Afghanistan

Mendelssohn

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Das Trauerspiel von Afghanistan.

Der Schnee leis stäubend vom Himmel fällt,
Ein Reiter vor Dschellalabad hält,
„Wer da!“ – „„Ein britischer Reitersmann,
Bringe Botschaft aus Afghanistan.““

Afghanistan! er sprach es so matt;
Es umdrängt den Reiter die halbe Stadt,
Sir Robert Sale, der Commandant,
Hebt ihn vom Rosse mit eigener Hand.

Sie führen in’s steinerne Wachthaus ihn,
Sie setzen ihn nieder an den Kamin,
Wie wärmt ihn das Feuer, wie labt ihn das Licht,
Er athmet hoch auf und dankt und spricht:

„Wir waren dreizehntausend Mann,
Von Cabul unser Zug begann,
Soldaten, Führer, Weib und Kind,
Erstarrt, erschlagen, verrathen sind.

„Zersprengt ist unser ganzes Heer,
Was lebt, irrt draußen in Nacht umher,
Mir hat ein Gott die Rettung gegönnt,
Seht zu, ob den Rest ihr retten könnt.“

Sir Robert stieg auf den Festungswall,
Offiziere, Soldaten folgten ihm all’,
Sir Robert sprach: „Der Schnee fällt dicht,
Die uns suchen, sie können uns finden nicht.

„Sie irren wie Blinde und sind uns so nah,
So laßt sie’s hören, daß wir da,
Stimmt an ein Lied von Heimath und Haus,
Trompeter, blas’t in die Nacht hinaus!“

Da huben sie an und sie wurden’s nicht müd’,
Durch die Nacht hin klang es Lied um Lied,
Erst englische Lieder mit fröhlichem Klang,
Dann Hochlandslieder wie Klagegesang.

Sie bliesen die Nacht und über den Tag,
Laut, wie nur die Liebe rufen mag,
Sie bliesen – es kam die zweite Nacht,
Umsonst, daß ihr ruft, umsonst, daß ihr wacht.

Die hören sollen, sie hören nicht mehr,
Vernichtet ist das ganze Heer,
Mit dreizehntausend der Zug begann,

Einer kam heim aus Afghanistan.


Theodor Fontane (1858)

Schillers Bürgschaft hatte einen besseren Ausgang. Das war vor Restauration und Reaktion.
 

Msane

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Um die Situation in Afghanistan in einem Satz zusammenzufassen:

Demokratie funktioniert in Clan- und Stammesgesellschaften nicht, dies schließt sich gegenseitig aus.

Und kein "Wir müssen doch...." ... nein wir müssen gar nichts, alles andere ist Missionierung und Bevormundung.


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Mendelssohn

Well-Known Member
Der Einmarsch in Afghanistan wurde angeordnet, da das Land als Rückzugsgebiet der Taliban galt, die Bin Laden, aber auch die pakistanische Regierung, finanzierten. Die Sorge, dass das Kapital der Taliban sich mit dem Kapital des IS verbünden könnte war groß, weshalb eine Schneise geschlagen werden musste. Der IS ist erledigt, so kann Afghanistan an Pakistan zurückgegeben werden. Der Iran wird noch zum Auffanglager afghanischer Flüchtlinge werden, wenn er es nicht schon ist.
 

Msane

Well-Known Member
Für den Einmarsch in Afghanistan gab es einen handfesten Grund, das wurde selbst in muslimischen Ländern verstanden und auch bei den Afghanen selbst.

Wenn der Job erledigt ist muss man aber auch wieder gehen und nicht dem Land eine Gesellschaftsform verordnen, welche mit ihrem Gesellschaftmodell inkompatibel ist.

Selbst die besten Absichten machen die Sache nicht besser, weil die Realitäten vor Ort (Clan- und Stammesgesellschaft) ignoriert wurden.


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Alubehütet

Well-Known Member
Demokratie funktioniert in Clan- und Stammesgesellschaften nicht, dies schließt sich gegenseitig aus.
Die Demokratie ist entstanden aus Clan- und Stammesgesellschaften. Aus den Beratungen – Schura – ebenbürtiger Clanchefs. In Athen waren das dann die Haushaltsvorstände, Männer, später alle waffenfähigen Männer. Ob eine afghanische Demokratie unseren Weg gehen würde mit Säkularisierung, Gewaltenteilung etc., wäre noch eine andere Frage.

Ansonsten ist das hier ganz aufschlußreich

Die anfänglichste Beratung findet statt in der Steinzeit, wenn sich Männer verschiedener Familien zusammenfinden, um Jagden gemeinsam zu veranstalten. Da wird dann über die besten Konzepte verhandelt, und der, dessen Ideen sich durchsetzen, der führt die Mannschaft für diese eine Unternehmung an. Später geht es dann um Beratungen, das Nachbardorf zu überfallen, um Krieg. Das ist das Problem der Ilias. Agammemnon überschreitet seine Kompetenz als provisorischer Kommandant, als primus inter pares, Erster unter gleichen, wenn er die Sklavin des Achilleus für sich requiriert. Darum wird der Pellide zum ersten Mal stocksauer und tritt in den Streik.
 
Zuletzt bearbeitet:

Alubehütet

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Das Problem in Afghanistan sind nicht irgendwelche atavistische Clanstrukturen und Steinzeitmusels. Follow the money. Was erwartet Ihr denn von einem Staat, dessen Haupteinnahmequelle Opium ist?

Hier von 2018:
 

Msane

Well-Known Member
Die afghanischen Bauern bauen Opium an weil es sich für sie finanziell lohnt, Opium wirft ein Vielfaches von dem ab was Weizen abwerfen würde.

In Afghanistan gibt es eine Besonderheit, gemäß der afghanischen Tradition gehört das Land afghanischen reichen Großgrundbesitzern, das können Dorfälteste, Stammesführer, Politiker oder Warlords sein.
Die Bauern haben ihr Land nur gepachtet und müssen regelmäßig Pachtgebühren an die Landbesitzer zahlen.
Um ihre Kinder nach der afghanischen Tradition zu verheiraten müssen sich die Bauern in der Regel auch noch Hals über Kopf verschulden.
Da verlässt sich keiner mehr auf die Weizenernte.
Die Rechnungen lassen sich nur noch mit Opium bezahlen.

btw. in Afghanistan hungern die Menschen, weil auf den Feldern Drogen anstelle von Getreide angebaut wird.

Und mal grundsätzlich, Drogen, das ist doch unislamisch?

Opium ist unislamisch, aber Afghanistan hat seine eigenen Regeln, die Taliban wollten ursprünglich den Opiumanbau verbieten, sind aber selbst an den Relaitäten vor Ort gescheitert, da dann die Bauern gegen sie aufbegehren.
Außerdem ist der Opiumanbau für die Taliban eine willkommene EInkommenquelle und so manchem Talibankommandeur ist der eigene Geldbeutel dann doch näher als der Koran.

Man redet sich den Drogenanbau schön indem man sagt, am Opium sterben ja ohnehin nur die Ungläubigen.


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sommersonne

Well-Known Member
Das Problem in Afghanistan sind nicht irgendwelche atavistische Clanstrukturen und Steinzeitmusels. Follow the money. Was erwartet Ihr denn von einem Staat, dessen Haupteinnahmequelle Opium ist?

Hier von 2018:
Den Staat im westlichen Sinne gibt es nur auf dem Papier. Die Clans regieren ihr Gebiet wie kleine Könige und die Clanführer torpedieren und lehnen die nach ihrer Meinung von den USA installierte Regierung ab. Sie sind sehr wohl das Problem in Afghanistan. Das Drogenproblem kommt noch hinzu.
 

Bintje

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Deutschland setzt Abschiebungen nach Afghanistan aus. Überfällig!

"Der Schritt ist eine Kehrtwende Seehofers. Der deutsche Innenminister hatte sich erst kürzlich zusammen mit seinen Amtskollegen aus Österreich, Dänemark, den Niederlanden, Belgien und Griechenland mit einem einen Brief an die EU-Kommission gewandt. Darin warnten die Minister davor, Abschiebungen auszusetzen. Denn das würde "das falsche Signal senden und wahrscheinlich noch mehr Afghanen motivieren, ihre Heimat in Richtung EU zu verlassen", heißt es in dem dreiseitigen Schreiben."


Das geplante Festhalten an Abschiebungen war von Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn wegen der unsicheren Lage in Afghanistan vehement kritisiert worden. Zitat aus faz.net: „Es gibt keine Garantie dafür, dass die Betroffenen nicht in die Hände der Taliban fallen“, sagte Asselborn dem Tagesspiegel. Er könne angesichts der Initiative von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und weiterer EU-Amtskollegen „nur den Kopf schütteln“.


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