Da es sich nur um einen kleinen Teil des Artikels handelt
Genau das ist der Punkt. Und der Chefredakteur der "Berliner Zeitung" greift es auf und strickt ein wesentlich größeres Stück daraus. Was sagt Dir das?
Ich könnte einige Vermutungen anstellen, aber mach Du mal ...
Was Du zitiert hast, ist natürlich nix Handfestes und liest sich, als sei es ihm in privatem Rahmen unter c) gesteckt worden. Das kann aber inhaltlich so stabil und begründet sein, wie es will: Da findest du gewöhnlich keinen, der damit zitiert werden will. Deswegen erwähnt er es auch nur am Rande im Zuge einer anderen, auf Pelosi zielenden Argumentationslinie, und in der Form eines Essays (das sind die Op-Eds) ist das völlig legitim.
Bemerkenswert finde ich das hier:
"It is as if we don’t want to look too closely under the hood in Kyiv for fear of what corruption or antics we might see, when we have invested so much there. (More on the dangers of that another day.)"
Daraus lese ich zweierlei: Möglicherweise - sogar sehr wahrscheinlich - hat er noch ein paar mehr Karten im Ärmel. Hat man in seinem Job normalerweise, wenn man sich nicht unnötig angreifbar machen will und es nicht liebt, auf dünnem Eis zu tanzen. Und was er schreibt, bestätigt - übrigens nicht nur meinen - Eindruck, dass viele Medien momentan einfach ihren Job nicht machen. Da werden in knalligen Schwarz-Weiß-Rastern in der Regel Agenturmeldungen übernommen oder mit zwei, drei Sätzchen aufgepeppt, von denen eines grundsätzlich lautet, dass die Angaben sich nicht unabhängig überprüfen lassen. Okay, ist so, Krieg halt. Alles schwierig, schon klar. Und natürlich gibt es auch noch weitere Gründe dafür.
Aber dass für Zwischentöne, kritischere Hintergründe oder "nur" das Bedürfnis nach journalistisch mehr Distanz anscheinend überhaupt kein Raum mehr ist, geht mir gewaltig auf die Nüsse. Daraus resultiert auch die m.E. sehr angespannte bzw. polarisierte öffentliche Diskussion: Wer nicht bedingungslos (und ich unterstreiche das Wörtchen bedingungslos!) hinter Selenskyj, der ukrainischen Regierung und deren Forderungen steht, gilt automatisch als Putin-Versteher:in. Keine Frage, dass es solche Leute gibt; die Linke zerbröselt gerade daran. Aber die offenbar alternativlose Wiedergabe regierungsamtlicher Positionen bildet nicht unbedingt das ab, was ich mir unter Journalismus vorzustellen irgendwann mal gelernt habe. Wobei mir das inzwischen wirklich egal ist, none of my business. Trotzdem bemerke ich gelegentlich noch was. Und lausige Berichterstattung geht mir echt auf den Geist.