Normalo 14. Aug, 10:28
Es ist schon schön zu sehen, aus welchen Ecken die tatkräftige Unterstützung für den Klimaschutz kommt (oder sollte ich sagen "medienwirksam Gewissen beruhigt werden"?). Da spendiert doch tatsächlich der schwerreiche Fürstenspross, der sein gewöhnliches Leben in Privatjets und auf "Booten" verbringt, wo wahrscheinlich allein das Anlassen der Motoren soviel Sprit schluckt wie ein Flugreisender auf einem Transatlantikflug verbraucht, sein millionenteures, im Passagiergeschäft eigentlich untaugliches Carbonspielzeug für einen, seemännisch auch noch völlig übers Knie gebrochenen, Trip nach New York. Ein wirklich realistisches Beispiel, wie die globale Klimawende gehen könnte...
[/Ironie]
Wenn Greta Thunberg mit ihrer Wahl des Transportmittels eins klarstellt, dann dass ihre kompromisslosen Zielvorstellungen allenfalls im Rahmen solcher abgefahrenen Ausnahme-konstellationen aus der Welt der Reichen und der noch Reicheren funktionieren können. Und das tun sie nichtmal, denn so eine Atlantiküberquerung im Renntempo gegen Strömung und Passatwind ist eine Materialschlacht sondersgleichen. Allein der zusätzliche Wartungsaufwand macht die eingesparte Kerosinverbrennung im Zweifel wieder wett. Sie täte wesentlich besser daran, es bei einer Teilnahme am Bildschirm zu belassen und sich dafür einzusetzen, dass die anderen weitreisenden Gipfelteilnehmer das auch tun. Aber das wäre natürlich weniger spektakulär...
Und zugegeben: Den Törn würde ich auch nicht auslassen. Ich würde mich nur hüten, ihn als vorbildhaft für eine klimafreundliche Zukunft zu verkaufen. "Ein großer Schluck sportlich gelebte Dekadenz" träfe es eher.
Normalo 14. Aug, 11:37
... Zum Zweiten ist so eine Rennyacht kein verschleißfreier Gebrauchsgegenstand und diese Sorte Querung so in etwa das brutalste, was man ihr antun kann. Um sie nachher zu warten, müssen mehrere Teammitglieder parallel an den Zielort reisen (raten Sie mal wie) und dann müssen Teile ausgetauscht, eventuell die (auch aus Fasermaterial gebackenen) Segel erneuert etc. werden. Die Emissionsintensität eines Linienfluges für Vater und Tochter Thunberg wäre ein Witz dagegen.
Gefahrengebietler 14. Aug, 17:30
Aber einen Haken hat Ihre "Abrechnung". Möglicherweise leben in Amerika ja schon Menschen, die Schiffe warten und reparieren können. Falls ja, müsste gar kein Team dem Boot hinterher über den Atlantik fliegen, oder? ;-)
Normalo 14. Aug, 18:13
@Gefahrengebietler Die Möglichkeit besteht natürlich - theoretisch.
Praktisch ist so ein Schiff wie ein Rennwagen - und zwar eher der oberen Kategorien -, zu komplex einzigartig, innovativ und empfindlich, um es (und das eigene Leben) irgendwem anderen in die Hand zu geben als dem Team, das es bis ins letzte Detail kennt und versteht. Also machen die Teams im Spitzenregattasport ihre Wartung selbst und fragen nicht vor Ort nach, ob hier jemand "was von Booten versteht".
https://taz.de/Greta-Thunbergs-Atlantikueberquerung/!5614867/#bbmessage3831200
Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt, Autor des Artikels
Donnerstag, 21:28
Wenn ich als Journalist etwas erfahre, das für ein Thema relevant ist, kann ich das nicht einfach unterdrücken und meinen Lesern verschweigen. Auch die taz hat in den vergangenen Tagen mehrmals über Gretas Reise in die USA geschrieben. Auch bei uns stand, dass die Fahrt selbst emissionsfrei sei. Aber das ist eben nur die halbe Wahrheit. Heute habe ich die andere Hälfte erfahren, weil ich nachgefragt habe. Darauf bin ich gekommen, da ein Leser unter einem unserer Artikel darauf hingewiesen hatte, wie die Wartung von Yachten nach so einem Törn abläuft. Es ist dann meine journalistische Pflicht, diese andere Hälfte der Wahrheit nachzuliefern.
Das ist keine "Verunglimpfung" von Greta, sondern ein Bericht, der auf einen offensichtlichen Fehler hinweist und der dazu im übrigen auch Gretas Seite zu Wort kommen lässt mit allen Argumenten, die der Seglersprecher mir genannt hat. Dachten Sie etwa, dass Greta eine unfehlbare Heilige ist?
https://taz.de/Kritik-an-Greta-Thunberg/!5615697/