Das der Türkeifeindlichkeit zugrunde liegende Problem ist eigentlich keines, das sich auf das Thema Türkei und ihre Regierung beschränken liesse; denn wer bei dem einen Thema eine einseitig unkritische und damit diskriminierende Sichtweise präferiert, tut das in aller Regel bei vielen anderen Themen genauso.
Bei diesem einen Thema ist es nur deshalb so besonders auffällig und bedauerlich, weil wir uns in einem deutsch-türkischen Forum befinden, das sich, zumindest der ursprünglichen Idee nach, der deutsch-türkischen Freundschaft verschrieben hat, die so wohl kaum aufkommen und gepfelgt werden kann.
Ist euch denn nie aufgefallen, dass ihr bei anderen Themen, die euch persönlich oder eure Lebenswelt betreffen, nie eine solche Einigkeit erzielt, wie es euch bei der geschlossenen Ablehnung der türkischen Regierung und der türkischen Verhältnisse jedesmal gelingt? Selbst bei einem so eindeutigen Vorfall wie Hanau kann hier noch darüber diskutiert werden, wie sehr womöglich der Wahnsinn des Attentäters oder vielleicht doch seine rechte Gesinnung der Hauptgrund gewesen sein könnte. Nur wenn es um die Untragbarkeit der türkischen Politik geht, herrscht regelmässig grösstmögliche Einheit und gegenseitiges Eierkraulen.
Im Grunde ist das ein hinlänglich bekanntes Gruppenverhalten: Identität trotz innerer Konflikte wird geschaffen durch einen gemeinsamen äußeren Gegner. Im Grunde also nichts besonderes, Nazis, Linke oder euer Lieblingsfeind Erdogan macht es genauso.
Aber nochmal der Hinweis: wir befinden uns in einem deutsch-türkischen Forum; das Mindeste, was man bei Türkeibezogenen Themen anstreben sollte, ist Meinungsvielfalt. Und die wird eben durch diese völlig einseitige Dämonisierung, die hier von Zeit zu Zeit zur Identitätspflege durchgeführt wird, verhindert.