Die zurückgelassenen Kinder

  • Ersteller des Themas nordish
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Yaso2.0

Well-Known Member
Wenn ich mich haette entscheiden müssen,waere ich als Kind in solch einer Situation,ich würde auch auf das Geld pfeifen und lieber Brot statt''Kuchen'' essen,hauptsache ich bin bei meinen Eltern.
Ich glaube,dass kein Kind es begrüssen würde ,in einem Fremden Haus,als im vertrauten Familienhaus zu leben.

Das ist das Problem, er wurde nie gefragt!

Ich denke mal nordish hat sich auch nicht selber dafür entschieden zurück zu bleiben!

Ist wirklich eine sehr sehr tragische Sache, vor allem, weil man es als Erwachsener noch mal deutlicher wahrnimmt!
 
N

nordish

Guest
Ich habe meine Eltern nie vermisst.
Dazu muss ich erklären, dass ich mit 3 Wochen bei meiner Tante gelassen wurde.
Meine Eltern sind 70 nach Deutschland und haben meinen Bruder, der damals 3 war bei meiner Tante gelassen. Dann wurde meine Mutter wieder schwanger und ist nach YU um mich dort zu gebären. Drei Wochen später musste sie wieder arbeiten und hat auch mich bei meiner Tante gelassen.
Ich hatte eine tolle Kindheit... ich wurde behütet, war das Nesthäckchen, meine Tante hatte zwei eigene (ältere) Kinder.... ich war eben dir Jüngste und ich wurde auf Händen getragen.
Ein-zweimal im Jahr kamen meine Eltern, ja ok, schön, und nun? Eltern? Habe ich! Tante und Onkel... mehr Eltern brauche ich nicht.
Irgendwann fing ich an meine Tante Mama zu nennen, sie hat es mir aber verboten.... liebevoll zwar, aber es war verboten.
Meiner Mutter zuliebe wohl.
Ich lebte mit 5 weiteren Menschen auf engstem Raum.... Und es war toll.

Dann entschieden meine Eltern uns Kinder dann doch mit nach D zu nehmen... Ich war 8, mein Bruder 14.
An dem Tag, als ich es erfahren habe, kann ich mich nicht erinnern, auch nicht an die Umstände...
Ich habe nur eine Erinnerung: Wie ich am Abreisetag bei meiner Tante auf dem Schoss sitze und wir beide weinen.
(In der Zeit zwischen der Erkenntnis, dass ich weg muss, und dem Abreisetag wurde ich immer getröstet: Schau mal, du kommst endlich zu deinen Eltern, das ist doch schön. Freu dich doch.
Ich wollte nicht zu meinen "Eltern"... ich hatte Eltern, ich hatte Freunde es war alles toll)
Meine Eltern haben mir, während ich bei meiner Tante lebte, nichts bedeutet. Wie auch? Ich hatte keinerlei Verbindung zu ihnen... emotionaler Art, meine ich.
So, nun musste ich zu denenm von denen alle sagen, dass sie meine Eltern sind.
Meine Tante kam für drei Monate mit... immerhin.
In D angekommen bekamen mein Bruder und ich privaten Deutschunterricht, wo ich "ich bin, du bist, wir sind, ihr seid.. "guten Tag", "Ich heisse ******" und "Ich bin 8 Jahre alt" lernte und wurde dann in die Schule geschickt.
So da war ich nun...

Fortsetzung folgt.... Ich muss mal eine rauchen. ;)
 
N

nordish

Guest
Tja, ein wenig wirr das alles, ich hoffe, ihr könnt dem Gecshreibsel folgen... :)
So... Schule..
Konnte kaum deutsch, ach eigentlich konnte ich gar kein brauchbares Deutsch....
Ich wurde zu H***** gesetzt, einer Jugoslawin zwar, die nur leider kein Wort serbokroatsich sprach. Nun ja, wir sind noch heute sehr gut befreundet, immerhin etwas.
Im Unterricht wurde nicht viel Rücksicht auf mich genommen, der Stoff wurde durchgezogen. Meine Grundschullehrerin war mal ganz gemein und hat mich wochenlang bei meinem Nachnamen genannt, weil ich den Unterschied zwischen Vor- und Nachnamen nicht kannte. Dann aht sie wieder auf meinen Vornamen umgeschwenkt, war ihr wohl selber zu doof mit der Zeit.
Ich habe viel mit Ausländerkindern gespielt, sie haben sich wirklich sehr um mich gekümmert, mir Dinge erklärt, wie was ausgesprochen wird, wie was heisst... Ach, war schon süss.

Nach der Schule war ich im KIGA, damit ich besser und schneller Deutsch lerne. Ich denke, das meiste habe ich auch im KIGA und auf dem Schulhof gelernt.

Zu Hause war es blöd. Meine Eltern haben gearbeitet, mein Bruder war viel älter, meine Freunde wohnten weiter weg. Liebe, Zuneigung? Fehlanzeige, keine Zeit.
Ich war allein.
Aufbegehrt habe ich nie gegen den Umstand, dass ich nun dort leben musste. Ich habe nur einmal gefragt, ob sie mich nicht bitte, bitte, bitte wieder zurückschicken könnten. Sie haben mir erklärt, dass das nicht ginge. Damit habe ich mich abgefunden, und habe einfach gelebt.
Als ich dann langsam deutsch lernte, obwohl, das war gar nicht so langsam, das ging sehr schnell bei mir, habe ich die öffentliche Bücherhalle in der Nähe für mich entdeckt, und habe die Tage durchgelesen.
Bücher waren bei uns zu Hause sonst keine zu finden, es musste gearbeitet und nach der Arbeit noch Büros geputzt werden.
Naja, irgendwann wurde es halt besser, cih lernte das Leben in Deutschland zu mögen, fand neue Freunde, erlernte die Sprache... Und heute bin ich eben die, die ich bin.

Ich muss schon wieder rauchen...
 
N

nordish

Guest
So nun, kommen wir zum eigentlichen Thema... zum eigentlichen Problem:
Wie geht man als Erwachsener Mensch mit diesen Tasachen um?
Ich wurde zurückgelassen, ja.
Diese Tatsache nehme ich meinen Eltern nicht wirklcih übel... das heisst.. das nehemn ich ihnen nicht so übel, wie die Tatsache, dass sie mich aus meinem Leben gerissen haben.

Wir haben diese "Geschichte" nie aufgearbeitet.
EInmal (als junge Erwachsene) habe ich meine Mutter gefragt, warum sie nicht bei uns geblieben ist, Papa hätte doch nach D gehen können, sich zurechtfinden, und uns (also damals meine Mutter und meinen Bruder, cih wäre dann ja automatisch auch in D geboren) nachholen können.
Ihre Antwort war: Ich musste doch auf Papa aufpassen (Hintergrund: ein paar Männer aus dem Dorf haben ihre Frauen und Kinder dagelassen, und haben dann rumgehurt, oder sich eine "Zweitfrau" in D gesucht).
Puhh, das war hart für mich. Ihr war ihr Mann und das Ansehen im Dorf wichtiger als ihre Kinder.
Danach wollte ich nie wieder mit ihr darüber sprechen.
Wenn ich mir dann alte Fotos anschaue, wie sie ganz fröhlich mit ihren Freunden Sylvester oder Geburtstage feiern, damals, während ihe Kinder ganz weit weg waren, dann macht es mich ganz tarurig, weil sie mMn nie so fröhlich hätten sein dürfen. Sie hatten traurig zu sein. So denke ich noch heute, und frage mich, ob das Quatsch ist....

Unser Verhältnis heute ist nicht gut. Ach, es ist auch nicht schlecht im wahrsten Sinne des Wortes... Es ist eben... kühl. Und meine Mutter und ich streiten viel.
Dann haben sie uns auch noch ein zweites mal zurückgelassen.
Sie leben seit ein paar Jahren wieder in der Heimat. Wir hier.

Wenn wir in den Urlaub fahren, und bevor wir ins Dorf fahren die Ferchheit besitzen ein paar Tage an der Küste zu verbringen, ist die Hölle los... Euch ist das Meer wichtiger als wir, heisst es dann...
Dann möchte ich durchs Telefon springen, sie schütteln und ihr alles an den Kopf werfen, was ich so denke...
Kannste ja nicht machen. ;)

Das ist die Kurzfassung... die ganze Situation und meine Gefühle sind viel zu komplex, um das auch nur annähernd beschreiben zu können.

Die zurückgelassenen Kinder haben es bestimmt nicht leicht. Das sitzt tief... sehr tief.
 
J

Junimond

Guest
das ist alles ganz schön traurig, was du da schreibst. ich verstehe deine enttäuschung über deine eltern und du hast auch ein recht darauf wütend zu sein. wahrscheinlich wirst du dich immer gefragt haben, welchen stellenwert du bei ihnen hast. eigentlich müsstest du dir das mal alles von der seele reden können.....also bei ihnen! wenn sie dich natürlich nicht hören wollen, ist es wie eine ohrfeige! puuuuh, das ist bitter!!!
 

ege35

Well-Known Member
Wenn wir in den Urlaub fahren, und bevor wir ins Dorf fahren die Ferchheit besitzen ein paar Tage an der Küste zu verbringen, ist die Hölle los... Euch ist das Meer wichtiger als wir, heisst es dann...
Dann möchte ich durchs Telefon springen, sie schütteln und ihr alles an den Kopf werfen, was ich so denke...

Diese Aussage macht mich fassungslos!
 

luxi72

Well-Known Member

Na ja, schwierig, sie sehen es wahrscheinlich so, dass sie doch immer an ihre Kinder gedacht haben und diesen Schritt gemacht haben damals, hauptsächlich damit es den Kindern später gut geht. Denke nicht, dass es den Eltern, wie jetzt in nordish's Fall bewusst ist, was sie den Kindern sozusagen angetan haben.
Ich denke, ich könnte nicht meinen Mund halten und müsste das einmal gesagt haben. Nicht ein Leben lang drauf rumreiten und auch nicht unbedingt vorwerfen. Aber doch mal darauf hinweisen! Es einmal aussprechen!
 
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