Mal über Erdoğan plaudern

[sommersonne]

Den Gipfel habe ich ausgelassen. Fürs frische Aussehen gibt es Promimediziner und Maskenbildner.
Sicher ist, dass Erdogan schwer angezählt ist.
Millionen von Türken (und türkischen Kurden) würden sich wünschen, dass endlich der Anti-EU-Kurs zum Ende kommt, damit die wirklichen, statt der ideologischen Probleme, bearbeitet werden können. Sie sind es leid, auf den Halbmond eingeschworen zu werden, ohne irgendeine Gegenleistung. Ersparnisse, soweit vorhanden, werden aufgefressen, Arbeit immer mehr entwertet, Russen, Chinesen und sonstige Mafiosi waschen ihr Geld in der Tourismusbranche, während das Hotelpersonal für zwei Euro die Stunde den All-incluve Dreck wegschippt. Und im Dorf geht es ums Überleben, wenn das Geld nicht für den Strom reicht, um die Vorräte zu konservieren.
Im Grunde genommen, ist es egal ob Erdogan "krank" ist oder nicht. Die Türkei wird unter seinem Konterfei als "kranker Mann Europas" in die Schlagzeilen gebracht. Das letzte Mal ist das Deutschland unter Schröder passiert. Dann war er weg. Deutschland nicht.

Ich glaube du irrst. Die nächsten Wahlen werden es zeigen. Die türkischen Wähler sind noch nicht so weit.

Aber mit den Ärzten für Erdogan und ihren Frischhalte-Spritzen, da hast du recht.

 

[sommersonne]

Es könnte etwas dran sein an den Gerüchten das Erdogan krank sei.

Gestern habe ich im Teletext gelesen das Staatsanwaltschaft 30 oder 40 Menschen gerichtlich belangen lässt, die auf einer Page waren auf der sein Gesundheitszustand besprochen wird. Das sei eine Beleidigung Erdogans.
Was den alles beleidigen kann.

 

[Alubehütet]

Das ist aber eine andere und wohlbekannte Beeinträchtigung des Gesundheitszustands Erdogans.

 

[sommersonne]

Das ist aber eine andere und wohlbekannte Beeinträchtigung des Gesundheitszustands Erdogans.

Die ihn aber auch noch nie vom Hocker gehauen hat. Es ist ja alles wieder gut und das Selbstvertrauen ist wieder da wenn die Unbotmäßigen dann hinter Schloss und Riegel sind.

 

[Mendelssohn]

Ich glaube du irrst. Die nächsten Wahlen werden es zeigen. Die türkischen Wähler sind noch nicht so weit.

Irren kann ich mich ja jetzt vor der Wahl noch nicht.
Die AKP muss sich so oder so neu sortieren, wenn sie bestimmende Kraft in der Türkei bleiben und nicht für den ökonomischen Verfall verantwortlich gemacht werden will. Solange die Kaufkraft keinen Schaden nahm, nahm die Wählerschaft die Einschränkung der Meinungsfreiheit, die Korruption im Amt, die Vetternwirtschaft der AKP-Brüder, die Vertrautheit mit den Muslimbrüdern, die Waffenlieferungen an den IS gegen die Kurden und sogar die Inhaftierung der Berichterstatter über all diese Rechtsbrüche in Kauf. Nun nimmt die Kaufkraft aber einen enormen Schaden, so dass erstens mit einer weiteren Abwanderung türkischer Fachkräfte, zweitens mit einer zusätzlicher finanzieller Belastung der in Europa arbeitenden Verwandtschaft und drittens mit einem Vertrauensverlust in die Regierungskunst Erdogans und seiner Mitstreiter zu rechnen ist.
Ich habe bis heute noch keine Türkin und keinen Türken kennengelernt, die oder der nicht rechnen kann.

 

[sommersonne]

Nun nimmt die Kaufkraft aber einen enormen Schaden, so dass erstens mit einer weiteren Abwanderung türkischer Fachkräfte, zweitens mit einer zusätzlicher finanzieller Belastung der in Europa arbeitenden Verwandtschaft und drittens mit einem Vertrauensverlust in die Regierungskunst Erdogans und seiner Mitstreiter zu rechnen ist.

Welche finanzielle Belastung der in Europa arbeitenden Verwandschaft meinst du?
Die wirtschaftliche Schieflage in der Türkei besteht doch nicht erst seit kurzem, sondern schon mehrere Jahre. Außerdem vergisst du das Erdogan und die AKP erfolgreich ein Regime der Angst aufgebaut haben. Das zu überwinden wird für die Türken schwer. Ich bin da weniger optimistisch als du. Aber ich würde mich sehr freuen wenn du Recht behieltest.

 

[Mendelssohn]

Welche finanzielle Belastung der in Europa arbeitenden Verwandschaft meinst du?

Z. B. die finanzielle Unterstützung der Eltern/Großeltern, der verwitweten Schwägerin mit drei kleinen Kindern, des Neffen, der kurz vor seinem Bachelorabschluss steht oder einfach des Jugendfreundes, der seinen Job verloren hat oder dessen Salär nicht mehr ausreicht, die Wohnung zu halten. Gerade die in Deutschland lebende Verwandtschaft gilt als wohlhabend und steht deshalb in der Pflicht. Natürlich weiß man in der Türkei, dass hier auch alles teurer wird, aber man weiß auch vom Sozialsystem, das die Familien im Unterschied zur Türkei entlastet, so dass was an die Seite gelegt werden kann. M. a. W. Erdogans Misswirtschaft betrifft auch die alteingesessene türkische community hier, deren Zögerlichkeit nicht ohne Einfluss bleiben dürfte. Es gab ja gute Gründe, warum Erdogan immer wieder nach Köln kam, um die Deutschtürken auf sich einzuschwören. Mit diesen Bildern aus Deutschland hat Erdogan seine Wahlen gewonnen. Wenn solche Bilder ausbleiben, wird es eng für Erdogan.

 

[EnRetard]

Die Expat-Community in Deutschland steht treu zum Reis und wird sich zuletzt von ihm abwenden. Oder gar nicht.

 

[Mendelssohn]

Die DITIB in Deutschland braucht Erdogan nicht. Umgekehrt braucht Erdogan aber die die DITIB, und die wird einen neuen finden.

 

[EnRetard]

Es geht nicht primär ums Freitagsgebet und Sterbeversicherungen. Ganz viele türkischstämmige Menschen in Deutschland sind Tayyip unendlich dankbar. Er hat sie aufgewertet. Erdogan-kritische Leute kommen aus linken Milieus, sind ganz häufig Kurden und/oder Aleviten.