So funktioniert die Schockdoktrin : Das ursprüngliche Desaster – der Staatsstreich, der Terroranschlag, der Zusammenbruch der Märkte, der Krieg, der Tsunami, der Hurrikan – versetzt die gesamte Bevölkerung in einen kollektiven Schockzustand. Die fallenden Bomben, die Gewaltausbrüche, die hämmernden Sturmböen klopfen ganze Gesellschaften genauso weich wie plärrende Musik und Schläge in der Folterkammer die Gefangenen. Wie der terrorisierte Gefangene, der die Namen von Kameraden verrät und seinen Glauben widerruft, geben schockierte Gesellschaften oft Dinge auf, die sie ansonsten vehement verteidigen würden.[...]
Im südlichen Lateinamerika, wo der heutige Kapitalismus geboren
wurde, war der »Krieg gegen Terrorismus« in Wirklichkeit ein Krieg gegen alles, was sich der neuen Wirtschaftsordnung in den Weg stellte. [...]
Das offizielle Ziel lautete Bekämpfung des Terrorismus, aber de facto war es die Schaffung des Katastrophen-Kapitalismus-Komplexes – einer ausgewachsenen, neuen Ökonomie auf dem Gebiet des Heimatschutzes, des privatisierten Krieges und des Wiederaufbaus nach Naturkatastrophen, mit keiner geringeren Aufgabe als der Errichtung und dem Betrieb eines privatisierten Sicherheitsstaates im Inneren wie im Ausland. Der ökonomische Anreiz dieser umfassenden Initiative erwies sich als stark genug, um dort anzusetzen, wo Globalisierung und Dotcom-Boom die Luft ausgegangen war. Wie das Internet die Dotcom-Blase hervorgebracht hatte, so sollte der 11. September den Antrieb für die Blase des Katastrophen- Kapitalismus liefern.[...]