AW: Soll ich die Beziehung wagen oder nicht?
Hallo,
ich möchte gerne einmal ein Update geben und vielleicht mag es ja jemand lesen:
Wie gesagt, ich bin damals nach Istanbul geflogen, wir haben uns einen Tag später getroffen und sind seitdem unglaublich verliebt. Wir verbringen so viel Zeit wie möglich zusammen und ich habe meinen Aufenthalt hier nun noch um einige Monate verlängern lassen. Ich kann nun schon ein recht gutes Basic-Türkisch sprechen, so dass wir uns deutlich fließender unterhalten können. Wir machen eigentlich alles, was ein Paar "nach europäischen Standarts" eben tun würde, und dabei kommt mir alles so normal und natürlich vor, dass ich manchmal wirklich vergesse, wie unterschiedlich unsere Hintergründe eigentlich sind und dann sage ich aus Versehen etwas auf deutsch zu ihm. :lol: Ich habe ein sehr entspanntes Verhältnis zu seinen Brüdern, wir waren mal alle zusammen essen und ich war ziemlich überrascht von der natürlichen Offenheit und der angenehmen Atmosphäre des Beisammenseins - vor allem die Frau seines Bruders hat mich gleich ins Herz geschlossen und mich als eine Art jüngere Schwester behandelt, ich war richtig gerührt.
Und trotzdem: Manchmal bin ich einfach so hin und hergerissen. Ich weiß einfach nicht, wie es mit uns weitergehen wird. Jetzt beispielweise kann ich nicht schlafen - wir haben uns ein paar Tage eine gemeinsame Auszeit gegönnt. Es ist das erste Mal, dass wir eine Donnerstagnacht zusammen verbringen, denn er möchte in dieser Nacht grundsätzlich nicht mit mir zusammen schlafen, um für den Freitag rein zu sein. Meine Güte, ich akzeptiere das ja unter normalen Umständen, wenn auch schweren Herzens, dann geht er eben abends heim oder wir sehen uns an einem anderen Tag. Aber nun sind wir hier eben zusammen "gefangen" und ich dachte, dass das die Situation vielleicht ändern würde, aber Pustekuchen. Er schläft nebenan in einem anderen Raum und verschwindet morgen Vormittag dann erst mal in die Moschee. Ich hatte irgendwie gehofft, dass er mir den Grund dafür vielleicht doch einmal genauer auseinandersetzen würde, denn ich verstehe es nicht wirklich. Macht ihn das in den Augen Allahs irgendwie zu einem besseren Menschen? Wenn jemand dafür einen triftigen Grund kennt wäre ich sehr dankbar für eine Erklärung. Er hat zwar ein, zwei Mal etwas halbherzig etwas dazu gemurmelt, aber ich muss sagen, dass ich mich gerade irgendwie gedemütigt fühle. Als sei ich etwas, das es zu bereuen gelte... Ich vermisse ihn und es wäre erst einmal unsere letzte Nacht zusammen gewesen.
Nun ja. Passend dazu sagt er mir nun immer öfter, wie ernst sich diese ganze Sache für ihn entwickelt. Mann, für mich ja auch. Bis hin zur Heirat, ja. Nur kommt jetzt die Hürde Islam dazu: Er möchte gerne, dass ich muslimisch werde. Und zwar nicht nur, weil sein Vater das will. Sondern weil er das ebenfalls gerne hätte, damit er sich auf lange Sicht nicht mit Sünde belädt. Natürlich habe ich mich längst schlaugemacht und ihn darauf hingewiesen, dass es ja kein Problem für ihn ist, eine Christin zu heiraten. Darauf wollte er sich aber nicht so ganz einlassen.
Er ist ja durchaus bereit zu diversen Kompromissen und Zugeständnissen, beispielsweise hatte ich mich neulich beschwert, dass er sich immer wahnsinnig anstellt, wenn ich ihn um eine kleine Handreichung, einen kleinen Gefallen bitte. Daraufhin meinte er zunächst, dass sich das für einen Mann ja nicht ziemt, sich einer Frau zudiensten zu machen, wenn ich es doch auch selbst erledigen könnte. Ich bin dann ziemlich ausgeflippt und habe ihm erklärt, dass es in meiner Welt mehr als normal ist, für seine Lieben doch auch mal die ein oder andere gute Kleinigkeit zu tun und dass ich mich sonst in seinen Augen sehr herabgesetzt fühle. Woraufhin er recht kleinlaut wurde und zugeben musste, dass ich da ja recht habe und er es eben anders gewohnt ist. Als ich dann meinte, dass ich so ein Verhalten auf Dauer nicht akzeptieren könne und er sich dann ggf. ein folgsames Weibchen suchen solle, das ihn bekocht und betüddelt, sagte er mir, dass das ja nicht sein müsse. Eigentlich würde er nämlich total gerne kochen, das hätte er mit mir festgestellt. Und ich müsse keine Sorge haben, er würde mich verstehen und von mir nichts erwarten, was er nicht auch tun würde. Ich dürfe nur bitte ja seinen Brüdern oder gar seinem Vater etwas davon erzählen, oder gar unsere abgesprochene Gleichberechtigung an den Tag legen, wenn ich dort zu Gast bin. :shock: Das ehrt ihn natürlich auf der einen Seite, zeigt mir aber eben auch, aus welchem Elternhaus er kommt... An diese Abmachung hält er sich übrigens seitdem ganz eisern.
Ach ich weiß auch nicht. An sich ist ja noch nichts konkret. Aber es schwebt eben alles so im Hinterkopf. Er weiß, dass ich es mir absolut nicht vorstellen kann mulimisch zu werden. Aber die Hoffnung stirbt ja zuletzt und ich glaube, er möchte mich nun von der Schönheit seiner Religion überzeugen. Naja, dann viel Erfolg. Meine Familie würde im Dreieck springen... Ich bin gespannt, wie es weitergeht.