Ich hab das immer nur nebenbei verfolgt, aber diesen DW-Beitrag aus dem vergangenen Jahr fand ich erhellend. Ruprecht Polenz (CDU) ist seit 2015 Sonderbeauftragter der Bundesregierung für den Dialog mit Namibia. Wie gesagt, den aktuellen Stand kenne ich nicht, aber um das hier ging es laut Polenz im August 2020:
"Vertreter der Herero und Nama verlangen vom Bundestag neben einer Entschuldigung eine finanzielle Wiedergutmachung. Deutschland wolle allerdings nicht den Begriff "Reparationen" benutzen. Stattdessen wolle man von "Heilung der Wunden" sprechen. Das namibische Verhandlungsteam halte diesen Begriff aber für unzureichend, so Experte Frederico Links.
Ruprecht Polenz stellt im DW-Interview klar: "Deutschland möchte sich seiner politischen und moralischen Verantwortung für die Verbrechen stellen, die zwischen 1904 und 1908 begangen worden sind." Es sei aber aus Sicht der Bundesregierung keine Rechtsfrage. "Das haben auch Gerichte mehrfach festgestellt, die von Teilen der Herero und Nama angerufen worden sind. Es ist eine politisch-moralische Frage und daraus folgt, dass wir in den Texten und Erklärungen Begriffe wählen, die das zum Ausdruck bringen und keine Begriffe, die in einem engeren Sinne Rechtsbegriffe sind." Die Terminologie werde weiter Gegenstand der Verhandlungen bleiben, erklärt Experte Federico Links aus Windhuk: "Für die Herero und Nama ist es sowohl eine Frage der Ehre als auch eine ganz handfeste materielle Frage: Reparationen zahlt man als Wiedergutmachung direkt an die Opfer oder stellvertretend an ihre Nachfahren."
https://www.dw.com/de/völkermord-an-den-herero-reparationen-oder-heilung-der-wunden/a-54545972
Die diskutierten Pläne haben (oder hatten?) allerdings einen massiven Haken: Nachfahren der Opfer fühlen sich von ihrer eigenen Regierung nicht gut vertreten und monieren, dass sie an den Verhandlungen zwischen Deutschland und Namibia gar nicht beteiligt wurden.
Weiter heißt es im Text:
"In Namibia meldet man derweil, dass die Regierung plane, in den laufenden Völkermordverhandlungen mit der Bundesregierung möglichst noch in diesem Sommer verschiedene Projekte vorzuschlagen, die als Wiedergutmachung dienen sollen. Die Projekte sollen in den Regionen Kharas, Hardap, Khomas, Kunene, Omaheke, Otjozondjupa und Erongo durchgeführt sollen, dort, wo heute noch Nachfahren der Völkermordopfer leben.
Ruprecht Polenz sagt, das sei auch im Interesse der Bundesregierung: "In den Gesprächen sind wir immer gemeinsam davon ausgegangen, dass natürlich ein besonderer Schwerpunkt des Engagements für die berufliche Bildung, für das Gesundheitswesen oder für die Infrastruktur in den Gebieten erfolgen soll, wo die damals besonders betroffenen Communities leben."
Hintergrund der intensivierten Bemühungen von namibischer Seite sollen Geldnöte sein.
Finanzielle und wirtschaftliche Probleme seien durch eine Dürre und die Coronakrise verschärft worden.
Mir drängte sich beim Lesen der Eindruck auf, die namibische Regierung wolle sich durch erfolgreiche Verhandlungen wirtschaftlich sanieren - auf Kosten der Herero und Nama - und es politisch breitflächig als ihren Erfolg verkaufen.