukturen zu stärken, müsste jetzt ein dringender Plan sein. (...) Ich war gerade in Berlin und hab das mit Unternehmern diskutiert. Allein die 230 Millionen Euro, die die Bundesregierung über Inserate vergibt, das glaubt Dir dort niemand. Das wären auf deutsche Verhältnisse umgemünzt 2,3 Milliarden. Das ist eine österreichische Anomalie."

Und dann zieht er den Bogen zur Ibiza-Affäre: Kurz habe kalt durchgezogen, wovon Strache auf Ibiza nur schwadroniert habe. Wie gesagt: lesenswert!

 
Top