Die
Freie Presse:
Der Dönerkoch aus dem Alanya-Imbiss in der Chemnitzer Innenstadt will als einziger Zeuge vom Fenster des 50 Meter vom Tatort entfernten Ladens aus die Tathandlungen der beiden Verdächtigen gesehen haben. Unter dem Eindruck von Todesdrohungen aus dem Kreis des Angeklagten hatte der inzwischen unter Zeugenschutz stehende Mann seine Aussage später mehrfach relativiert. Besonders dass der Zeuge eben keinen übermäßigen Belastungseifer an den Tag gelegt habe, mache ihn glaubwürdig, fand Anwalt Minkley. Und dass er besonders einen Punkt von Anfang an klar gemacht habe. Ein Messer, so sagte Younis al N. von Beginn an aus, habe er nicht gesehen. Nur jene "stechenden Bewegungen" hatte er beschrieben und vorgeführt. Das mache ihn umso glaubwürdiger, als wenn er aus 50 Metern Distanz ein kleines Messer hätte erkannt haben wollen, implizierte der Nebenklageanwalt. Dass der Zeuge die Tathandlungen aus der Ferne einzelnen Personen habe zuordnen können, entbehre nicht der Logik. Die Blicke des Dönerkochs seien den Beteiligten, die zuvor bei ihm im Lokal einen Döner bestellt hatten, durch das Fenster bis zum Tatort gefolgt. Einem Tatort, der von Laternen hell erleuchtet war, wie der nächtliche Vor-Ort-Termin des Gerichts im Juni bewies. "In Gesamtschau ist die Aussage des Zeugen Al N. als glaubhaft zu bewerten", befand Nebenklageanwalt Oliver Minkley.
Das stellte die Verteidigung wie während des gesamten Prozess diametral anders dar. Ein Freispruch, eine Haftentlassung und eine Entschädigung ihres Mandanten seien geradezu "zwingend", befanden Alaa S.‘ Verteidiger Frank Drücke und Ricarda Lang. Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht.