(..) Ist es Gleichgültigkeit oder das Wissen darum, dass Versprechen, den rechten Sumpf auszutrocknen, nicht erfüllt werden können, weil die Politiker den Sicherheitsapparat nicht im Griff haben?
Vermutlich letzteres. Denk mal an die bleiernen Jahre. Und die Unterschiede.
Natürlich hat sich in der Zwischenzeit sehr viel verändert. Aber die RAF hat der Staat so zügig, entschieden und teils ohne Rücksicht auf Verluste (Schleyer) in den Griff bekommen, dass ich es inzwischen für ein strukturelles Problem halte. Die gestrige PK von Seehofer, Lambrecht, dem Generalbundesanwalt und dem BKA-Chef erweckte zwar glaubhaft den Eindruck von Willen und Entschlossenheit, den Terror mit allen staatlichen Mitteln zu bekämpfen. Und besondere Objekte, insbesondere auch Moscheen, sollen nun verstärkt geschützt werden.
Aber was sagt mir das, wenn ich erinnere, dass derselbe Innenminister noch vor nicht allzu langer Zeit angesichts der AfD nicht diese Partei, sondern Migration als "Mutter aller Probleme" ausgemacht hat?
Was sagt mir das alles, wenn ich bedenke, dass ein Herr Maaßen mit seinen ultrarechten Verschwörungstheorien noch bis vor einiger Zeit oberster Verfassungsschützer war? Und seine Linie ausschlaggebend für Ermittlungsschwerpunkte? Was sagt es mir, wenn ich lese, dass Thorsten W., inzwischen suspendierter Polizeibeamter aus NRW und Mitglied der rechtsextremen Terrorzelle "Gruppe S.", in seinem beruflichen Umfeld schon lange als rechtsaußen bekannt war? Dass er obendrein für die Erlaubnis von Waffenscheinen zuständig war?
https://www.spiegel.de/politik/deut...aendig-a-737769ff-eb64-4ba7-90f3-4b7cda01d50a
Dann denkt man weiter zurück, denkt an den NSU, dessen Verflechtungen mit Staatsschützern, vorherige Anschläge; hochgezogene Augenbrauen angesichts früher Hypothesen von einer Braunen Armee-Fraktion.
Gab's ja alles nicht, gibt-es-nicht. Hieß es. Rechte Spinner. Und die AfD will nur spielen.
Von wegen.
Es ist m.E. ein strukturelles Problem, Man kann es auch Staatskrise nennen. Und dass Menschen in meinem Bekannten- und Freundeskreis, die seit Jahrzehnten hier leben, sich immer weniger heimisch fühlen und innerlich zunehmend auf gepackten Koffern sitzen: haut rein. Macht mich so nachdenklich wie traurig wie wütend. Zwischen dem Nachdenken über Plan B und Demos, bei denen wir uns einig sind, fühlt man sich hilflos. #Wirsindmehr. Glauben wir. Wie lange noch?
Etwas mehr Hoffnung (ausgerechnet!) machte mir dieser Tage eine kurze Meldung:
https://www.presseportal.de/pm/30621/4525955
Wenn der Chef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags negative Wirtschaftsfolgen befürchtet,
müssen sie das ernst nehmen. Werden sie das ernst nehmen. Zynisch gedacht - aber so ist das.