AW: Was ich Dir noch sagen wollte
Freiheit.
„Ich weiß es klingt scheiße“, sagte sie „ aber versuch bitte, die entstandene Leere mit der dazu gewonnenen Freiheit zu füllen.“.
Und ich denke mir, „Recht hat sie“. Freiheit. Wie lange habe ich mich nach Freiheit gesehnt. Einfach nur das tun, worauf ich Lust habe.
Ohne Dich zu fragen. Ohne es Dir zu verheimlichen. Ohne mit Dir zu diskutieren und Deine enttäuschten Blicke ertragen zu müssen. Ohne Deine Drohung, dass Du dann auch etwas tust, was mir nicht gefällt. Einfach nur das tun, worauf ich Lust habe.
Ich könnte endlich schöne Fotos von mir schießen lassen. In Dessous. Nur für mich. Als spätere Erinnerung an junge, knackige Tage. Wie lange haben wir darüber diskutiert. Ich versprach Dir, dass ich mir einen weiblichen Fotographen suche. Ich bot Dir an, mich zu begleiten. Dabei zu sein und die Kleidung zu wählen. Ich versprach Dir, dass außer Dir und mir, niemand die Bilder je zu Gesicht bekäme. Ich wollte wissen, was aus mir herauszuholen ist. Aber vor allem wollte ich, dass Du mich mal in einem anderen, makellosen Licht siehst. In Wahrheit hattest Du Angst vor etwas, das nie geschehen wäre, wenn du mir diese Freiheit gegeben hättest.
Diese Fotos könnte ich nun machen.
Ich könnte endlich den Schminkkurs mit meiner Freundin besuchen. Lernen, mich professionell zu schminken. Die richtigen Farben zu wählen. Für den Tag, für die Nacht. Wie lange haben wir darüber diskutiert. Du sagtest, ich habe so was gar nicht nötig. Ungeschminkt sei ich doch viel schöner. Sagtest es sei Geldverschwendung. Du hättest mich nicht als so eine Frau kennengelernt. Hattest gedacht ich sei anders. Ich wollte wissen, was aus mir herauszuholen ist. Aber vor allem wollte ich wohl, dass Du mich einem anderen, makellosen Licht siehst. In Wahrheit hattest Du Angst vor etwas, das nie geschehen wäre, wenn du mir diese Freiheit gegeben hättest.
Diesen Schminkkurs könnte ich jetzt machen.
Ich könnte in das gemischte Fitnessstudio gehen. Wie lange haben wir deswegen gestritten. Du sagtest ich solle die 50 Euro mehr zahlen und dafür unter Frauen trainieren. In Ruhe. Hast mir angeboten, diese 50 Euro für mich zu zahlen. Ich sagte Dir, diese 50 Euro seien ein Flug zu mir im Monat. Das sei wichtiger. Ich sagte Dir, dass Frauenfitness ist zu weit weg. Du wolltest davon nichts wissen. Ich wollte mich gut fühlen. Sehen, was aus mir herauszuholen ist. Aber vor allem wollte ich, dass Du mich in einem anderen, makellosen Licht siehst. Du hattest Angst vor etwas, das nie passiert wäre, wenn du mir diese Freiheit gegeben hättest.
Jetzt könnte ich in dieses Fitnessstudio gehen.
Ich könnte im nächsten Urlaub wandern gehen. Oder nach Italien, meinem Traum. Oder nach Indien, mich im Yoga versuchen. Wie lange sehnte ich mich danach. Berge. Wind. Unendliche Freiheit. Andere Menschen, andere Kulturen. Anderes Essen. Unbekanntes. Mit Dir gab es da keine Diskussion. Dein Jahresurlaub war verplant, noch bevor das Jahr begonnen hat. Immer das gleiche Land. Immer die gleichen Leute. Immer die gleiche Sprache. Immer das gleiche Essen. Deine Familie. Deine Heimat. Ich wollte, dass wir Abenteuer erleben. Aber vor allem wollte ich sehen, was aus unserer Liebe herauszuholen ist.
Jetzt könnte ich in den Wanderurlaub gehen.
„Bitte versuch, die entstandene Leere mit der hinzugewonnenen Freiheit zu füllen.“ Sagt sie. Wahre Worte.
Nun kann ich tun und lassen, was ich möchte. Ich werde nur noch tun, worauf ich wirklich Lust habe. Freiheit.
Und es tut sich ein Gefühl in mir auf, dass Freiheit, das höchste Gut ist. Solange man sie nicht hat.
Ab jetzt werde ich tun, worauf ich Lust habe.
Ich habe keine Lust.