Die von mir genannten Erfahrungen beschreiben eigentlich meine persönlichen Erfahrungen und die zahlreicher Selbstständiger aus dem ALG1 & ALG2 Bezug. Eine Referenz auf das ELO-Forum (1-2 Seiten zuvor) gab ich bereits. Dort kann man die persönlichen Erfahrungen aus erster Hand nachlesen.
Ich wollte mich bereits Ende 2010 Selbstständig machen und ging diesbezgl. zum Arbeitsamt (Zeitgleich mit meiner anstehenden Arbeitslosmeldung, obwohl ich noch in einer Festanstellung war). Die Dame, die mich beriet gab mir nur einen Flyer und das Hochglanzprospekt der BMWI in die Hand. Dort standen im Wesentlichen nur die Dinge drinne, die man auch im Existenzgründerpaket des BMWI hätte selbst nachlesen können.
Im Wesentlichen:
- Was ist Selbstständigkeit
- Unterschiede zwischen Gewerbe und Dienstleistung
- Geschäftsidee
- Businessplan
- Ende!
Alles sehr oberflächlich gehalten und beantwortet kaum irgendwelche Fragen.
Danach änderten sich die Kompetenzen meines Arbeitsamtes und ich wurde einem anderen Arbeitsamt zugewiesen. Dort hatte man eigentlich kein wirkliches Interesse gezeigt für eine Selbstständigkeit. Von einer Förderung gar nicht zu sprechen. Stattdessen wurde ich in eine Maßnahme abgeschoben (per Verwaltungsakt), wo ich mich auf das OCPJP vorbereitet hatte.
Danach kam der TAG X, wo ich ins ALG2 rutschte (nachdem 400 Bewerbungen keinen Erfolg brachten). Mein damaliger Fallmanager (im Übrigen einer der diesen Beruf wirklich als Lehrberuf 3 Jahre erlernte) meinte: "Herr Almancali! Ganz ehrlich! Es wird nicht besser mit dem Arbeitsmarkt. Wenn Sie können (und Sie können), machen Sie sich selbstständig!". Ich bekam einen Termin bei der Dame, die angeblich für "Selbstständige" zuständig war.
Gesagt getan! Ich schnippte mit den Fingern und war selbstständig!
NEIN!
Ich stand dann erstmal da und zerbrach mir über alles Mögliche den Kopf. Mein Vater war gerade das 2te bzw. 3te Mal in Folge im Krankenhaus. Meine Wohnung musste ich aufgeben, Möbel einlagern, zu den Eltern ziehen.
Was ich nicht wollte war:
1) Klinken putzen! Ich wollte nicht mit einem Beruf aufschlagen, der mich von Auftraggebern, Kunden usw. abhängig machte. Ich war bereits Ende der 90'er schonmal Selbstständig (IT) und kenne die absolut schlechte Zahlungsmoral der Auftraggeber. Anschließende Differenzen mit dem Pflichten- und Lastenheft (Vertrag) "Man habe das und das ja so nicht kommuniziert" usw.. Rechtsanwalt und Co.
2) Ich wollte einer Tätigkeit nachgehen, bei der ich mein eigener Chef bin und wo ich ohne Kunden, Chefs und Verträgen mein "Ding" machen kann: "Finanzbranche" -> "Finanzhandel".
Ich erhielt plötzlich einen dicken Brief vom Amt. Statt der erhofften Einladung kamen knapp 20 Seiten mit Fragen bzgl. meiner Selbstständigkeit. Tragfähigkeitsbescheinigung, Kostenaufstellung, Wie ich wann was wo plane, Vorlage des Businessplans und einen Termin bei einem dem Jobcenter ansässigen Unternehmensberaters... Also kein Termin bei der Dame, wo man mal locker vom Hocker was besprechen konnte.
Ich habe die Termine abgesagt und mich an das ELO-Forum gewandt.
Dort habe ich so einiges berichtet bekommen (... um jetzt auf den Punkt zu kommen, warum ich nicht viel vom Arbeitsamt repektive Jobcenter halte). Nehmen wir mal das Arbeitsamt (für ALG1) aus der Betrachtung und betrachten uns nur ALG2 + Selbstständig machen.
1) Die Mitarbeiter im Jobcenter sitzen auf heißen Stühlen. Die Fluktuationsrate is immens groß.
2) Alle paar Monate wird auf Grund des Rotationsprinzips ein neuer Fallmanager für dich bestimmt.
3) Die Ausbildung dieser Fallmanager ist keine Berufausbildung mehr. Die Damen und Herren werden in wenigen Monaten geschult und auf dich losgelassen. Sie spielen dann die Exekutive und Judikative für dich.
4) Es ist mittlerweile fast schon ausgeschlossen, dass das Jobcenter dich bei deiner Tätigkeit in irgendeiner Art und Weise fördert. Die Fördergelder sind quasi gestrichen.
5) Die Unternehmensberater, die aus der Tasche des Jobcenters bezahlt werden, werden deine Unternehmung kaputtrechnen.
6) Die Leistungsabteilung ist eh belastet genug, so dass solche "Selbstständigkeiten" dann auch noch weitere Last für die Mitarbeiter bedeuten... Besonders schlimm, wenn man die vEKS, aEKS, Abrechnungen, Quittungen und Rechnungen usw. denen auf den Tisch legen muss. Die steigen durch den ganzen Mist teilweise selbst nicht richtig durch.
Es ist nämlich so:
Auf Grund der o.g. Gründe (und da sind noch weitere), sind die Jobcenter dazu angehalten, "Selbstständige" an der sehr kurzen Leine zu halten. Da werden mit zahlreichen Argumenten, deine Unternehmung kaputtgeredet bzw. erwartet man volle Tragfähigkeit (in 1-2 Jahren), obwohl du noch weit davon entfernt bist. Da werden teilweise realitätsferne Anforderungen an den Bedürftigen (Aufstocker) gelegt, die nicht haltbar sind.
Auch gibt es keine Rechtsgrundlage, wo man dem Jobcenter eine Tragfähigkeitsbescheinigung seine eigenen Unternehmung geben muss, wenn man keinerlei Fördergelder (die man eh nicht erhält) vom Jobcener erhält. Den Businessplan gibt man schon garnicht aus der Hand, da dies deine eigene Geschäftsgrundlage (und dein heiliger Gral) darstellt. Nach welcher Rechtsgrundlage sollte ich meine Geschäftsplanung einem unbekannten Unternehmensberater vorlegen ?
Der Haufen an Dokumenten diente nur der "Abschreckung" (am besten noch mit der Postzustellerurkunde zugestellt).
Zudem wird man als Arbeitsloser beim ALG2 rechtlich anders hingestellt als beim ALG1. Während man beim ALG1 noch Versicherungsleistungen erhält, bekommt man bei ALG2 Transferleistungen und wird erstmal wie ein "Betrüger" mit "Betrügerischen Absichten" hingestellt.
Wenn man also nicht mit seiner "Selbstständigkeit" konerkariert werden möchte, dann sollte man - so meine persönliche Erfahrung - mit dem Jobcenter sehr vage kommunizieren. Sehr bedeckt halten und versuchen erstmal alles durch Andere externe Quellen in Erfahrung zu bringen (Gründerstammtische, Unternehmer, Unternehmensberater, IHK, Steuerberater und sonstige Quellen, die man anzapfen kann. Gründungszentren).
Die Jobcenter sind auch nix anderes als "Betriebswirtschaftliche Unternehmen", die gegenseitig im Wettbewerb stehen und der Kostensenkungskultur unterliegen. Da werden massenweise "Beschäftigungsmaßnahmen" eingekauft (im 100er Pack) und mit ohne Ermessensgrundlage an die Bedürftigen verteilt.
Im ELO-Forum habe ich schon Dinge gelesen. Da konnten Menschen ihren Laden dichtmachen, weil sie ohne jegliche Ermessengrundlage in eine 6 monatige Maßnahme zugewiesen wurden. Die mussten erstmal einen Widerspruch schreiben und an das SG schicken, um überhaupt aus der Nummer wieder herauszukommen (damit sie weiter arbeiten konnten).
Auf Grund dieser Erkenntnis, zog sich meine "Selbstständigkeit" brechend hin. Ich musste mir einen Vorteil gegenüber des Jobcenters anlesen. Grundlegendes Verständis über SGB2, Die ganzen HEGAs (Handlungs- und Geschäftsanweisungen), Arbeitsunterlagen des Jobcenters bzgl. Umgang mit Selbstständigen und Selbstständigkeit.
Dann! Deine eigene Arbeit selbst. Denn da muss man auch viel Zeit investieren. Sich schlau machen, Webinare, Seminare ansehen, Dokumente ausarbeiten, Markt verfolgen... Ist ja nicht so, als wenn nicht noch 10000 andere Menschen nicht auch auf deinem Zug mitfahren.
Dann! Nebenbei sich noch mit dem BMWI Zeugs befassen, EStG Definitionen zur Selbstständigkeit, bissle Buchhaltung usw.. Am Besten hat mir persönlich das Erstellen eines Businessplans geholfen. Man kann da erstmal alles reinballern und dann nach und nach ausarbeiten. Wird nie perfekt das Ding! Alle paar Monate kannste dich wieder ransetzen und neue Erkenntnisse ergänzen - oder gar Teile verwerfen.
Ich bin in diesen drei Punkten (SGB2, Selbstständigkeit, BMWI Zeugs) nur belesen. Nicht perfekt, aber auch nicht ganz dämlich. Fehler ? Klar ! Allerdings ist das alleine in sich bereits eine riesen Arbeit.
Manchmal komme ich an den Punkt, wo ich diesen ganzen Bürokratenscheiss (nebst dem Jobcenter) hinschmeissen möchte... Allerdings mache ich weiter... Jeden Tag... Immer... Ständig... Selbst!
Montags, Dienstags, Mittwoches, Donnerstags, Freitags, Samstags, Sonntags, Feiertage ... nebenbei noch die häuslichen Belastungen ... Kopfschmerzen ... aber immer weiter ... Ich hätte echt gerne den einen oder anderen Kollegen, mit dem sich die Arbeit teilen lässt bzw. ein eigenes Büro, um den Arbeitsplatzsimulator zu komplettieren.
Richtig wäre ?
Ich wollte nur anmerken, dass mittlerweile ein Zwang zur KV besteht. Die Krankenkassen lassen sich die Kohle nicht entgehen. Allerdings gibt es da irgendwas mit (ersten 6 Monaten ...). Trifft aber nur auf bestimmte Selbstständigen-Gruppen zu. Wenn man Kapitalerträge erzielt (was ja der Finanzhandel ist), dann bekommst du nicht einmal den Satz für die Härtefallregelung.
https://www.krankenkassen.de/gesetzliche-krankenkassen/krankenkasse-beitrag/selbststaendige/
Ich lasse mich hier gerne belehren. Auf dem ELO-Forum konnte mir niemand die Frage beantworten. Wenn es eine rechtliche Möglichkeit gibt, die Kosten zu minimieren, dann käme mir das mehr als gelegen. Ist jetzt nicht so, als wenn ich mich in den KK + PV Sachen wirklich gut auskennen würde.
Edit: Auf Grund der hohen Fluktuationsrate beim Jobcenter, wirst du eh kaum Hilfe finden. Die Leute versuchen sich mit "Arbeiten" erstmal selbst zu helfen. Du kannst davon ausgehen, dass du alle paar Monate einen neuen Fallmanager bekommst. Dort kannst du dann alles wieder von A-Z neu beichten und jeder von denen hat seinen eigenen Plan mit dir. Das was du mit deinen 2 Fallmanagern zuvor vereinbart hattest, möchte ein neuer Fallmanager dann gerne wieder neu vereinbaren oder gar was ganz anderes. Jetzt 2017 - mit der Verschärfung im ALG2 - sind Eingliederungsvereinbarungen bzw. ersetzende Verwaltungsakte eh auf unbestimmte Zeit gültig. Daher mein Rat: Selbst und Ständig. Selbst was auf die Beine stellen und dann das Jobcenter vor vollendeten Tatsachen stellen. Je weniger die wissen, umso besser für dich und dein Vorhaben.
Ich habe schon seit längerem vorgenommen ein Buch zu lesen, aber das Thema sollte nicht das Arbeitsamt sein.
Was lasse ich mich auch auf dein Lieblingsthema ein, selbst schuld.
Ich hatte dir schonmal was dazu geschrieben unszwar das;
By the Way, ich hab hier mal früher ein Satz losgelassen, davon haben sich einige Tagelang nicht erholen können. Ich war 3 Monate Arbeitslos (weiß hat nichts mit Hartz zu tun, ist trotzdem Staat und Hife),
Ich habe insgesamt incl. aller Schulungen, Gründungszuschüssen etc. pp den Staat fast 27000 Euro gekostet. Sie haben mir ohne weiteres Schulungen, Grundungszuschüsse bewilligt, haben mich bei meinem Projekt unterstützt. Haben mir wichtige Adressen ausgehändigt, ich hatte sogar Aussicht auf Mitarbeiter deren Lohn Vater Staat zum Teil für mich übernimmt, die IHK hat mir potenzielle Kundenlisten zu Verfügung gestellt. Das Bundesamt für Emmissionschutz hat mich über Verfahren für umweltfreundlichere Prozesse informiert. Und die haben mir Monat für Monat pünktlich mein Gründungszuschuss überwiesen, auch dann als ich es längst nicht mehr nötig hätte. Deutschland Schlaraffenland, man muss es nur noch zu schätzen wissen.
Für mich fangen die echten Ungerechtigkeiten im diesem Land an, sobald man nicht mehr vom Staat abhängig ist.
Ich bekomme immer noch Tränen vor Rührung für soviel Hilfe, auch wenn Staat mir danach das zigfach wieder aus der Tasche gezogen hat, war es das erste und einzige Mal, das ich Hilfe in Anspruch nahm und die Hilfe kam mit Schaufeln.
Aber zu diesem Thema hatten und haben wir eine grundlegende Meinungsverschiedenheit, das eher in Richtung Lebenseinstellung geht. Mich interessiert es nicht so sehr, wo ich für was vom Staat bekommen kann, wenns was gibt gut, wenn nicht auch gut, bedeutet hab das Geld mitgenommen weils angeboten wurde, wenn es nicht Angeboten wäre, hätte ich nicht eine Sekunde darüber geheult, dass es nicht angeboten wird, dass meine Anträge nicht angenommen wurden usw. und hätte meine Selbstständigkeit trotzdem durchgezogen.
Denn in erster Linie ist jeder für sich selbst verantwortlich. Wenn man nur von sich selbst was erwartet, hat man
auch keine Erwartungshaltung zu anderen.
Zu Thema Krankenkasse, da habe ich dich -oder du Jordan- einwenig Missverstanden. Jordan spricht von Freundin, also ist er wahrscheinlich nicht verheiratet und hat wahrscheinlich keine Kinder, bedeutet PK kein Problem, Kostenpunkt ab 150 Euro und das egal wieviel du verdienst. Über gesetzliche Krankenversicherung macht sich ein Selbständiger ohne Kind und ohne gravierender Vorerkrankungen eh keine Gedanken.