Trump vs. Iran vs. USA - und die Folgen

Alubehütet

Well-Known Member
ich glaube nicht, dass die Politiker und Machthaber im Iran willentlich ein Flugzeug mit US- Touristen abgeschossen hätten.
Was ich gelesen habe, war der US-Abschuss damals auch ein Versehen. Bush hat nicht getrauert und sich nicht entschuldigt. Das gehört sich nicht.

Trotzdem finde ich das nicht unmittelbar vergleichbar, ob ich mich bei den eigenen Mitbürgern entschuldigen muß, oder bei denen einer „verfeindeten“ Nation.
 

Msane

Well-Known Member
Als Ergänzung sollte hinzugefügt werden, dass die regimekritischen Demonstranten über die alles redet nur wenige waren.
Man sollte auch nicht denken das die jetzt die USA und Trump lieben nur weil die ihr Regime weghaben wollen.
Viele Menschen im Iran werden sich angesichts des Konflikts aus nationalen Gründen hinter ihr Regime stellen, auch wenn sie die Mullahs nicht leiden können.

Manche glauben ja nur weil ein paar Leute gegen das Regime auf die Straße gehen, würde da jetzt die große Revolution aufziehen.


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Burebista

Well-Known Member
Das iranische Regierungssystem kann nur schwer weggefegt werden, entweder von Außen, durch Krieg, oder von Innen, nicht durch Revolution, sondern durch Generationswechsel.

Ein konventioneller Krieg gegen Iran finde ich unwahrscheinlich. Das Land ist zu groß und die Berge zu hoch und "eng" nebeneinander. Also eine Invasion würde für die Feinde grausam sein. Gezielte Raketen würden nicht viel bringen. Der erste Golfkrieg (1980-1988) war ein konventioneller Krieg, mit Fronten, mit Bomben, auch Chemiebomben usw. usf. Saddam hätte Iran fast besiegen können, da Iran in einem bürgerkriegsähnlicher Zustand war. Die Revolution
geschah
eben kurz zuvor und die Araber (Iraker) waren zu sehr gehasst. Das Volk musste reagieren. Nur die Linksextremisten (Volksmujahedeen / Mojahedin-e Khalq) hielten mit Saddam gegen die Mullahs. Die Armeeführung war dezimiert und fast ohnmächtig. Aber nur weil Khomeini die Sepah, also die Revolutionsgarden, geschaffen hat, konnte die neue Regierung das Land retten und auch sich selbst (innenpolitisch). Heutzutage ist es anders. Es gibt kaum eine Gefahr einer Invasion und die Sepah ist fest im Sattel, kontrolliert sogar den Obersten Führer und könnte anfangs ohne Probleme und ohne die Artesch (die reguläre Armee) eine Invasion stoppen. Falls die feindliche Invasion dauern würde, könnte sich das ganze zu einem WWIII entwickeln.

Revolution kann nicht fruchtbar sein. Das wurde mir sehr oft in Iran gesagt. Die Leute mit denen ich sprach meinten, dass Khomeini von der vorherigen Revolution, die ihn an die Macht gebracht hat, viel gelernt hätte. Und Doppelstrukturen geschaffen. So gibt es parallel zur Artesch die Sepah, wobei die Sepah wichtiger für das Regime ist. Dann gab es bis 1992 neben der Stadt- u. Staatspolizei die Religionspolizei (Komiteh, genannt - die religiösen Komitees), die auf den Straßen waren und alles kontrollierten, damit die Leute islamisch rumlaufen/sich benehmen sollen). Außerdem wurde dann noch eine dritte Polizei gegründet, die Basij, aus "freiwilligen" aber gut bezahlten Fundamentalisten, die als Schlägertruppe gegen Demonstranten galten. Im 1992 gab es eine Reform in der Polizeiorganisation. Komiteh und die Shahrbani (die Staatspolizei) wurden zusammengelegt. Daneben blieb parallel die Basij, die Schlägertruppen während der Protesten. Die Basij sind direkt der Sepah untergeordnet. Während der Blauen Bewegung von 2009 kam es oft, dass die Polizeieinheiten (Shahrbani) Demonstranten von den Basijis retteten. Kann man sich vorstellen... Die eine Polizeieinheit verhaftet dich, wirst aber von der parallelen Polizeieinheit befreit.
Also eine Revolution ist kaum machbar. Die Doppelstrukturen können jeglichen Putch oder Verratversuch stoppen.

Generationswechsel... Und Mullahs... Hm. Das Problem für Iran und selbst für das klerikale Regierungssystems von Iran ist, dass nicht die Mullahs die Macht haben, sondern die Macht wird in ihrer Stelle/in ihrem Namen ausgeübt. Der Staatschef ist der Oberste Führer Khamenei, der auch Großayatollah ist. Es gibt aber im schiitischen Islam noch andere Große Ayatollahs, neben Khamenei. Einer davon ist Ali al Sistani aus dem Irak. Schon vor 1979 wurde Khomeini ohne Zweifel von den Schiiten als gr. Ayatollah angesehen. Khamenei aber nicht, denn er besitzt nicht das Wissen und die Vorbereitung dafür. Wurde durch Korruption und politische Spielereien einige Jahre nach dem Tode von Khomeini als "Gr. Ayatollah" (also nicht politischer Oberster Führer; das war er politisch schon gleich nach dem Tode von Khomeini) proklamiert/promoviert. Die Leute, auch die gläubigen Schiiten, können kein Vertrauen in Khamenei haben, die haben für ihn nur Spott übrig. Die haben mehr Vertrauen in Sistani, welcher ständige Vertretungen in Iran hat; diese Vertretungen werden wirklich besucht (habe es persönlich gesehen).
Ohne die Popularität und die Anerkennung der Leute und sogar der Mullahs musste Khamenei eine Unterstützung finden. Und fand sie in der Sepah. Die jungen Offiziere der Sepah, die aktiv und tüchtig während des Irak-Krieges gekämpft hatten, kamen nun später als Generäle an die wirtschaftliche und dann auch an die politische Macht. Erster Zeichen war 2005, als Rafsanjani, ein Mullah aus der alten Garde, gegen Ahmadinejad, ein Laie, die Präsidentenwahlen verlor. Während Ahmadinejad konnte sich die Sepah durchsetzen; benutzte das klerikale System und den Khamenei, um die Macht auszuüben. Die Wahlen von 2009 wurden ganz verfälscht. Die Sepah setzte sich wieder gegen einen Mullah aus der Revolutionszeit; dieser meinte, dass die islamisch Revolution von 1979 von Mafioten verschlungen wurde. Die Grüne Revolution, die danach folgte, wurde niedergeschlagen, mit dem Segen der Puppe Khamenei.
Die Leute wissen, entweder ob sie Atheisten oder Gläubige sind, dass die Islam. Rep. Iran von einer paramilitären Mafia, genannt Sepah, regiert wird.
Nun ist Khamenei alt und man sagt auch krank. Was geschieht nun?
Es ist so, dass das Volk an vier Art von Wahlen beteiligt ist: Kommunalwahlen, Parlamentswahlen, Präsidentenwahlen und die Wahlen für den Expertenrat. Die ersten drei finden jedes 4 Jahr statt; die letzte Wahl jedes 8 Jahr statt. Dieser Expertenrat ist aus 88 Mitgliedern zusammengesetzt und hat das Recht, den Obersten Führer zu wählen oder zur Rechtfertigung zu stellen.
Die letzte Wahl fand 2016 statt und damals haben die Reformisten bedeutende Stimmen bekommen. Es ist aber schwer zu sagen, wer eigentlich gewonnen hat.
https://en.wikipedia.org/wiki/2016_Iranian_Assembly_of_Experts_election
Man wird sehen, wen der Expertenrat als nächster Oberster Führer wählen wird. Aus interner iranischer Sicht könnte ein Wechsel oder eine Liberalisierung nur vom Expertenrat kommen. Wenn nicht, dann sind Iran und das iranische Volk wirklich zur Hoffnungslosigkeit und Trostlosigkeit verdammt. Oder zur Bereitschaft für Martyrium gegen die oppressive Sepah und einer religiösen Puppenfigur (Oberste Führer), die ganz offen im TV erscheint und ohne Scham sagt (so wie auch 2009): Demonstriert nicht mehr; kehrt zurück in eure Häuser. Wenn ihr weiter demonstriert, dann sollt ihr wissen: wir haben das vom Gott erhaltene Gebot, euch zu töten.

So sieht das ganze aus. Diabolisch!!!
 
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Bintje

Well-Known Member
Die aktuellen Bilder aus dem Iran beweisen wieder welch wichtiges Gut Presse- und Meinungsfreiheit ist.(...)
Die Menschen im Iran bekommen sofort Tränengas ins Gesicht wenn sie das Regime kritisieren.

Nicht nur dort. Auch in Irak und in anderen Staaten. In Irak hängt das aber auch am iranischen Einfluss.
Deswegen, heißt es, gingen die Sicherheitskräfte seit Beginn der Demonstrationen Anfang Oktober ungemein hart gegen Demonstrierende vor.
 

Burebista

Well-Known Member
Was ich früher gepostet habe ist sehr vereinfacht. Die Sache ist wirklich kompliziert.
Unter den Mullahs gibt es auch Gruppierungen (nicht Parteien im staatspolitischen Sinn, sondern Strömungen und Einflusssphären):
- Combatant Clergy Association:
https://en.wikipedia.org/wiki/Combatant_Clergy_Association.
Es war die alte Mullahspartei, die sich im Kampf gegen den Schah schon 1977 organisierte;

- Association of Combatant Clerics: https://en.wikipedia.org/wiki/Association_of_Combatant_Clerics.
Eine Splittergruppe um/für Mousavi, Premierminister von Iran zwischen 1981-1988 und Gründer der Grüner Bewegung 2009. Seine Wahl wurde von der Sepah 2009 nicht zugelassen und verfälscht.
https://en.wikipedia.org/wiki/Mir-Hossein_Mousavi

Es wurde mir gesagt, dass diese 2 Gruppierungen eigentlich die politischen Parteien aus der Isl.Rep.Iran bestimmen.
Für einen Fremden ist es schwierig das ganze zu erkennen.
Fakt ist, dass sich das ganze im Rahmen des Systems des "Welāyat-e Faqih" rumspielt.
Hm.
Andere Strömungen kann/darf es nicht geben.
Die jungen gebildeten Demonstranten, die man gestern und vorgestern sehen konnte, dürfen/können nur diese Pseudo-Wahl haben.
Als Außerstehender kann man nur weinen. Richtig weinen...

PS. War schon vor 2009, also vor der Grünen Bewegung, in Iran. Kannte die Straßen von Tehran. Nach den Wahlen von 2009 verfolgte ich auf Internetseiten die Demos. Juli 2009 habe ich kaum eine Nacht vor 4. Uhr geschlafen. Dann ging ich in Iran und erlebte auch live manche Demos, sah die Basiji auf Motorräder, sah die gepanzerten Polizisten. Es war unglaublich.
Es gibt in Teheran eine sehr lange Straße, die Vali-e Asr Str., fast 20 km. lang (https://de.wikipedia.org/wiki/Valiasr-Straße).
Die läuft von Süd nach Nord.
Es gibt da viele Kreuzungen mit Ost-West Straßen. An der Kreuzung, an der ich stand, war es fürchterlich. Sowas habe ich nie im Leben gesehen. Gruppen von Basijis und von Demonstranten schikanierten sich, brüllten gegeneinander, bewegten sich wie verrückt im Kreis, im Zig-Zag. Basijis sagten den Leuten Hau ab. Leute sagten den Basijis Hau ab.
Zu der Zeit, habe ich später erfahren, wurde Hundert Meter nördlicher geschossen. Und Leute starben.
 
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Alubehütet

Well-Known Member
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat erhebliche Zweifel daran, ob die gezielte Tötung des iranischen Generals Kassem Soleimani durch das US-Militär mit dem Völkerrecht zu vereinbaren ist.
Bei allem Respekt vor deren Arbeit. Aber das sind Wissenschaftler, meint: Die können nur arbeiten mit öffentlich zugänglichen Informationen. Wenn etwa der BND bestätigt oder dementiert: Die Amerikaner haben uns streng geheime Dokumente vorgelegt, und die überzeugen uns/nicht, dann ist das schon weitaus interessanter. Die z.B. hatten nach dem „Putsch“ in der Türkei ja begutachtet: Die Türkei hat uns vertrauliche/geheime Informationen vorgelegt, daß das die Gülen-Leute hauptverantwortlich waren, und das hat uns (in diesem Falle) nicht überzeugt, das hat schon eher Aussagekraft.

Dürfte die USA zumindest aber unter diesem Präsidenten eh kaum interessieren, wie das die deutsche Regierung oder deren Dienste einschätzen.
 
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