Soll ich die Beziehung wagen oder nicht?

Jeanne

Member
Ich weiß nicht - ist es hier gerne gesehen, wenn man erzählt, wie die Dinge weitergelaufen sind? Ich tu's einfach mal...

Ich habe vor einigen Tagen erst wieder hier ins Forum geschaut, weil ich diesen Thread lesen wollte, wissen wollte, wie es anfing und was meine Gedanken damals waren. Hintergrund ist nun, dass mein Freund die Beziehung vor ein paar Wochen beendet hat und ich immer noch sehr trauere. Dazu gleich mehr.

Was ich aber eigentlich gerne erzählen wollte, ist, dass sich die Dinge eigentlich ganz anders entwickelt haben, als sie mir am Anfang schienen. Und zwar haben wir fast alles, was sich kulturell so in den Weg zu stellen drohte, tatsächlich gut abarbeiten können. Sprachlich hatten wir irgendwann überhaupt keine Probleme mehr, ich habe mich in Istanbul immer sehr wohlgefühlt, seine Familie hat mich nicht nur akzeptiert sondern sie lieben mich wirklich - das merke ich jetzt gerade mehr als je zuvor. Die Jahre, die wir miteinander verbrachten, wurden immer schöner und ich wurde immer zufriedener, da er auch immer mehr auf mich zukam und Kompromisse einging. Über religiöse Themen haben wir immer offener sprechen können, er hat da selbst zunehmend gemäßigtere Sichtweisen entwickelt, wir hatten schließlich eine Beziehung, wie jedes normale Paar.

Das war wirklich toll. Nun, was ihn dazu animiert hat, dies alles hinter sich zu lassen, kann man glaube ich subsummieren unter Unzufriedenheit mit sich selbst und mangelndes Selbstbewusstsein. Er leistet nun gerade seinen Militärdienst ab, der ihm immer im Weg stand, endlich einen vernünftigen, perspektivisch langfristigen Job in seinem Wunschbereich zu bekommen. Vorher konnte er ihn nicht absolvieren, weil er seinen kranken Vater pflegte, der nun im absoluten Krebsendstadium ist. Da sich der Termin, an dem er eingezogen wurde, aber nicht mehr verschieben ließ, muss nun die Mutter alleine, mit ein wenig Unterstützung ihres anderen Sohnes, für den kranken Vater sorgen. Für alle Beteiligten also keine schöne Situation und das belastet meinen Freund enorm, ist ja klar. Daneben machte er sich auch viele Gedanken um uns, konnte sich gar nicht vorstellen, wie es ist, mich sechs Monate nicht sehen und kaum hören zu können und steigerte sich dann in Verlustängste bis Eifersuchtsszenarien hinein. Ein solcher Anfall führte dann auch wie gesagt zum Beenden der Beziehung von seiner Seite aus, ich konnte es gar nicht fassen. Ich hätte die Zeit auch ausgestanden, aber für ihn war alles zu viel.

Nun ist er ja gerade beim Militär und ich bedränge ihn nicht, hoffe aber insgeheim doch, dass wir noch einmal zueinander finden. Witziger Weise ist es jetzt aber so, dass seine Familie total betroffen ist, dass er die Beziehung beendet hat. Seinen Vater, für den ich ja ohnehin bereits wie eine Tochter war, ist das gerade besonders schwer, weil er uns eigentlich vor seinem Tod noch glücklich wissen wollte (sprich Verlobung, aber das fanden wir dann doch sehr verfrüht). Und mit seinem Bruder stehe ich viel in Kontakt, der ist da schon manches Mal mein Komplize gewesen.

Ich muss sagen, dass mir diese Familie wirklich sehr ans Herz gewachsen ist, das hätte ich nie so gedacht. Und deshalb musste ich jetzt beim neuerlichen Lesen der alten Beiträge öfter mal lächeln. Dinge kommen doch manchmal anders als man denkt.
 
J

jordan

Guest
[QUOTE=".[/QUOTE]

hi Jeanne, natürlich ist es gerne gesehen, wenn du deine geschichte weitererzählst, es ist ja oft so schade, dass man nicht weiß, wie es weitergegangen ist, ob es geklappt hat oder nicht.

Deshalb, vielen Dank.

Ich spüre aus dem was du schreibst, eine gewisse Fröhlichkeit und Zuversicht, obwohl sich dein freund von dir getrennt hat. was ich nicht ganz verstehe.

du wurdest nun in die Familie aufgenommen, was ja eine sehr gute wendung war und nun schwächelt er?

ich finde, du hast sehr viel auf dich genommen und es ist traurig, dass er jetzt nicht zu dir steht. auch ist natürlich die frage, ob du ihn noch willst. aber das lese ich heraus, dass du kein ende haben willst.

dennoch würde ich dir raten abstand zu nehmen, so wie du es bereits machst. dass die Familie dich nun akzeptiert, scheint ihm nichts zu bedeuten und daher kannst du, leider, darauf auch nicht bauen.

gestalte dein leben ohne ihn, wenn ihr zusammen gehört, wird es auch ohne dein zutun so kommen.

viel glück!
 

Sophia2

Well-Known Member
Hi Jeannine,
lass ihn mal zappeln und sei nicht immer verfügbar. Er wird sich wieder melden und zurück kommen wollen.
Aber wie gesagt, sei nicht gleich verfügbar und lass ihn um Dich kämpfen. Sonst wirst Du öfter solche Situationen haben.
Wichtig ist auch ein eigenständiges Leben.
Du wirst sehen, alles wird gut.
Zudem solltest Du Dir selbst die Frage stellen, ob Du einen schwächelnden Partner an Deiner Seite haben möchtest.
 

Jeanne

Member
Ich spüre aus dem was du schreibst, eine gewisse Fröhlichkeit und Zuversicht, obwohl sich dein freund von dir getrennt hat. was ich nicht ganz verstehe.
Hallo Jordan, danke für deine Antwort. Nun, klar bin ich traurig, dass die Beziehung vorbei ist, und ich merke gerade, wie sehr ich ihn wohl geliebt habe. Aber ich wollte in diesem Forum vor allem meine Erfahrung teilen, dass sich Verhältnisse, die zu Beginn aussehen wie unüberwindbare Hürden, doch manchmal sehr zum Positiven entwickeln können. Ich hätte damals gedacht, dass wenn wir uns einmal trennen sollten, dass es dann aus familiären Gründen sei, dass ich nicht willkommen gewesen wäre oder Ähnliches. Oder dass er aus religiösen Vorbehalten nichts Ernsthafteres wolle. Aber im Gegenteil. Er hat mich seinen Eltern vorgestellt, sie haben mich sehr herzlich aufgenommen, ich habe mich mit der Zeit immer wohler gefühlt. Dass die Beziehung (vermutlich) dennoch gescheitert ist, liegt aber an ganz anderen Dingen, an denen andere, "normale" Fernbeziehungen wohl ebenso zerbrechen.

Vielleicht kommt meine Fröhlichkeit und Zuversicht daher, dass ich so froh bin, dieses Abenteuer eingegangen zu sein, weil ich so viele tolle Dinge erleben und Personen kennen lernen durfte, von denen ich nie gedacht hätte, dass sie einmal meinen Weg kreuzen würden. Und weil ich erlebt habe, dass Menschen sich öffnen und einander annäheren können. Das macht mich ein Stück weit glücklich. Wenn mir jetzt Leute mit einem "Hab ich doch gleich gesagt, dass so eine interkulturelle Beziehung nicht klappen kann"-Blick begegnen, dann denke ich nur: Doch. Gerade das hat geklappt. Und vielleicht macht anderen das ja auch Mut.

Er wird sich wieder melden und zurück kommen wollen.
Aber wie gesagt, sei nicht gleich verfügbar und lass ihn um Dich kämpfen. Sonst wirst Du öfter solche Situationen haben.
Hallo Sophia, danke auch dir! Es wird sich zeigen, was passiert, aber ich bin da sehr offen und ich lebe ohnehin mein Leben weiter, am Alltag hat sich ja nicht viel geändert. Deshalb wird sich zeigen, was passiert. Falls es noch einmal weitergehen sollte, muss in der Tat er aktiv werden, das sehe ich wie du.
 
J

jordan

Guest
[QUOTE Wenn mir jetzt Leute mit einem "Hab ich doch gleich gesagt, dass so eine interkulturelle Beziehung nicht klappen kann"-Blick begegnen, dann denke ich nur: Doch. Gerade das hat geklappt. Und vielleicht macht anderen das ja auch Mut.[/QUOTE]

Hallo Jeanne,

vielen Dank für deine Antwort. Ich finde es super, dass du so sehr in dir ruhst und das Ganze im Falle des Scheiterns als eine bereichernde Erfahrung speicherst. Genau so sollte es sein.

Dass du aber schreibst, die interkulturelle Beziehung hätte geklappt, verwundert mich doch.

Ich denke zwar, wie Sophia, dass es noch ein Kapitel geben kann, aber dass die Beziehung geklappt hat, ist doch im Moment zumindest nicht so.

Wie kommst du dieser Aussage? Ist für dich die Aufnahme in seine Familie wichtiger gewesen, als dass die Beziehung klappt? Er hat sich doch von dir getrennt.

Dennoch, Hut ab und weiter so!
 

Jeanne

Member
Dass du aber schreibst, die interkulturelle Beziehung hätte geklappt, verwundert mich doch.

Ich denke zwar, wie Sophia, dass es noch ein Kapitel geben kann, aber dass die Beziehung geklappt hat, ist doch im Moment zumindest nicht so.
Ja, ich verstehe, was du meinst, aber ich wollte nur sagen: Die Beziehung hat nicht geklappt, das Interkulturelle aber doch in sehr weiten Teilen schon. Also, es lag nicht an unseren kulturellen oder familiären Umständen, wie bei so vielen, die hier um Hilfe und Rat bitten. Sondern die Beziehung endete "ganz normal", weil zwei (oder vielmehr einer) nicht mehr wollten/konnten.

Und danke für deine lieben Worte. :)
 

Sophia2

Well-Known Member
Hi Jeanne,
ich finds toll, dass Du doch sehr selbstbewusst an die Dinge herangehst.
Als ich meinen Mann kennenlernte, hatte ich die ganzen Infos gar nicht und bin so reingestolpert.
Was mir an der Jugend generell so auffällt, dass viel mehr nachgedacht wird, viel geplant wird.
Mein Mann kommt aus einer strenggläubigen Region, die Familie ist noch recht streng in ihren Traditionen verbandelt, aber als wir uns kennenlernten, war das nie ein Thema.
Und ich finde, wenn jemand Schluss macht ohne sich die Mühe zu machen, was der Andere, in dem Fall ja Du, denkt, dann sollte doch mal überdacht werden, ob es das ist, was man sich von einer Beziehung wünscht.
 

Jeanne

Member
Was mir an der Jugend generell so auffällt, dass viel mehr nachgedacht wird, viel geplant wird.
Naja, ohne Internet hätte ich ja auch niemanden gehabt, den ich mal nach Erfahrungswerten hätte fragen können. Aber mittlerweile ist es ja ganz einfach, Erfahrungen zu teilen und zu lesen, das kann manchmal beruhigen, manchmal schreckt es ab. Es ist ja auch nichts falsch daran, miteinander im Austausch zu stehen oder sich zu informieren. Das gefällt mir eigentlich gut. Und was man dann tut, das ist ja wieder eine ganz andere Frage.
Und ich finde, wenn jemand Schluss macht ohne sich die Mühe zu machen, was der Andere, in dem Fall ja Du, denkt, dann sollte doch mal überdacht werden, ob es das ist, was man sich von einer Beziehung wünscht.
Ja natürlich, da hast du recht. Aber trotzdem habe ich aktuell sowas wie ein schlechtes Gewissen, weil ich ihn in der schweren Zeit alleine lassen muss. Das hat er sich natürlich so ausgesucht, aber ich weiß ja, dass es ihm nicht gut geht. Da fällt es mir dann schwer zu sagen, er ist so ein schlechter Mensch, er hat mich nicht verdient. Für mich wäre das kein Trennungsgrund gewesen, für ihn allerdings schon, und das muss ich versuchen zu akzeptieren.
 

Sophia2

Well-Known Member
Hi Jeanne,
warum ein schlechtes Gewissen haben? Jeder trifft eigene Entscheidungen und muss mit den Konsequenzen dann auch leben.
Wer fragt denn Dich wie es DIR dabei geht, was DU möchtest?
Er traf die Entscheidung ja für sich. Du warst bereit gewesen, die Zeit mit ihm durchzustehen.
Mehr konntest/kannst Du nicht tun.
Du solltest einfach mal mehr nach Dir selbst schauen. Auch Du hast Deine Bedürfnisse und Ansprüche oder?
 
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