AW: Was ich Dir noch sagen wollte
Zeit.
Das Gespräch war erlösend. Wir wissen beide, dass es keine andere Lösung gibt. Wir müssen es zulassen. Müssen uns befreien. Um irgendwann wieder glücklich sein zu können. Zu lange haben wir geglaubt, gehofft. Gekämpft.
Haben noch geglaubt, als schon niemand anderes mehr an uns geglaubt hat. Haben wir wirklich dran geglaubt? Oder machten wir uns nur vor zu glauben um uns noch etwas Zeit zu gönnen?
Die Zeit ist gekommen. Und dennoch macht es mir Angst.
Wieder fange ich an zu weinen, wie so oft in den letzten Tagen. Du nimmst mich in den Arm und sagst, du wüsstest ich sei stark.
Wie kannst du dir da so sicher sein? Wenn alles was ich in mir fühle Verzweiflung ist. Verzweiflung und Angst. Angst vor dem was kommt. Angst zu bereuen. Angst dich zu verlieren. Dich zu vermissen. Doch am aller meisten habe ich Angst davor, dich zu vergessen. Ich will dich nicht vergessen.
Und so inhaliere ich jeden Augenblick mit dir, der mir bleibt. Ich atme deinen Duft tief ein. Ich studiere deinen Körper, dein Gesicht bei jeder Berührung. Und wenn du dann schläfst, dann versuche ich die Erinnerung nachzuzeichnen. In mein Gedächtnis einzubrennen. Ich will dich nicht vergessen. Du bist so wunderschön.
Du bist stark. Du nimmst mich in den Arm. Du sagst mir, ich solle nicht weinen. Ich frage mich, warum weinst du nicht? Und sage unter Tränen zu dir
“ ich hoffe die nächsten Wochen werden schnell vergehen. Weil ich diesen Schmerz, diese Angst nicht ertragen kann.“.
Du nimmst mich in den Arm. Und wir reden über uns, was wir falsch gemacht haben. Was wir voneinander gelernt haben. Was wir in guter Erinnerung halten werden. Wie es weiter gehen wird. Nicht mit uns. Mit dir. Mit mir. Du nimmst meine Hand, die zur Faust zusammengerollt ist. Deine Hand ist gerade groß genug, um meine Faust damit abzudecken. Einzuhüllen. Sicherheit.
Ich sehe auf unsere Hände, wie deine Hand meine umschlingt und sagte, schluchzend, kaum in der Lage einen Satz zu sprechen, dass mir genau das fehlen wird. Du lächelst und sagst, ich solle mir keine Sorgen machen, denn so etwas werde ich wieder finden. Ganz sicher.
Warum sagst du so was? Tut dir der Gedanke nicht weh? Deine Stärke verwundert mich. Deine Stärke macht mir Angst. Sie zeigt mir, wie schwach ich bin. Und wieder erdrücken mich die vielen Fragen.
Fragst du dich auch, welcher unserer vielen Fehler der Wendepunkt war? Fragst du auch, ob wir es hätten verhindern können. Fragst du dich auch, ob wir hätten weiter kämpfen sollen? Fragst du dich, ob du jemals wieder solch eine Liebe fühlen wirst? Fragst du dich, ob ich dich einfach austauschen werde, gegen einen anderen? Fragst du dich, warum wir es soweit kommen lassen haben? Fragst du dich, ob nicht eigentlich alles gut so ist, wie es ist? Ich frage mich, ob du dich fragst, ob du es hättest früher beenden sollen? Ob du bereust? Ich frage mich, ob du mich vergessen wirst? Ich frage mich, ob du weinen wirst? Ob ich ewig einen Platz in deinem Herzen haben werde? Ich frage mich, ob du die Freiheit kaum erwarten kannst. Und was du als nächste Schritte ohne mich planst. Ich frage mich, ob wir wieder voneinander hören werden? Ob sich unsere Wege kreuzen werden? Wirst du kalt zu mir sein? Wird alles wie immer sein?
All das frage ich mich, während ich in dein Mut machendes Lächeln blicke. Während ich die Sicherheit und die Bestimmtheit deiner Hand auf meiner spüre.
Und ich nehme mir vor, stark zu sein. So wie du. So wie du es von mir willst. Es gibt keine andere Lösung. Ich wische mir die Tränen aus dem Gesicht und schenke dir ein Lächeln. Mut. Es ist Zeit, keine Fragen mehr zu stellen. Es ist Zeit, sich den Antworten zu stellen.
Ich bedanke mich, für das gute Gespräch. Ich richte mich auf. Möchte meine Hand aus deiner lösen. Die letzten Tränen trocknen.
Doch du, du drückst fester zu. Und sagst: „Ich nicht“.
Verwirrt gucke ich dich an. Dein Lächeln schwindet. Du schüttelst den Kopf als du sagst „Du sagtest du wünschst, dass die nächsten Wochen schnell vergehen“. Eine einsame Träne kullert über deine Wange.
„Ich nicht. Ich wünschte, ich könnte die Zeit genau in diesem Moment anhalten.“.