AW: Soll ich die Beziehung wagen oder nicht?
Also,
vielen Dank für eure lebhafte Diskussion hier. Um da auch noch mal was dazu zu sagen: Er ist definitiv nicht der moderateste Muslim. Er hat bestimmte Grundsätze, die sich auf der einen Seite aus islamischen Vorgaben, auf der anderen Seite aber aus kulturellen Grundsätzen, wie sie in seiner Familie gelebt werden, bestehen. Ich habe nicht das Gefühl, dass er diese, bevor er mich traf, ernsthaft hinterfragt hat. Mittlerweile ist er aber auf einem guten Weg einzusehen, dass wenn schon nicht die religiösen Riten, dann doch aber die Regeln seiner Familie in ihrer Rechtmäßigkeit durchaus wackelig sind. Er verlangt deshalb von mir auch nicht, diese zu befolgen, höchstens, wenn ich zu Besuch wäre. Ich bin selber ganz erstaunt, wie selbstverständlich er jetzt diese Pascha-Verhaltensweisen abgelegt hat. Da hat er früher halt nie drüber nachgedacht und offenbar hat sich da auch keine seiner Freundinnen vor mir dran gestört.
Solange es besser wird, ist das ja auch alles kein wirkliches Problem. Deshalb sehe ich das im Grunde so wie Aylin, das ist seine Lebensweise und das sind seine Werte, die ich, solange es um mich geht, natürlich nur insofern akzeptiere, wie ich das auch will. Solange es aber um ihn geht, soll er natürlich so leben dürfen, wie es ihm gut tut. Verlange ich von ihm andersherum ja auch. Deshalb vielen Dank für deine Einschätzung, Aylin, ich werde ihn in Zukunft bei dem Donnerstagsthema nicht weiter behelligen, sondern, wenn es ihm damit besser geht, soll er sich gerne "unbefleckt" halten können. Sein Argument ist auch nicht, dass er Donnerstag Abends nie Sex wollen würde. Wenn wir verheiratet wären, wäre das für ihn auch gar keine Bedenken wert. Sondern er findet es unpasssend, sich unmittelbar vor dem Freitagsgebet noch bewusst mit Sünde zu beladen. Und das schließt eben nicht nur Sex mit ein, sondern auch das generelle Beziehungsverbot vor der Ehe, und deshalb will er da auch nicht mit mir in einem Bett schlafen. Selten sowas Merkwürdiges erlebt, aber gut, dann soll das eben so sein. Kann ich soweit mit leben.
Aber dieser Wunsch von ihm nach meiner Konvertierung macht mir schon etwas Sorgen. Ich sage ihm zwar immer, dass ich mir das absolut nicht vorstellen kann, aber ich glaube, das Hauptproblem wäre klassischer Weise mal wieder die Familie. Das ganze Spießumdrehen hab ich natürlich schon ausgespielt. Und er versteht mich ja auch. Und dann sagt er: "Na, dann heirate ich eben nicht. Dich nicht und keine andere Frau." Tja... Witziger Weise hatten wir vor ein paar Tagen ein Gespräch, in dem wir beide zugeben mussten, dass wir uns manchmal fragen, wozu wir uns diesen ganzen Stress eigentlich geben. Wäre für ihn ja auch kein Problem, sich ein folgsames Weibchen zu suchen, und dass die alle auf Sex vor der Ehe verzichten ist ja auch eher ein Märchen. Naja, wir lieben uns halt. Und deshalb glaube ich, dass da auch noch in keinster Weise das letzte Wort gesprochen ist. Trotz meiner glegentlichen Verzweifelung glaube ich doch nach wie vor an diese Beziehung.
