Der "Humanistische Pressedienst" berichtet über eine rezente und türkischsprachige Informationsveranstaltung der türkischen Atheismusvereinigung "Ateizm Derneği" im Berliner DGB-Haus.
Auszüge:
BERLIN. (hpd) "Ateizm Derneği" – die Vereinigung der Atheisten, die sich gegen den Niedergang des Säkularismus in der Türkei einsetzen, ist ein Beispiel für leidenschaftliches Engagement, säkulare Kräfte auf dem Weg zur Meinungsfreiheit zu sammeln.
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Zu diesen Gegnern Erdogans zählt auch die
Ateizm Derneği – die türkische Vereinigung der Atheisten.
Zehra Pala (37) und Morgan Elizabeth Romano (29), zwei führende Persönlichkeiten des Vereins, waren zu Gast in Deutschland: zur International Atheist Convention in Köln und mit zwei Vorträgen in Köln und Berlin.
Zehra, Vorsitzende und Präsidentin von
Ateizm Derneği ist in Istanbul geboren, Morgan Elizabeth, die Vizepräsidentin, zuständig für internationale Verbindungen, in den USA. Mit Türkisch und amerikanischem Englisch sind sie sprachlich gut aufgestellt.
Bevor die beiden Gottlosen in Berlin den in der Türkei anerkannten Verein vorstellten, waren sie Referenten auf der Internationalen Atheist Convention in Köln, dorthin waren sie aus Istanbul angereist. In "
Schlaglichtern von der IBKA-Convention" hatte Morgan Elizabeth Romano in einem Gespräch betont, wie sehr der Niedergang des Säkularismus in der Türkei in direktem Zusammenhang mit den konservativ-religiösen Ansichten Erdogans und der AKP stehen.
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Die Präsidentin stellte
Ateizm Dernegi vor: 2013 gab eine Facebook-Diskussion den Impuls, Treffen in Cafés folgten und der Verein
Tuzuk Hazivliklari gründete sich mit dem inzwischen leider erblindeten Tolga Inci als Präsidenten.
Das Geheimnis des Vereins sei, so Zehra Pala: "Keine deologische, keine politische Zuordnung." Der Verein sei nicht unpolitisch, aber unparteilich. Gemeinsamer Punkt ist, keiner Religion anzugehören. Atheismus, so Pala, ist in der Türkei zum Schimpfwort geworden. Also sagen sie "Hallo" zu den Gottlosen und zu den Atheisten, auch um zu zeigen, Angst haben wir nicht. Der Verein zählte anfangs 35 Mitglieder, jetzt sind es bereits an die 150. Rechtanwälte gehören auch dazu und, weil sie als Ungläubige keine Anstellung finden, arbeiten sie hier kostenfrei.
Ateizm Derneği ist mit akademischen und sozialen Aktivitäten in Istanbul aktiv, z.B. mit einer philosophischen Schule und ist mit dem "Picknick" besonders bekannt geworden. Einmal in der Woche organisieren sie eine kostenlose Suppenküche in Istanbul und Izmir. "Unser Sonntags-Picknick ist bekannt geworden, es findet am 1. Sonntag in Istanbul und am letzen Sonntag eines Monats in Izmir statt. Unser 12. Picknick zählte 200 bis 300 Teilnehmer, beim ersten waren wir 39. Wir erreichen Intellektuelle, zunehmend die Wissenschaft und Unterstützer. Wir gehen nach außen, die Menschen sollen von uns wissen und sich entscheiden."
Das
Ateizm Derneği-Konzept fordert u. a.
- Befreiung der Kinder vom Zwangsteilnahme am Religionsunterricht, sofern diese der religionslosen Bevölkerungsminderheit angehören. “Religionslos” als gesetzlichen Status bestätigt zu bekommen ist komplikationslos. Dennoch sind alle schulpflichtigen Kinder in der Türkei verpflichtet, am Koran-Unterricht teilzunehmen.
- Aufhebung § 216 des Strafgesetz-Gesetzbuches mit dem die "Verunglimpfung religiöser Werte" unter Strafe gestellt wird. Am Beispiel 2013 wurde Fazil Say in der Türkei wegen Blasphemie zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.
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Ateizm Derneği ist bisher bei allen nationalen Feiertagen auf der Strasse – so beispielsweise zur Demonstration am 1. Mai oder, dem Frühlingsfest und auch am 19. Mai, dem Tag des Sports und der Jugend etc. "Das zieht Kritik nach sich: Die einen sagen, wir wären Faschisten, dann heißt es, nein, das sind Kommunisten. Das alles ist falsch, wir Gottlosen, wir wollen zeigen, dass es uns gibt. Wir gehen auf die Strasse und dorthin gehen wir als Minderheit, als diejenigen, sie keiner Religion angehören."
Zeha Pala zeigt Möglichkeiten auf, die bisher noch kleine Anzahl organisierter Atheisten und Gottlosen in der Türkei zu unterstützen, ohne dort zu leben, z. B.
Mitglied zu werden. Oder der
Facebook-Seite beizutreten, der Seite, die zuvor in der Türkei für drei Wochen gesperrt worden war und der dann wieder geöffnet wurde.
Ungeahnten Disput löste die Frage einer in Deutschland geborenen Frau (mit Migrationshintergrund) aus, mit der nach mehr als 2 1/2 Stunden die Präsentation endete: "Glauben Atheisten an Gott?". Aus der anschließenden immer emotionaleren Diskussion entwickelte sich schließlich ein Polizeieinsatz, ausgelöst durch die nach Gott fragende Zuhörerin, die sich diffamiert fühlte. Drei Polizisten stellten im DBG-Haus in Berlin die Personalien einiger Teilnehmer der Veranstaltung fest.
Das sei bei der Informationsveranstaltung in Köln das gleiche gewesen, berichtet Morgan Romano. Sie denken nicht, dass das Privatpersonen gewesen seien, sondern dass ihre Facebook-Seite von Religiösen mitgelesen werde, die dann aktiv werden. Ob eine Organisation dahinter stehe, wissen sie nicht.
Vollständiger Artikel ("Ateizm Derneği - wir sind nicht allein") hier:
http://hpd.de/artikel/11814