AW: Anonyme Bewerbung
Die Art des Bewerbungsverfahrens kann nicht beeinflussen, ob in der konkreten Situation ein Arbeitgeber- oder ein Arbeitnehmermarkt vorliegt.
Das beschriebene Bewerbungsverfahren soll die erwähnte Benachteiligung von BewerberInnen schwieriger/kostenintensiver für die Unternehmen gestalten. Nicht mehr und nicht weniger. Bei einem Arbeitnehmermarkt wäre dieser Grundgedanke ohnehin obsolet, da die Bewerber nach einem Modell unter mehreren potenziellen Unternehmen aussuchen könnten bzw. andersherum die Unternehmen sich genötigt sehen dürften, jeden geeigneten Bewerber nach seinen Unterlagen wirklich zu berücksichtigen und persönliche Präferenzen mangels geeignetem Bewerberpool zu unterlassen.
Ich würde Überlegungen dazu auch nicht in den Vordergrund rücken, da meiner Erfahrung nach ein vielleicht demografisch oder qualifikationsbedingter Arbeitnehmermarkt den Arbeitgebermarkt nicht ohne weitere Veränderungen verdrängt.
Da vernimmt man das geistige Echo einer "FDP" und einem gebetsmühlenartigem Wehklagen der ebenso nahen Fachkräftemangelfraktion. Dies gleicht einer Beschwichtigung, wie mit dem Gaul, dem man die Möhre vor die Nase hält. Während in Deutschland Ingenieure 50+ versauern, ruft man nach "Fachkräften", die vom internationalen "Transfermarkt" gelockt werden sollen. Häufig auftauchende Begrifflichkeiten rund um den Begriff "Demografie" werden gerne aus der PR-Politik benutzt, und sind in den Berufssparten der Medien wie SPIEGEL oder ZEIT als superduper auffordernde Notwendigkeit schick in Szene gesetzt.
Vielmehr werden die Stellen, die überhaupt durch ein gesetzlich erfassbares angeschlossenes Bewerbungsverfahren besetzt werden, tendenziell
Hier kürze ich den Satz ab: Alles, ALLES was nicht gesetzeskonform ist (oder z.B. durch ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren in Zukunft sein könnte), ob nun ausschreibungspflichtig oder nicht, würde bei einer Reklamierung ein öffentlicher, gerichtlicher Bestandteil werden. Kein Grund, die Einschaltung der Gerichtsbarkeit durch eine Gesetzgebung mit dem Begriff einer Regulierung in Richtung "Planwirtschaftsecke" anzudeuten.
Mir ist klar, dass das anonymisierte Bewerbungsverfahren höhere Verfahrenskosten verursacht. Deshalb findet es bei den Unternehmen ja auch wenig Anklang und es ist mit ein Grund, warum ich nichts davon halte. Bei Bewerbungen auf eine Anzahl von Stellen, mit mehr als einem Bewerber pro Stelle, sind die Kosten im Durchschnitt unabhängig davon erhöht, aus welchen Gründen alle Bewerber bis auf einen pro Stelle abgelehnt werden.
Nein, das ist nicht der Punkt. Ein Unternehmen mit "Präferenzen", welches z.B. nach einem anonymisierten Bewerbungsverfahren nicht mehr nach Gutdünken aussortieren dürfte, würde von nun an plötzlich "unerwünschte" Bewerber in den Vorstellungsgesprächen sitzen haben. Vorher durften sie ja aussortiert werden.
Bisher hätte bspw. ein Unternehmen nach Frauen etc. aussortiert und würde in Vorstellungsgesprächen zehn "Favoriten" interviewen. Wenn das Unternehmen ohnehin z.B. Frauen aussortieren wollte, müsste es nun viel mehr Vorstellungsgespräche führen, um ÜBERHAUPT erst einmal quantitativ an diese zehn alten "Favoriten" zu kommen.
Angenommen, ein Personaler möchte generell keine Frau einstellen und erhält für eine Stelle zehn anonymisierte Bewerbungen, unter denen die Hälfte (gleichverteilt) geeignet ist und vier Frauen sind. Dann lädt er drei Männer und zwei Frauen zum Gespräch, erkennt die Frauen und besetzt die Stelle mit einem der Männer. Dass er dabei das Geschlecht über die wirtschaftlichen Belange des Unternehmens stellt, ist Grundvoraussetzung dafür, dass die Frauen in diesem Fall überhaupt von Diskriminierung bedroht sind. Nachdem aber alle fünf Bewerber gehört wurden, ist in Bezug auf die Verfahrenskosten kein wirtschaftlicher Vorteil mehr zu erzielen, egal welcher davon für die Stelle ausgewählt wird. Hingegen den wirtschaftlichen Nachteil, sich ggf. für einen weniger qualifizierten Mann zu entscheiden, hätte der Personaler ebenso in Kauf genommen, hätte er diese Entscheidung schon von Beginn an unter drei bekannten Männern treffen können. Er stellt keinen verfahrensabhängigen Nachteil dar.
Bei Deinem Zahlenbeispiel und den Verfahrenskosten mißachtest Du einen wichtigen Bestandteil in der Personalauswahl:
Vorher hätte er die Frauen von Beginn an aussortiert und eine bestimmte Anzahl an Vorstellungsgesprächen mit den männlichen Kandidaten führen müssen, um die richtige Person fürs Unternehmen zu finden. =>
Vorher: Zehn Bewerbungen => 50% geeignet => 5 männliche Kandidaten
Nachher: Zehn Bewerbungen => 50% geeignet => 3 männliche Kandidaten
Das Unternehmen muss im Beispiel weitere Bewerbungsgespräche führen, weil im Modellbeispiel 2 männliche Kandidaten bzw. 40%-Punkte fehlen.
Du glaubst doch nicht, dass Unternehmen, die ihre Wunschkandidaten unter die Lupe nehmen, nach einer neuen Regelung nun wegen den aus Sicht des Unternehmens "lästigen weiblichen Bewerberinnen" im Beispiel sich bei der Auswahl nach der richtigen Person nun mit 3/5 bzw. 60% der Kandidaten zufrieden geben?!
Ergo: Die "Verfahrenskosten" erhöhen sich gerade deshalb, weil auf Grund des Wegfalls einer diskriminierenden Vorauswahl weniger "gewünschte" Kandidaten als sonst übrigbleiben.
Der Aufwand des Verfahrens ist generell und drängt in keine bestimmte Richtung. Auch aus der Perspektive der Bewerber ist offensichtlich, dass sie solange keinen schlussendlichen Vorteil aus einer bestimmten Entscheidung des Personalers ziehen können
In welche Richtung sich der Aufwand des Verfahrens ausschlagen kann, gesetzt den Fall das Unternehmen bestünde auf seine bisherigen "Präferenzen", habe ich oben dargelegt.
Aus der Perspektive des Bewerbers geht es um den Ausschluß der Nachteile nur aus seiner bloßen Existenz heraus. Da muss man sich dann später nicht wundern, wenn sich entsprechend, tendenziell Studienfächer kultivieren. Gesellschaftlich ist dies nicht nur eine Verschwendung von menschlichem Potenzial und Intelligenz, sondern trägt auch nicht zum Frieden bei.