Während Atilla von Ulrike und seinen Kopfschmerzen fabulierte, wurde Cem unruhig.
Dumme Sau? Hatte er dumme Sau gesagt? Er kniff die Lippen zusammen. Was für eine Freudsche Fehlleistung. Er machte sich auf eine tränenreiche Auseinandersetzung mit Claudia gefasst aber sie schmiegte sich an seine Schulter und sah ihn selig lächelnd an. Was für ein Glück, sie hatte seinen Fauxpas nicht bemerkt. Langsam wurde ihm diese innige Umarmung unangenehm und er simulierte einen Hustenanfall um sich von Claudia lösen zu können. Diesen Moment nutzte Polizist Murat und fragte Claudia was ihr denn besonders an der Türkei gefallen würde. Das war das Stichwort für die Dicke.
„Alles, einfach alles. Sonne, Mond und Sterne. Die Konflikte. In der Türkei gibt es immer wieder Konflikte und Börek. Ich kann gut Börek machen. Stimmt doch, gell Cem?“
Cem verdrehte die Augen und Atilla flüsterte Börek, als wäre es das unanständigste Wort der türkischen Sprache. Dann brach er in Tränen aus. Cem hatte damals gesagt, dass Claudias Börek gut schmeckten aber es war eine Notlüge gewesen. Sie war vor gut 5 Jahren in sein Büro gekommen, hatte ihm zugerufen Augen zu, Mund auf, und er war so dumm es auch noch zu machen. Sie schob ihm mit den Worten „ich habe da was aus deiner Heimat“, etwas in den Mund, was sie Börek nannte. Wenn seine Heimat die Hölle wäre, dann hätte sie sicher recht, aber was sie da als Börek bezeichnete war eine Beleidigung der türkischen Küche. Es hatte geschmeckt, als hätte Claudia ein Stück Seife in Pfeffer gewälzt. Cem war auf die Toilette gestürmt und hatte sich eine Stunde die Seele aus dem Leib gekotzt. Nach drei Wochen war endlich die Gesichtslähmung verschwunden und nach 5 weiteren Wochen gelang es ihm einen für Andere verständlichen Satz zu formulieren. Es gab Leute, denen es nach der Begegnung mit Claudias türkischer Küche schlechter ergangen war. Atilla hatte den Verstand verloren und es hielt sich hartnäckig das Gerücht, dass eine Parteifreundin eine Fehlgeburt erlitten hatte. Es wären Fünflinge geworden. Unter Tränen hatte Winfried vor einiger Zeit gestanden, dass Claudia ihm einen in Pferdepisse getränkten Schwamm in den Mund gesteckt habe. Cem konnte seinen Parteifreund aus dem Ländle beruhigen, dass es das sicher nicht war, auch wenn es so geschmeckt hat.
Wusste Claudia eigentlich, wie viele Menschen sie schon ins Unglück gestürzt hatte? Sicher nicht. Sie war Schuld am Rücktritt des Papstes. Bei einer Privataudienz hatte sie den schmächtigen und zierlichen Papst an ihre Brust gedrückt, dass der alte Mann Atemnot bekam. Nur das Eingreifen der Schweizer Garde rettete den Papst. Claudia redete und redete. Sie erzählte von ihrem Engagement für die Armen dieser Welt und ihr Redeschwall gipfelte darin, dass sie sagte: “Gell, Herr Papst, ich bin doch ein guter Mensch. Ich komme doch sicher in den Himmel.“
Der Papst wich einen Meter zurück und hatte in diesem Moment sein Damaskuserlebnis. Er gab einen Tag später sein Amt ab und zog sich seitdem jeden Tag in den Keller des Petersdoms zurück, um sich zu geißeln. Er hoffte auf diesem Weg Buße zu tun und das Schicksal abzuwenden, Claudia im Himmel zu begegnen.
Claudia hatte auch etwas mit dem Rücktritt des Bundespräsidenten Köhler zu tun. Beim Neujahrsempfang für das diplomatische Korps war auch Claudia anwesend. Sie hatte die Veranstaltung mit einem Bankett ihrer Partei verwechselt. Sie schritt als Erste auf den Präsidenten zu, sagte jovial, „Na Köhlerchen, wie geht’s denn so?“ und schlug ihm derart heftig auf den Rücken, dass ihm das Gebiss aus dem Mund fiel. Der französische Botschafter stand in der ersten Reihe und rief erschrocken Mon Dieu und alles verstummte. Der japanische Botschafter hatte Adieu verstanden und rief unter Tränen, dass man Köhler nie vergessen würde. Der US-Botschafter stimmte ein For he's a jolly good fellow an und der Russe griff in die Jackentasche um das Russische Diplomaten-Notfall-Paket zu aktivieren. Zu Deutsch: Er öffnete den Flachmann Marke Wodka Gorbatschow. Dank Twitter war die Welt bereits nach einer Minute vom Rücktritt des deutschen Präsidenten informiert und es wurde ein Telegramm der Queen reingereicht, worin sie Köhler herzlich für die Belebung des deutsch-britischen Verhältnisses dankte. Völlig verwirrt verließ Köhler den Raum und wurde nicht mehr gesehen.