Ist die Republik Türkei mittelbar bedroht?

beren

Well-Known Member
Jetzt wie lange nicht. Einer der Punkte, die Schwächung der Armee wie in diesem Video Erwähnung findet.


Habe ich ja auch schon gesagt.

Die PKK wird die Zeit jetzt schon für sich nutzen können. Natürlich wird es der PKK und dem IS nutzen, wenn die Armee stark geschwächt ist und auch die nächsten sechs Monate höchstwahrscheinlich nur mit sich beschäftigt sein wird.
 

alterali

Well-Known Member
Habe ich ja auch schon gesagt.

Die PKK wird die Zeit jetzt schon für sich nutzen können. Natürlich wird es der PKK und dem IS nutzen, wenn die Armee stark geschwächt ist und auch die nächsten sechs Monate höchstwahrscheinlich nur mit sich beschäftigt sein wird.
Erdogan will ja die Armee verjüngen!

Hoffentlich meint er nicht Kanonenfutter.

Die Familie macht sich doch Sorgen.
 

NeoAslan+

Well-Known Member
Über die umstrittene Verfassungsänderung in der Türkei wird derzeit im Nationalparlament Punkt für Punkt abgestimmt. Sollte der gesamte Entwurf mit 17 Artikeln vom Parlament Ende Januar mit mindestens 330 Stimmen angenommen werden, wird höchstwahrscheinlich das Volk per Referendum darüber entscheiden, ob der Wechsel von der parlamentarischen Demokratie zur Präsidialdemokratie stattfindet oder nicht.

Präsidialdemokratie keine Option, sondern Pflicht!

- Nach der Behandlung im Parlamentsausschuss begann am Montagabend im türkischen Parlament die Debatte über die Verfassungsänderung, die den Wechsel der Türkei zu einer «Präsidialdemokratie» zum Ziel hat. Eine Demokratieform, die, wie von den USA, auch von der überwiegenden Mehrheit der demokratischen Staaten bevorzugt wird und von vielen Verfassungsexperten für die Türkei als «die stabilere Demokratieform» bewertet wird.

Vorausgesetzt der benötigten 330 Abgeordnetenstimmen, wird die 18 Artikel umfassende Verfassungsänderung nach einer mehrtägigen Parlamentsdebatte als Referandum dem türkischen Volk zur Entscheidung vorgelegt. Und wie es aussieht, wird sich die Türkei, genauso wie die weltweite Mehrheit der demokratischen Staaten, für eine Präsidialdemokratie entscheiden. Und dies aus sehr guten Gründen.

Debatte geprägt durch politische Desinformationskampagne

Wie bei vielen anderen Themen bezüglich der Türkei, werden auch bei dieser wichtigen politischen Reform die Leserinnen und Leser der «freien und unabhängigen Presse» leider nicht sachlich informiert. Sich als seriöse Presse abhebende Medien übertreffen sich in einfachen Erklärungsmustern, wie sie normalerweise nur von Rechts- oder Linkspopulisten bekannt sind.

«Erdogan der seine Machtfülle ausbauen möchte baut den Staat in eine Diktatur um», so die einzige und gebetsmühlenartige wiederholte Affirmation von einer Presselandschaft, die von sich behauptet ihren Lesern «Hintergrundinformationen» anzubieten.

Keine sachlichen Argumente aber dafür simple und tumbe «Erklärungen», die nur dem politischen Ziel der «Hetz- und Verteufelungskampagne» dienen und nicht dem Ziel zu informieren. Dabei gibt es sehr interessante und nachvollziehbare Gründe für das Wechseln der Türkei in das demokratische Präsidialsystem.

System nicht abgestimmt auf fehlende Konsenskultur

Der Hauptgrund weshalb Türkei das Präsidialsystem benötigt ist eine fehlende Konsenskultur quer durch alle Gesellschaftsschichten und eine auf diesen Umstand nicht abgestimmte demokratische Staats- und Regierungsform.

Die in Westeuropa vorherrschende Regierungsform der „parlamentarischen Demokratie“ baut prinzipiell auf parteiübergreifende Konsense auf, die jedoch im Falle der Türkei leider seit Jahrzehnten wegen einer «chronischen Konsensunfähigkeit» versagt. All dies rührt jedoch nicht aus einem kulturellen Defizit heraus, sondern einer kulturellen Pluralität in der Gesellschaft.

Die türkische Gesellschaft, das Mosaik der ethnischen Bevölkerung und das bunte temperamentvolle Leben, das sich in leidenschaftlichen Politikkämpfen schon der 16-jährigen ausdrückt, ist also eher mit amerikanischen Verhältnissen vergleichbar, als mit den homogenen europäischen Gesellschaften, deren gesellschaftliche Homogenität sich interessanterweise positiv auf die Konsenskultur auswirkt.

Präsidialsystem stärkt Parlament und verschafft Stabilität

Eine Regierungsform wie die Präsidialdemokratie, in der die Regierung wie in den USA in mehreren Wahlgängen direkt vom Volk gewählt wird und nicht mehr abhängig ist vom fehlenden Konsens im Parlament, könnte der Türkei die dauerhaufte politische Stabilität auch nach der Erdogan-Ära garantieren. Sicher ist, ein gesellschaftlicher Konsens, wie es sich seit 15 Jahren in der politischen Figur Erdogan manifestiert, wird es in der Türkei nach Erdogan nicht geben.

Die von vielen als undemokratisch kritisierte 10-Prozent-Wahlhürde ist zum Beispiel ein Produkt des verzweifelten Versuches einem konsensunfähigen Umfeld parlamentarische Regierungsmehrheiten auf Kosten der Kleinstparteien zu erzwingen. Die 1983 eingeführte 10-Prozent-Hürde hatte das Ziel der durch die chronische Konsensunfähigkeit herbeirührenden politischen Instabilität entgegen zu wirken.

Dass diese unliebsame Hürde nicht immer wirkt, haben die Türken zuletzt in den Neunziger Jahren auf bittere Art erfahren müssen. Trotz Aussiebung der Kleinstparteien durch die 10-Prozent-Hürde haben 9 Koalitionsregierungen innerhalb 11 Jahren (1991-2002) das Land in eine Krise unfassbaren Außmaßes gestürzt.

Egal welche Partei zukünftig gewählt wird, sie sollte zum einen auf eine von der Verfassung garantierte Legitimität und zum anderen nicht auf einen chronisch fehlenden Konsens angewiesen sein. Man erinnere sich noch an die Wahlen 07. Juni 2015, bei der die AK-Partei die Regierungsmehrheit verloren hatte. Drei Oppositionsparteien konnten sich nicht auf eine Koalitionsregierung einigen und nach turbulenten, unsicheren und verlorenen 6 Monaten verschaffte erst eine Neuwahl der AK-Partei eine Regierungsmehrheit.

Die politische Stabilität in einem konsensunfähigen Umfeld garantiert nur die direkte Wahl der Regierung durch das Volk, also das «Präsidialsystem». Zum anderen wird durch den Wegfall der 10 Prozent-Hürde das Parlament und die repräsentative Demokratie gestärkt.

Präsidialsystem schafft Machtkämpfe zwischen Staats- und Ministerpräsidenten ab

Ein mächtiger mit weitreichenden Befugnissen ausgestatteter «oppositioneller Staatspräsident» wie er traditionell in der Türkei existiert, kann die Arbeit der Regierung blockieren und aus ideologischen Gründen eine Staatskrise herbeiführen. Viele Türken mögen sich noch schmerzhaft an den Machtkampf zwischen Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer und Ministerpräsident Bülent Ecevit erinnern, der in einen katastrophalen Finanzcrash mündete.

Die heutige Harmonie zwischen den Institutionen ist nur darauf zurückzuführen, dass Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und Ministerpräsident Binali Yildirim aus dem gleichen politischen Lager kommen und sich gut verstehen. In anderen Konstellationen sind Staatskrisen, das hat die politische Geschichte der Türkei mehrfach bewiesen, programmiert.

Durch das Präsidialsystem wird die «ungünstige Machtverteilung im Staatsapparat zwischen Staatspräsident und Ministerpräsidenten» abgeschafft, das seit Jahrzehnten fast ununterbrochen die parlamentarische Demokratie der Türkei blockiert. Es gibt nur den demokratischen Präsidenten, der regiert, und kein weiteres Staatsoberhaupt, das historisch gesehen als eine Art «republikanischer Monarchenersatz» gilt und über allem und alles steht.

Präsidialsystem verschafft klare Verhältnisse

Die Amerikaner haben mit dem Präsidialsystem für ihre gesellschaftliche Struktur die effektivste Demokratieform gewählt. Genauso wie die Europäer, die für sich mit der parlamentarischen Demokratie die effektivste Art gewählt haben. Doch die politische Entwicklung in der Türkei hat gezeigt, dass die Ausrichtung an das in Europa bevorzugte System ein Fehlgriff war. Die Türken scheinen, was zumindest die politisch-gesellschaftliche Pluralität betrifft, amerikanischer zu sein, als sie es vielleicht wahrhaben wollen.

Das Präsidialsystem schließt Koalitionen aus, bietet den WählerInnen eine klare Identifikationsperson, dem sie durch eine Direktwahl für die nächste Amtszeit die Verantwortung übertragen kann. Es bereitet den historischen Machtkämpfen an der Staatsspitze zwischen Staatspräsidenten und Ministerpräsidenten ein Ende, weil sie die bisherige «defacto Doppelspitze» abschafft. Es schwächt nicht, sondern stärkt das gesetzgebende Parlament und durch die Abschaffung der Wahlhürden partizipieren auch die Kleinstparteien, dadurch wird das Parlament repräsentativer als es je in der türkischen Geschichte war.

Fehlende klare Verhältnisse und instabile Regierungen gepaart mit einer «Anti-Konsenskultur» stellen die größte Bedrohung für die türkische Demokratie dar. Der Plan der regierenden AK-Partei, eine neue Verfassung für ein Präsidialsystem einzuführen ist eine vielversprechende Lösung, für die aus der gesellschaftlichen und institutionellen Strukturen resultierenden Demokratie-Probleme der Türkei. Wenn es um die politische Stabilität geht, ist das Präsidialsystem keine Option, es ist geradezu eine Pflicht.

Verfasser A. Bilgi

Ein brillianter Diskurs!
 

Almancali

Well-Known Member
Eine Rhetorik mit Engelszungen, um selbst den Letzten, die angestrebte Diktatur als etwas Tolles und Notwendiges zu verkaufen. Eine Desinformationskampagne zur angeblichen Desinformationscampagne. Schlau! Muss ich schon zugeben.
 
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