Trump vs. Iran vs. USA - und die Folgen

Bintje

Well-Known Member
Also jedenfalls scheint Trump nicht darauf zu setzen, die Not, die die Iran-Embargos verursachen, würden die Menschen dazu bringen, sich gegen das Regime aufzulehnen. Die Iraner dürften hinter ihrer Regierung stehen wie schon lange nicht mehr.

Ich verstehe im Moment überhaupt nicht mehr ein Konzept. Außer „Wir machen es, weil wir es können“.

Hab mich eben nochmal querbeet informiert. Ein Washington-Korrespondent der FAZ fasste gestern schlank zusammen, was die "New York Times" vorher über Trumps Entscheidung berichtet hatte.

https://www.faz.net/aktuell/politik...mani-gerade-jetzt-toeten-lassen-16566544.html

https://www.nytimes.com/2020/01/04/us/politics/trump-suleimani.html

Ich empfehle trotz FAZ auch den NYT-Bericht im Original, weil es da noch kompakter wirkt: demnach sollen Trumps militärischen Berater (offenbar hat er doch noch welche ...) ihm - wie in vergleichbaren Fällen auch seinen Vorgängern Bush und Obama - ein ganzes Tableau von Optionen vorgelegt haben, um auf den Angriff eines amerikanischen Stützpunktes in Kirkuk und die spätere Erstürmung der US-Botschaft in Bagdad zu reagieren.
Die extralegale Tötung war die extremste und folgenschwerste Variante und der Darstellung zufolge lediglich dazu gedacht, ihm eine der anderen schmackhaft zu machen. Bei Trump ging das voll nach hinten los.
Er entschied sich blindlings fürs Extrem - obwohl es aus abgehörten Gesprächen Information gegeben habe, dass Rohani sich vor weiteren, angeblich ins Auge gefassten Anschlägen auf US-Einrichtungen erst mit Soleimani in Teheran habe beraten wollen. Kurzum: in einer Phase, in der Trump deutlich niedrigschwelligere Optionen hätte wählen und nebenbei seine Diplomaten machen lassen können, trieb er den Konflikt bewusst auf die Spitze.
Trumps Administration soll auf den NYT-Bericht noch nicht reagiert haben.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Frank A. Meyer Klare Sprache - die Kolume
Meinst Du das hier?
https://www.blick.ch/meinung/frank-a-meyer/frank-a-meyer-die-kolumne-klare-sprache-id15689234.html
Bei Springer finden sich ähnliche Einschätzungen. Mich überzeugt das noch nicht. Ich verstehe nicht, was die Perspektive sein soll, worauf das hinaus soll.

Soleimani mag ein schiitischen Terrorfürst gewesen sein im Kaliber Bin Ladin. Bin Ladin war zum Zeitpunkt seiner Tötung nur noch eine Symbolfigur, Privatier. Soleimani war mehr; eine Integrationsfigur der Schiiten. Was erreicht man, wenn man ihn droned?
 

Bintje

Well-Known Member
Gestern Sonntag 5. Januar 2020, im SONNTAGSBLICK

verfasst von Frank A. Meyer Klare Sprache - die Kolume

manchmal war ich nicht einverstanden mit seinen Artikeln.

Diesmal aber schon.

Du meintest den hier, nicht wahr?

https://www.blick.ch/meinung/frank-a-meyer/frank-a-meyer-die-kolumne-klare-sprache-id15689234.html

Nun, ich muss sagen, ich finde den Kommentar enttäuschend. Wenig durchdacht. Er redet Trumps Strategie das Wort und bezieht überhaupt nicht mit ein, dass der sich mit seinen maßlosen Drohgebärden auf ein Niveau mit islamistischen Kriegsverbrechern zu stellen beabsichtigt. Immerhin hat er es geschafft, irakische als auch iranische Oppositionelle mit ihren Forderungen erst einmal mundtot zu machen und ebenfalls gegen die USA aufzubringen. Richtig dumm! Dass Europa dazu bisher überwiegend milde und beschwichtigende Worte findet, statt sich klar davon abzugrenzen, finde ich allerdings genau so enttäuschend. Ausgerechnet.
 

santiago

Well-Known Member
Alubehütet und Bintje
Genau dieser Artikel war es. Danke für das Feedback.

Denke Trump, kann nicht alles offen legen, was sein Geheimdienst ermittelte. Auch sein Vorgänger Obama hat mit Drohnen viele unschuldige Menschen getötet. Kollateralschaden quasi.

Bin in vielen Dingen mit der amerikanischen Regierung von Trump auch nicht einverstanden, aber in diesem Fall hat er vermutlich gezielt richtig gehandelt.

Trump hat nur einen einzigen Massenmörder Soleimani, aus der Welt geschafft , welcher tausende unschuldige Menschen ermordete und ermorden lies.

Europa kann gar nicht anders als beschwichtigte Worthülsen herumstreuen.

Vielleicht findet im Iran irgendeinmal doch ein Umdenken in der Bevölkerung statt, d.h. die Iraner lösen sich vom Gottesstaat und ihrer Barbarei, wo jährlich über 1'500 Menschen wegen geringen Delikten (auch Lesben und Schwule) hingerichtet oder zu Tode gepeitscht werden
Der Weg dahin wird zwar beschwerlich sein.

Vorerst ist aber behördlich diktiertes Zwangs-Weinen von Hunderttausenden angesagt. Wehe denen die nicht am Trauerumzug teilnehmen. Dazu gehört auch das Verbrennen der amerikanischen und israelischen Fahne halt.
In wenigen Tagen ist dort wieder Alltag, vielleicht wieder Demonstrationen gegen die iranische Regierung.
 

sommersonne

Well-Known Member
Es gibt Drachen denen immer wieder Köpfe nachwachsen wenn man einen abschlägt. Es wird doch keiner glauben das jetzt Ruhe ist und der Iran aufhört sich einzumischen. Der nächste General steht schon in den Startlöchern.
Trump hat einen Märtyrer erschaffen, sehr wichtig in der arabischen Welt.
Diese Hinrichtung hat alles nur schlimmer gemacht. Die Eskalation könnte im Augenblick nicht größer sein.

Wessen Geistes Kind der Trump ist zeigt sich schon daran das er droht iranische Kulturstätten zu zerstören. Er ist ein Barbar dem man fatalerweise zu viel Macht einräumt.
 
Zuletzt bearbeitet:

EnRetard

Well-Known Member
Trump hat nur einen einzigen Massenmörder Soleimani, aus der Welt geschafft , welcher tausende unschuldige Menschen ermordete und ermorden lies.
Soleimani war ausführendes Organ eines autoritären Regimes, das zur Durchsetzung seiner strategischen Ziele massenhaft zivile Opfer in Kauf nimmt. Trump steht einem zunehmend autoritär agierenden Regime vor, das zur Durchsetzung seiner Ziele massenhaft zivile Opfer in Kauf nimmt. Die Unterschiede für mich sind: Iran beschränkt sich auf seine Region und seine Ziele sind klar erkennbar, im Gegensatz zur Trump-Administration, die ziemlich erratisch weitab von den USA handelt.
 

Burebista

Well-Known Member
Habe auch die Trauerfeier für Soleimani gesehen. Eigentlich müsste heute die Bestattung in Kerman stattfinden.

Ganz erschrocken oder beeindruckt bin ich nicht. War mal dort und habe an einem Quds-Tag eine inszenierte antiamerikanische Demo gesehen und mich gar lustig mit den Demonstranten unterhalten. Die Demo wurde mir schon am Vortag von einem Taxi-Fahrer erwähnt: "Morgen organisieren die
wieder
eine Demo mit antiamerik. Parolen"). Während der Demo ging ich zu den Gestalter (die waren im schönen Anzügen bekleidet) und gratulierte ihnen lachend für die gute Arbeit. Ich sagte, dass ich sowas aus der Ceausescu-Zeit kannte und weiss, dass jede Fabrik, jede Schule, jedes Kindergarten, jedes Sportverein einen besonderen Platz in einer solchen Demos hatten. Die verschwanden ganz einfach, liefen davon. :)
Viele Leute sind in Iran empört, dass die Regierung den Syrern und den Palästinensern hilft. Die Infrastruktur in Iran wird damit vernachlässigt und man provoziert auch Sanktionen. Darunter leiden die Leute. Und nicht zuletzt waren viele Schläger von 2009 gegen die grüne Bewegung arabischsprachig, aus dem schiitisch. Halbmond... Die Populärität für diese geopolitische Strategie der Regierung konnte man schon damals sehen, als ehrlich geschrien wurde: Marg bar Russieh, und nicht Marg bar Amrika (also Tode Russlands und nicht Tode Amerikas). Also Soleimani konnte keine große Popularität gehabt haben. Es ist bekannt, dass er
sich
1999 für die Unterdrückung der Studentenproteste äußerte.

Ja es sind viele Leute auf den Straßen. Es ist bestimmt, wie @santiago schrieb, "behördlich diktiertes Zwangs-Weinen". Vielleicht trauen manche. Die meisten aber haben bestimmt ein Mischgefühl. Nicht, dass sie für Soleimani unbedingt trauen. Viele können es als ein ausländisches Attentat sehen (was ja stimmt), aber es war nicht ausgeübt auf die iranische Armee (Artesch), sondern auf die gehasste Revolutionsgarde (Sepah). Und die Leute machen da Unterschied. Andererseits würden gegen die Trump-Politik alle demonstrieren. 2015 hatten alle eine Hoffnung nach dem Iran-deal. Es ging ein bisschen aufwärts. Aber Trump machte alles kaputt. Die geostrategische Politik betreffend Schiitisches Halbmond ging weiter und man opferte wieder das Volk, indem man die Subventionen für Benzin strich. Es entstanden die Demos in vielen Ortschaften. Folge davon: Hunderte Tote und Internetsperre.

Nach der Ermordung von Soleimani und die vom Klerus/Revolutionsgarde organisierten Trauerzüge ist es nun den Leuten schwerer oder fast unmöglich weiter wegen Benzin und Armut zu demonstrieren. Auch die Liberalen aus der iranischen Politik werden es schwerer haben. Alle könnten als Verräter beschimpft werden (und es wäre gut, nur bei Beschimpfungen zu bleiben). Man wird es schon während den Parlamentswahlen vom 21. Februar sehen können (2016 gewannen die Reformer mit 41%; aber die Macht liegt eigentlich nicht bei der Legislative, sondern bei Khamenei)

Ein General wurde ermordet. Die Radikalen aus dem iranischen Staat haben damit gewonnen, können sich nun freuen. Dem Volk bleibt nur das Trauen übrig. Und das abwarten.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Trump hat nur einen einzigen Massenmörder Soleimani, aus der Welt geschafft , welcher tausende unschuldige Menschen ermordete und ermorden lies.
Eben nicht nur, sondern nur auch.
Soleimani gilt eben auch als großer Feldherr, „der schiitische Rommel“, und er ist eben auch ein Nationalheld.
Vielleicht findet im Iran irgendeinmal doch ein Umdenken in der Bevölkerung statt, d.h. die Iraner lösen sich vom Gottesstaat und ihrer Barbarei, wo jährlich über 1'500 Menschen wegen geringen Delikten (auch Lesben und Schwule) hingerichtet oder zu Tode gepeitscht werden
Jetzt nicht mehr.
 
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