Was denkt Ihr gerade? (38)

Burebista

Well-Known Member
Speziell für @Alubehütet
A propos Siebenbürgen :)
Es ist zum Lachen aber auch zum Weinen.
Es gibt im Szeklerland, in der Mitte Rumäniens, die Gemeinde Ditrau/Ditro (auf Ungarisch). https://en.wikipedia.org/wiki/Ditrău
Fast 99% sind dort ungarisch-sprachig. Die fast 5.500 Bewohner haben eine riesige und großartige katholische gotische Kirche.
Dort gibt es auch eine Brotfabrik. Aber es gibt kaum Arbeitskraft. Denn viele Ungarn aus RO, wie auch viele Rumänen, arbeiten im Westen.
So hat man in der Brotfabrik Leute aus dem Ausland angestellt. Legal. Erstens sind 2 Männer aus Sri Lanka gekommen. Es müssen noch andere aus Sri Lanka und Nepal kommen.
Nun fing die Hölle los. Das Brot wurde nicht mehr verkauft. Boykott. Die Besitzer der Häuser, in welchen die 2 Männer aus Sri Lanka in Miete wohnten, bekamen Drohungen und so mussten die Männer in einen Nachbardorf ziehen. Die Leute aus Ditrau sind empört. Sie sagen, sie hätten im ungarischen TV gesehen (alle bedeutenden TV Sender aus Ungarn sind im Kabel in Rumänien überall zu sehen), dass das ganze Übel der Migranten von 2 Leuten anfängt. Erstens sind es 2 Leute, dann 2 Familien, dann 2 Dörfer usw.usf. hahaha. Und die Leute aus Ditrau wollen keine Fremde, keine fremde Kultur, besser Rumänen im Dorf (haha, also besser Rumänen) als Leute aus Sri Lanka und Nepal. Die auch noch dunkelhäutig sind...
Heute, Samstag, ist Sitzung des Gemeinderates. Und auf dem Dorfplatz sammeln sich alle Bürger von Ditrau, geführt vom kath. Pfarrer des Ortes, um zu protestieren und zu schreien "Die Fremden sollen weg". Obwohl die 2 Männer aus Sri Lanka auch katholisch sind (sowasss, haha).

Es ist interessant. Die rumänischen Medien aus Bukarest berichten, aber haben fast immer einen Korrespondenten aus Budapest, der mit berichtet. Kondominium Siebenbürgen.
Es ist tatsächlich so. Die alte Grenze zwischen Österreich-Ungarn und Rumänien von 1918 ist auch jetzt noch lebendig und wird als eine innere Grenze gespürt.

Hier eine Nachricht darüber, sicher aus Budapest. :)
https://dailynewshungary.com/unbeli...oa3G5ZOjx3uBnhUngCXjbuhiZllR3pSnPjMZDbx-coAcE

PS. Ironie und Scham. Das Kulturzentrum der Gemeinde Ditrau führt den Namen Sandor Csoma. Der war ein berühmter Orientalist aus dem Szeklerland und Autor eines Tibetisch-Englischen Wörterbuches.
https://en.wikipedia.org/wiki/Sándor_Kőrösi_Csoma
 
Zuletzt bearbeitet:

sommersonne

Well-Known Member
Man hat wirklich den Eindruck die halbe Welt ist verrückt geworden und ein Verschiebebahnhof.
Denkst du die Leute in dem Dorf wären weniger fremdenfeindlich wenn der ungarische Einfluß nicht wäre?

Der kathol. Pfarrer sollte sich schämen.
 

Burebista

Well-Known Member
Man hat wirklich den Eindruck die halbe Welt ist verrückt geworden und ein Verschiebebahnhof.
Denkst du die Leute in dem Dorf wären weniger fremdenfeindlich wenn der ungarische Einfluß nicht wäre?

Der kathol. Pfarrer sollte sich schämen.
Wie gesagt, die ungarischen TV-Sender werden überall in Rumänien im Kabel gesehen, auch in Hotels in Gegenden, wo es keine ungarische Minderheit lebt.
Ich gucke selten ungarisches Fernsehen. Es gibt dort eine sehr scharfe nationalistische Propaganda, inklusive anti-Migration. Im Szeklerland, wo die Bevölkerung über 80% ungarisch ist, wird nur ungarisches TV geguckt. Es entsteht (eigentlich entstand) eine ungarische Parallelgesellschaft, die die Gehälter vom rum. Staat bekommt (ich meine hier die Staatsangestellten), aber kaum Radio und TV Bukarest hören/schauen. Es gibt auch ein zentrales ungarisch-sprachiges Siebenbürger TV Sender, der dann die Bukarester Nachrichten übernimmt. Es kann komisch klingen oder erscheinen, aber wir sind hier mit diesen parallelen national-ethnischen Erscheinungen gewöhnt. Man lebt halt nebeneinander, nicht miteinander, aber in Ruhe und Frieden. :)

Ein Problem wäre, dass die Fidesz eigentlich alle ungarisch-sprachige Medien gekauft hat und es den Rumänien-Ungarn nicht mehr möglich ist, kritische Artikeln zu veröffentlichen. Das habe ich von manchen rumänien-ungarischen Freunden gehört. Die ungarisch-sprachige Medienlandschaft in Rumänien ist von Fidesz gleichgeschalten. Viele sind froh, in Rumänien zu leben, weil es wenigstens auf Rumänisch freie Presse gibt.

Es kommt noch dazu, dass viele Rumänien-Ungarn (aber auch Rumänen...) doppelten Pass haben. Rumänisch und Ungarisch. Und all diese haben das Recht, für das ung. Parlament zu wählen. Die Ungarn-Partei aus Rumänien https://en.wikipedia.org/wiki/Democratic_Alliance_of_Hungarians_in_Romania ist jetzt Fidesz unterstellt. Als die ungarischen Sozialisten in Rumänien kamen, Wahlpropaganda zu machen, fragte der Leiter der Ungarnpartei aus Rumänen direkt: "Wie haben die ungarischen Sozialisten es gewagt, nach Siebenbürgen zu kommen? Wissen die nicht, wen die Siebenbürger wählen?"

Siebenbürgen liegt in Rumänien. Aber durch die Doppelstaatsangehörigkeit vieler Leute und durch die Restitution des alten Eigentums und durch die Medienlandschaft ist es ein besonderes Territorium. Fast ein Kondominium.

Die Wirklichkeit kann man jetzt sehen, im Fall Ditrau. Das ungarisch-orbanistische Koronavirus ist wirklich ansteckend... man kann nur lachen und weinen.
 

Burebista

Well-Known Member
Die Sitzung in Ditrau wurde beendet. Die 2 Männer aus Sri Lanka dürfen bleiben und arbeiten. Aber so, dass sie nicht dazukommen, das Endprodukt (das Brot) anzutasten.
Fürchterlich. Mittelalter...:eek::eek::eek::mad::mad::mad:
 

eruvaer

Well-Known Member
Hier heißt es aus der Bäckerei seien sie entlassen, aber jemand der ein Restaurant in einer nahegelegen großen Stadt eröffnet, möchte in diesem Ausländer anstellen. So seien sie Kunden gewarnt und in seinen bestehenden wurde es wegen Beschäftigter Ausländer keine Einbüßen geben.
Er hätte als der Bäcker die beiden nicht entlassen und auch den Verlust des Geschäfts in Kauf genommen und eine Revolution gestartet.
Ganz so couragiert klingt sein Plan nun nicht.

Wobei ich mir gar nicht so sicher bin, wer da nun der Böse ist, da dass Dorf eine Schule hat die Bäcker ausbildet, aber die Arbeitsbedingungen in dieser Bäckerei so sehr schlecht seien, dass sie nicht zumutbar waren und der Bäcker besser die Bedingungen verbessern, als billige Arbeiter aus dem Ausland anzustellen...


https://www.romania-insider.com/romania-ditrau-bread-factory-workers-sri-lanka
 

Burebista

Well-Known Member
Hier heißt es aus der Bäckerei seien sie entlassen, aber jemand der ein Restaurant in einer nahegelegen großen Stadt eröffnet, möchte in diesem Ausländer anstellen. So seien sie Kunden gewarnt und in seinen bestehenden wurde es wegen Beschäftigter Ausländer keine Einbüßen geben.
Er hätte als der Bäcker die beiden nicht entlassen und auch den Verlust des Geschäfts in Kauf genommen und eine Revolution gestartet.
Ganz so couragiert klingt sein Plan nun nicht.

Wobei ich mir gar nicht so sicher bin, wer da nun der Böse ist, da dass Dorf eine Schule hat die Bäcker ausbildet, aber die Arbeitsbedingungen in dieser Bäckerei so sehr schlecht seien, dass sie nicht zumutbar waren und der Bäcker besser die Bedingungen verbessern, als billige Arbeiter aus dem Ausland anzustellen...


https://www.romania-insider.com/romania-ditrau-bread-factory-workers-sri-lanka

Habe mehrere Webseiten gelesen. Entlassen wurden sie doch nicht. Die Direktorin hat sich bereitgestellt, die 2 Männer in einer anderen Abteilung der Fabrik zu schicken, sodass sie nicht mehr an das Brot kommen können. Die 2 wohnen in einem Nachbardorf.

Die Sache ist noch nicht erledigt, wie ich gestern abend falsch verstanden habe. Die Leute haben sich noch nicht entschieden, ob sie diese Lösung annehmen... Sie wollen bis Montag eine Petition schreiben, mit all ihren Unzufriedenheiten.
Eine Entlassung wäre schwer möglich. Es gibt ja Arbeitsrecht.
Dass die Arbeitsbedingungen nicht gut sind, kann sein. Die Extrastunden wurden auch nicht bezahlt. Na ja, die meisten Fabrikbesitzer stellen die Arbeiter auf das gesetzliche Mindestlohn (2230 Lei, etwa 470 Euro) an, bezahlen aber fast immer mehr. Wenn man aber als Arbeiter das Geld über diesen Mindestlohn nicht erhält, kann man nicht klagen. Wenn man eben
einen Vertrag
auf Mindestlohn unterzeichnet hat.

Die Fabrikdirektorin hat auch versprochen, dass in den nächsten 6 Monaten kein Fremder angestellt wird, und man wird versuchen aus dem Dorf Arbeiter zu rekrutieren. Aber dann müsste die Direktion durch Vertrag mehr bezahlen.

Die 2 Menschen aus Sri Lanka haben aus der Presse über die Diskussion erfahren. Sind beängstigt. Einer hat auch geweint.
 
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