AW: Zwischen den Zeilen - Tagebucheinträge
"Mein Leben ohne mich"
Eine junge Frau erkrankt an einem Ovarial-Karzinom, einem bösartigen Tumor des Eierstockes. Der Arzt teilt ihr die niederschmetternde Diagnose mit. Er sitzt neben ihr im Korridor und sie sprechen über die traurige Gewissheit. Wenn er einem Patienten eine traurige Botschaft zu überbringen hat, setzt er sich neben ihn. Den Schmerz in ihren Augen kann und will er nicht ertragen.
Die junge Frau stellt sich ihre zwei kleinen Kinder vor, wie sie ohne Mutter aufwachsen werden. Um ihnen etwas mit auf den Weg zu geben, möchte sie dass ihr Mann ihnen zu jedem ihrer Geburtstage eine Kassette übergibt, auf die sie gesprochen hat. Darin spricht sie ihre Kinder direkt an, beglückwünscht sie zu ihren Geburtstagen und drückt ihre Sehnsucht nach ihnen aus. Sie fragt sich, wie sie wohl geraten sein mögen und spricht ihnen Mut zu…
„Mein Leben ohne mich“ - so hieß der Film, den ich gesehen habe. Er erinnert mich an ein Projekt, das der schwedische Autor Henning Makell für Afrika ins Leben gerufen hat, um den sozialen Auswirkungen von AIDS entgegenzuwirken.
In Afrika stirbt man nicht alleine, wenn man an AIDS erkrankt Frauen sind schwanger und hinterlassen ein Kind, mit oder ohne die HIV-Infektion. Diese Kinder wachsen auf, oft ohne Bezugsperson; die "moderne Pest" hat mit ihren Eltern gleich das ganze Umfeld mit hinweggerafft. Sie sind nicht mal entwurzelt, weil sie niemals Wurzeln fassen konnten oder werden können. Ein Teufelskreis entsteht, der sich auf die nächste Generation mit der gleichen Problematik auswirkt, und die Krankheit am Leben hält.
Bevor infizierte Eltern sterben, geben Henning Makell und sein Projekt ihnen deswegen die Möglichkeit etwas zu hinterlassen; ein Stück Identität in einem Schuhkarton, irgendetwas, das für ihre Kinder aufbewahrt wird. Vielleicht einen Ring, einige Worte, die man für sie dokumentiert - oder ein Büschel Haar. Es wird ihnen später gegeben werden, ihnen Vorgeschichte sein und Identität stiften.
Sokrates