AW: Freiheit
Zitat von rebel:
in einem anderen thread "jede türkin will frei sein" fällt sehr oft das wort freihet. was ist eigentlich freiheit für euch wie definiert ihr es? kann der mensch wirklich frei sein? ich mein bin ich in meinem "freien" denken als mensch nicht schon dadurch eingeschränkt weil ich weis wie ich eine tür öffnen kann. sind gedanken wirklich frei oder sind sie irgendwelchen zwängen unterworfen?
hi rebel, ich habe keine ahnung, um ehrlich zu sein! aber ich vermute, dass freiheit ein verdammt wichtiger und schwieriger begriff ist. es macht wohl sinn, ein wenig darueber nachzudenken.
der mathematiker laplace hat einmal behauptet, wenn man alle notwendigen informationen ueber den jetzt-zustand haette, koennte man die welt im naechsten augenblick berechnen. wenn er recht hat, bleibt da nicht der geringste raum fuer irgendeine freiheit.
neurophysiologen haben einmal einen versuch unternommen, um herauszufinden, wo und wann im gehirn eine bewusste "freie" entscheidung getroffen wird und haben dabei eine ganz interessante feststellung gemacht: bevor sich der mensch im dafuer zustaendigen bereich des gehirns fuer A oder B bewusst und "frei" entscheidet, passiert irgendwo anders im gehirn etwas, das diese entscheidung fuer A oder B scheinbar schon vorwegnimmt. auch dieser befund spricht nicht unbedingt dafuer, dass es so etwas wie freiheit wirklich gibt.
und nicht zuletzt: die zeit schreitet immer in eine richtung voran. das bedeutet fuer uns leider, dass es uns nie gelingen wird, wirklich zweifelsfrei nachzuweisen, dass wir - zeitlich und raeumlich - genau an der stelle, an der wir uns schon einmal fuer A entschieden haben, auch fuer B haetten entscheiden koennen. wir koennten also genausogut von einer zwsangslaeufigen entscheidung fuer A sprechen, obwohl wir vielleicht dachten, uns an jener stelle auch fuer B etnscheiden zu koennen. natuerlich laesst sich auch das aus demselben grund nicht zweifelsfrei nachweisen.
freiheit scheint mir aus diesen ueberlegungen heraus ein konstrukt zu sein, dessen existenz sich nicht nachweisen laesst, das aber dem menschen auf irgendeine weise sehr dienlich sein muss, weil sie doch einen sehr gewichtigen raum in seinem denken und bewusstsein einnimmt.
dahrendorf beschreibt freiheit als einen zustand, in dem alles geht, es aber auf nichts mehr ankommt. diese aussage ist meiner ansicht nach ein sehr praegnanter hinweis auf die ambivalenz und widerspruechlichkeit des konstrukts freiheit.
und ich moechte hier auch noch einmal an meinen einwurf in der diskussion "schicksal" erinnern: meiner ansicht nach ist es unmoeglich, ueber schicksal zu reden, ohne auf freiheit zu sprechen zu kommen, und umgekehrt.