„Ja, eine Welt ohne Prostitution ist denkbar!“

feshak

Moderator
Ok, ich habe kein Mitgefühl, Liebe und Verständnis, v.a. nicht für Missbrauchsopfer.

Das ist das Schlimmste, was ich mir vorstelle, was man einem Kind überhaupt antun kann. Was ich mit den Tätern machen würde, lasse ich mal außen vor. Und ich wünsche jedem Opfer von Herzen, dass er oder sie Wege finden wird, zu verarbeiten, zu heilen, was vielleicht niemals zu heilen sein wird.

Du siehst den Ausweg in Prostitution? Das heilt die Welt? Vielleicht ist es deine Lösung, damit umzugehen,vielleicht auch wieder ein normales Beziehungsbild, Nähe, Liebe aufzubauen. Ich sehe, wie es massiv Menschenhandel und sexueller Ausbeutung und dem Leid unzähliger Frauen Vorschub leistet. Ich sehe viele, sehr viele massiv zertörte und teils massiv traumatisierten Frauen, wenn sie den Weg heraus geschafft haben. Das heilt, das bringt Liebe? Unsägliches Leid auf eine Weise aufarbeiten, die potenziell neues unsägliches Leid schafft, aber eben für andere?

Ich habe hier schon Liliya 4ever gepostet, der Film ist sehr sehenswert. Und glaub mir, er ist an keinem spurlos vorüber gegangen. Hier wurde schon die Doku zum Schicksal einer jungen, verheirateten, noch dazu schwangeren Ukrainerin in der Türkei gepostet. Und so lange das ist und sogar aufgrund statistisch erwiesenen stark vermehrten "Frischfleischbedarfs" auch nicht weniger wird, solange wird dieses Business und Menschen, aufgrund deren Nachfrage so etwas überhaupt ein so blühendes, einträgliches Geschäft ist, für mich ein rotes Tuch bleiben.

Und sollte ich, wenn die Zeit kommt, erfahren, dass meine Jungs eine Prostituierte aufsuchen, dann werde ich genau darüber mit ihnen reden. Von bitterster menschlicher Enttäuschung mal abgesehen.
 

Majnomon

Well-Known Member
Und sollte ich, wenn die Zeit kommt, erfahren, dass meine Jungs eine Prostituierte aufsuchen, dann werde ich genau darüber mit ihnen reden. Von bitterster menschlicher Enttäuschung mal abgesehen.

Mit Deiner Geisteshaltung ist die Wahrscheinlichkeit gar nicht mal so gering, dass sie zum einen eine Prostituierte aufsuchen (allein schon statistisch gesehen), und zum anderen, dass sie Dir nie etwas davon erzählen werden.

Aber lassen wir das beiseite. Die Verletzungen, die im Bereich der Prostitution stattfinden können (bei allen Beteiligten), sind nicht zu leugnen und zu verharmlosen.

Hinter Deiner Verachtung kann ich meiner (Selbst-)Erfahrung nach allerdings nur Deinen eigenen verdrängten Schmerz über, nennen wir's mal den Verlust Deiner ursprünglichen, naturgegebenen kindlich-seelischen Unschuld vermuten, für die Du vielleicht nicht mal mehr ein Gefühl hast, so tief ist sie vergraben.

Und um diesen Schmerz nicht an Dich heranzulassen, hast Du Dir ein Berufsumfeld ausgesucht, in dem Andere quasi stellvertretend für Dich leiden und Du dabei wiederum andere für dieses Leid anklagen kannst. Helfersyndrom.

Dabei geht es eigentlich nur um Dich, um Deine verwundete Seele, die Du Deinem Wesen nach bist, aber nicht spüren willst, sondern höchstens Humbug nennst.

Solange Du Deinen eigenen Schmerz mit dem Festhalten an der Verachtung Anderer erstickst, wird sich daran wenig ändern.


Doch weil - wie Buddha so schön sagt - das Festhalten an der Wut (dem Hass, der Verachtung etc.) wie Gift schlucken ist, in der Hoffnung, dass der andere daran stirbt, wirst Du sicherlich irgendwann darüber nachdenken. Mein Mitgefühl hast Du jedenfalls, denn es ist auch mein Schmerz...


Großer Küchenpsychologe hat gesprochen. Hugh! :cool:
 

feshak

Moderator
OMG:)

Weißt du, ich wurde in Moskau in einer Zeit groß, wo man wirklich jeden Shit und jeden nur erdenklichen Abschaum erleben konnte. Und ich meine nicht das "Übliche" was man in jeder Großstadt, Megacity so finden kann und wird. Natürlich prägt das.

Ich bin unfreiwillig wie in meiner Branche sehr viele Berufsanfänger resp. Studenten über Dolmetschen bei Polizei damit massiv in Kontakt gekommen. Und ja, dann willst du nur noch helfen.
Mach dir noch einmal bewusst: Die allerwenigsten Prostituierten arbeiten selbstbestimmt. Und das ist mein Problem mit der Branche. Wenn das anders wäre, hätte ich gar nicht so ein Problem. Glaub es oder nicht. Die wenigsten können sich ihre Freier und Sexualpraktiken etc. etc. aussuchen. Und jetzt komme mir bitte niemand, dass sich wohl kaum ein Angestellter etc. sich alles aussuchen könne, was er denn so tun müsse. Die meisten Frauen, ca. 80 % sind a) Ausländerinnen und viele von ihnen kommen b) aus meist (sehr) armen, auch bildungsfernem Milieu. Das ist auch meine Erfahrung, wenn man mitbekommt, wie sie Russisch sprechen, von Deutsch wollen wir mal gar nicht anfangen. Auch das, was so rumänisch- und bulgarischsprachige (Ex)Kollegen so erzählen. Für viele war die Fahrt, der Flug nach Deutschland ihre erste "Auslandsreise" überhaupt. Und dann erzähl mir einer mal, wie selbstbestimmt die nach "Eurpa" kommen und kamen und da arbeiten, ohne dass da ein Zuhälter etc. dahinter steht. DAS, mein Lieber, sind die vielen Frauen aus dem Milieu, die dein Einfühlungsvermögen, dein Mitleid bräuchten. Nur da sehe ich das irgendwie nicht.
 

Majnomon

Well-Known Member
Mein Mitleid/-Gefühl ist manchmal so groß, dass es mir die Sprache verschlägt und ich mich völlig ohnmächtig dem Schmerz ausgeliefert fühle. Meinem eigenen und dem der Welt gegenüber, denn sie sind letztlich nicht von einander zu trennen. Ich habe keine praktische Lösung dafür und glaube nicht an den Nutzen von pauschalen Verboten.

Für Freier, die keinerlei und nie Bedenken haben, empfinde ich bisweilen auch Verachtung. Zumindest sind sie mir oft ein bisschen suspekt. Allerdings kann ich nicht automatisch davon ausgehen, dass jeder Mensch so viele Skrupel hat wie ich. Vielleicht hat manch einer ja auch einfach nur ein gesunderes Verhältnis zu sich und seiner Sexualität als ich.

Aber Huren, die in der Öffentlichkeit auftreten und darauf bestehen, dass sie ihre Arbeit freiwillig und überwiegend gerne machen, kann man das nicht so ohne weiteres absprechen. Wer das tut, ist mir ebenso suspekt, weil das mit Gleichberechtigung nichts mehr zu tun hat.
 

Majnomon

Well-Known Member
Vielleicht kann man sich ja mal darauf einigen, dass das Bewusstsein des Menschen im Verhältnis zu seinem Unbewussen ungefähr dem eines Tropfens zum Ozean entspricht. Anders ausgedrückt:

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Wir tappen also mehr oder weniger im Dunkeln. Wer da glaubt, genau zu wissen, wie Schuld und Unschuld im Prostitutionsgewerbe und zwischen den Geschlechtern im Allgemeinen zu verteilen sind, kann ich als Gesprächsgegenüber nur begrenzt ernst nehmen.
 

Majnomon

Well-Known Member
http://www.schwarzwaelder-bote.de/i...sex.fb2a1107-70e3-43ff-bb83-0c7b923a898a.html

Sie war 45 Jahre alt, als sie sich dazu entschloss, ihren bürgerlichen Beruf an den Nagel zu hängen und Prostituierte zu werden. Alexandra Sommer, so ihr Künstlername, hat darüber nun ein Buch geschrieben.

[...]
Die Prostitution sei ein ganz normaler Beruf, sagt Sommer. Doch warum dann der Künstlername? Ist da doch ein wenig Scham? „ Meine Nachbarn wissen nicht, was ich mache – und ich will auch, dass das so bleibt“. Das wäre anders, wenn sie den Beruf an einem anderen Ort ausüben würde, sagt sie. Enge Freunde wüssten aber Bescheid, auch mit ihrer inzwischen verstorbene Mutter hat sie manchmal über ihren Job gesprochen. Allein ihre Schwester möchte „nichts darüber wissen“.

Vor drei Jahren begann Sommer, ein Buch über ihr Leben zu schreiben, im Oktober 2013 ist es unter ihrem Künstlernamen und dem Titel „Sommerhitze und Winterglück“ bei der Edition Fischer herausgekommen. „Ich habe dieses Buch auch veröffentlicht, weil ich es unmöglich finde, dass Alice Schwarzer dafür plädiert, dass die Prostitution verboten wird“, sagt Sommer. Die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer ist der Meinung, dass die Arbeit als Prostituierte nie freiwillig sei und deshalb verboten werden sollte. „Dass es auch anders sein kann, sieht man an mir“, sagt Sommer.

Doch sie will das Gewerbe keinesfalls verherrlichen, weiß um Armuts- und Zwangsprostitution. „Aber wenn man Prostitution verbietet, unterdrückt man diese Frauen erst recht – und man schiebt sie in eine dunkle Ecke ab“, sagt sie und blickt nachdenklich zu ihrem Panoramafenster, durch das helles Licht bis in den hintersten Winkel des Zimmers fällt.
 

feshak

Moderator
Erzähl mal, wie man all den und zwar nicht unbedeutenden Schattenseiten von käuflichem Sex begegnen willst?

Vielleicht ist der Ansatz zu einfach, aber wo keine Nachfrage da kein Bedarf nach frischen Mädchen, kein Potenzial für einträgliches Zuhältertum und Menschenhandel.

Am meisten, auch das habe ich schon gesagt, fehlt mir jegliches Verständnis für Freier, die in festen Händen sind. Und viele Statistiken gehen davon aus, dass sie den absolut größten Prozentsatz der Freier ausmachen. Nein, wir Frauen sind nicht allesamt frigide und es soll sogar welche geben, die auch ganz ohne dass er sich da nun sonst wie verbiegen und anstrengen muss oder Geld ausgeben muss, auch einfach mal so ihren Partner begehren, Lust auf ihn haben. Ganz offenbar ist bei vielen Paaren die Kommunikation zum gemeinsamen Liebesleben gestört. Und da würde ich gern ansetzen wollen bevor es gesellschaftlich so normal und eine so einfache Lösung sein soll, eine Hure aufzusuchen als Ausgleich für unbefriedigte Bedürnisse. Dann sollen doch Männer wie Frauen doch endlich mal den, tschuldigung, Arsch in der Hose haben, mit dem Partner Klartext zu reden. Und wer weiß, vielleicht wird sich ja der eine oder andere mal wundern, wie man auch, Man(n) glaubt es kaum, auch mit der eigenen Partnerin vielleicht auf ungeahnte Weise das Liebesleben in Schwung gebracht werden kann. Wir haben auch nicht nur irgendwelche Adonis jede Nacht neben uns liegen und nach 15/20 Jahren Beziehung und Sex immer mit demselben vielleicht eigentlich auch mal Lust auf was anderes. Nur seltsam, dass die meisten Frauen auch damit klar kommen, ohne deswegen viellleicht als 45jährige Mutti einen 20jährigen Loverboy aufzusuchen und zu bezahlen.
 

Majnomon

Well-Known Member
Zumindest gehe (nicht nur) ich davon aus, dass sich die Schattenseiten durch ein generelles Verbot der Prostitution eher verschärfen als verbessern würden. Denn die Nachfrage wird definitiv bleiben, nur dass die durch ein Verbot erfolgende Kriminalisierung den Unsicherheitsfaktor für alle Beteiligten vergrößert, was in der Regel zu einem schlechtern Umgang mit den SexdienstleisterInnen führen dürfte (darüber gibt es Ausagen von Dänischen Prostituierten, die sich mit Schwedischen Sextouristen herumplagen).

Gegen die Armutsprostitution habe ich eine ganz einfache Lösung, der aber in der Politik seit Jahren radikal entgegengearbeitet wird:

Die Umverteilung des Reichtums von oben nach unten. Zum Beispiel durch so etwas wie ein (mindestens europaweites) Bedingungsloses Grundeinkommen.

Damit würde wahrscheinlich auch der Zwangsprostitution weitestgehend die Grundlage entzogen werden.


Und wenn Paare nicht in der Lage sind, miteinander ins Gespräch zu kommen, liegt das mit Sicherheit nicht nur an den Männern, sondern an beiden Teilen gleichermaßen!

Abgesehen davon ist die partnerschaftlich-monogame Sexualität mit Treueschwur nur EIN Beziehungsmodell von vielen. Ich befürchte, Dir fehlt ein bisschen die Offenheit für das Zugeständnis dafür, dass dieses Beziehungsideal kein allgemeingültiges (mehr) ist.


P.S. Deine Signatur macht langsam richtig Sinn... :cool:
 
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