AW: lange Geschichte mit gutem Ende insallah
Mein Mann küsste mich dann auf die Stirn und alle gratulierten uns. Plötzlich sprach mich ein Mann an, den ich bisher noch nicht bemerkt hatte. Er richtete eine kleine Videokamera auf mich und fragte, wie es wäre verheiratet zu sein. Ich war so geschockt, dass ich mir echt einen abstammelte. Er fragte mich dann noch, was meine Eltern zu der Hochzeit sagen würden und warum sie nicht gekommen waren. Ich hatte mich wieder etwa gesammelt und konnte ausreichend Auskunft geben. Mein Mann wurde gefragt, wie wir uns kennengelernt hatten und wie er sich jetzt fühle. Danach sagte der Bürgermeister noch ein paar warme Worte in die Kamera und dann wurde sie abgeschaltet. Ich wusste zwar nicht, wo der Mann mit der Kamera hergekommen war, aber ich fand es einen netten Service, dass unsere Trauung gefilmt wurde.
Die Tür ging auf und es kamen ein paar junge Leute rein. Sie brachten Torte und Saft. Der Bürgermeister lud uns nun stolz zu unserer Hochzeitstorte ein. Das war total super. Mit sowas hätte ich im Leben nicht gerechnet. Das erste Stückchen fütterten mein Schätzchen und ich uns gegenseitig. Wir saßen dann dort noch eine Weile, aßen die Torte und schwatzten etwas. Irgendwann erhob sich die ganze Gesellschaft und wir machen uns wieder auf den Weg nach Hause. Auf der Treppe vom Rathaus fragte mich die Schwester dann, ob ich meinem Mann auf den Fuß getreten hätte. Oh Mist, dass hatte ich vor lauter Trubel ganz vergessen. Ich holte das natürlich sofort nach. Es war schließlich noch nicht zu spät! Mein Süßer war ganz erschrocken, stolperte und wär fast die Treppe runter gefallen. Oh Mann, dass wollte ich doch nun auch nicht. Aber es war halb so schlimm. Er nahm es mit Humor und wir lachten beide drüber.
Zu Hause erzählten wir dann der Mama haarklein, was alles passiert war. Sie bereute es jetzt wirklich, dass sie nicht mitgekommen war. Natürlich hatte ich auch noch einige Fragen, die ich beantwortet haben wollte. Warum hatten wir auf einmal andere Trauzeugen? Dies wurde wohl so vom Bürgermeister festgelegt und niemand traute sich, ihm zu widersprechen. Und wer war nun der zweite Trauzeuge gewesen? Mein Schätzchen kannte ihn nicht, aber Baba meinte, dass der Typ wohl die rechte Hand vom Bürgermeister wäre. Den Namen konnte er mir leider nicht sagen, er kannte ihn nur vom Gesicht her. Na toll! Ein Trauzeuge ohne Name. Ich erklärte dann, dass ich unbedingt den Namen brauche. Was ist denn, wenn es beim Konsulat zu einer Befragung kommt und wir noch nicht mal den Namen vom unserem Trauzeugen wissen. Sehr glaubwürdig! Baba versprach mir dann, dass er morgen gleich los gehen und den Namen besorgen würde. Dann fragte ich noch, wer der Typ mit der Kamera war. Ach ja, das war das lokale Fernsehen. Wie? Ja, ja, der Reporter nimmt immer alles Mögliche auf. Wenn es sich dann lohnt, macht er eine Story draus und es kommt im Fernsehen. Na schön, dass ich das jetzt schon erfahre, dachte ich mir.
Etwas ganz Wichtiges fehlte noch. Wir hatten noch keine Ringe angesteckt. Mein Süßer hatte mir vor der Hochzeit erzählt, dass das dann Baba zu Hause machen würde. Es gab wieder dieses rote Band, was durchgeschnitten werden musste. Mein Mann kam dann mit den Ringen und übergab sie an Baba. Dieser überlegte kurz. Dann schlug er vor, dass sein Onkel doch das Band zerschneiden sollte. Er hatte mich so sehr ins Herz geschlossen und es wäre ihm bestimmt eine große Ehre. Außerdem war er schon sehr alt und krank und man könnte ihm ruhig eine Freude machen. Wir waren natürlich sofort damit einverstanden.
Wir liefen dann alle zusammen schnell zum Onkel rüber. Er saß auf dem Boden und sah gerade fern. Wie immer freute er sich riesig, mich zu sehen. Baba erklärte ihm dann, dass wir gerade geheiratet hatten und er uns die Ringe anstecken sollte. Beim ersten Mal verstand er es nicht richtig. Baba sagte es lauter und zeigte ihm die Ringe. Jetzt wusste er, was wir von ihm wollten. Er war überglücklich. Mit zitternder Hand steckte er uns die Ringe an. Als er das Band zerschneiden wollte, musste Baba ihm helfen. Er wünschte uns alles Gute und drückte uns ganz fest. Mit einem Tränchen im Auge versprach er uns, dass er nicht sterben wird, bevor wir unsere weiße Hochzeit gefeiert hätten. Er würde warten, da er mich unbedingt im Brautkleid sehen wollte. Ich war selber so gerührt, dass ich nicht wusste, was ich sagen sollte.
Nach einer Weile mussten wir aber wieder nach Hause. Anne hatte schon über die Mauer gerufen, dass Gäste für uns bekommen waren. Mit Gästen hatten wir eigentlich gar nicht gerechnet, aber naja, es spricht eben alles sehr schnell rum. Zu Hause war dann schon die Bude voll. Nachbarn und Verwandte waren zum Gratulieren gekommen. Mein Mann fuhr schnell in einen Markt und besorgte Baklava, Knabberzeug und Saft. Wir wollten die Leute ja nicht auf dem Trockenen sitzen lassen. Die Gratulanten kamen bis spät abends. Immer wenn das Haus fast leer war und ich Hoffnung auf etwas Ruhe hegte, kamen schon wieder die nächsten. Die letzten Gäste sind dann so gegen 23 Uhr verschwunden. Ich fiel wie ein Stein ins Bett. Der Tag hatte wirklich mehr geschlaucht, als ich am Vormittag vermutet hatte.