Die Ukraine in der Krise

EnRetard

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Aber dass die Verteilung der Gut-Böse-Rollen in diesem Krieg medial so einhellig verstärkt werden, als gelte es, sich stellvertretend als Kriegspartei zu positionieren, hat dazu geführt, dass öffentlich geäußerte Überlegungen, dieser Krieg könne womöglich auch anders als durch einen Sieg-Frieden der Ukraine enden, in der Regel diskreditiert und verhöhnt werden. Das stört mich, und ich halte es für unangebracht, zumal daraus m.E. auch der Stoff ist, der Wagenknechts und Schwarzers Aufruf unverdient viel Zuspruch beschert hat.
Kriegsberichterstattung war schon immer so ähnlich wie Berichterstattung über Spiele der Fußballnationalmannschaft, nur noch stärker emotional aufgeladen und parteiischer. Die Guten gegen die Bösen. Das ist in diesem Fall besonders übel, weil eigentlich extrem viel Fingerspitzengefühl vonnöten wäre. Selten war die Rechtslage so eindeutig, die Begründung des Aggressors haarsträubender und die Kriegsführung niederträchtiger. Und trotzdem scheint es ausgeschlossen, dass das Unrecht in nennenswertem Umfang rückgängig gemacht, Sachschäden ersetzt und die Kriegsverbrechen gesühnt werden. Dass westliche Regierende ob der völkerrechtlichen und moralischen Eindeutigkeit der Versuchung nicht widerstehen wollten, sich auf einen Systemkampf mit Russland und seinem nicht ganz freiwilligen Verbündeten China einzulassen, macht den Schaden noch größer. Damit schaden sie der Ukraine, deren rechtliche und moralische Überlegenheit sie in den Augen von großen Teilen der restlichen Welt, die den Westen als zutiefst eigennützig und unmoralisch handelnd erlebt hat, entwerten. Bei solchen Verbündeten überträgt sich der Gestank. Das musste Kosovo auch schon erleben. Wie soll das Problem jetzt noch gelöst werden? Der Westen wird einräumen müssen, dass er die UA nicht in die Lage versetzen kann, die besetzten Gebiete zurückzuerobern. Und was machen die Medien? Anstatt alle Seiten des Konflikts zu beleuchten, inklusive der Folgen, machen sie sich zum Treiber einer hochriskanten Kampagne, die kein gutes Ende haben wird.
 

Bintje

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Wie soll das Problem jetzt noch gelöst werden? Der Westen wird einräumen müssen, dass er die UA nicht in die Lage versetzen kann, die besetzten Gebiete zurückzuerobern. Und was machen die Medien? Anstatt alle Seiten des Konflikts zu beleuchten, inklusive der Folgen, machen sie sich zum Treiber einer hochriskanten Kampagne, die kein gutes Ende haben wird.
Exakt.
 

Bintje

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sommersonne

Well-Known Member
5.003 auf das was du da von Enretard zitiert hast:

"Wie soll das Problem jetzt noch gelöst werden? Der Westen wird einräumen müssen, dass er die UA nicht in die Lage versetzen kann, die besetzten Gebiete zurückzuerobern. Und was machen die Medien? Anstatt alle Seiten des Konflikts zu beleuchten, inklusive der Folgen, machen sie sich zum Treiber einer hochriskanten Kampagne, die kein gutes Ende haben wird."
 

Bintje

Well-Known Member
Hmm. Dann frage ich mal andersherum: Bist du denn der Meinung, dass deutsche Medien - abgesehen von Ausnahmen wie z.B. dem Umgang mit der verirrten Rakete nach Polen - zurückhaltend und ausgewogen berichten?

Meiner Meinung nach ist das nicht so. @EnRetard hat es schon präzise ausgedrückt. Auch mir kommt vieles vor allem wie Kampagnenjournalimus vor.
Und das macht's zunehmend schwierig. Erinnere dich zum Beispiel mal daran, was vor der Leo II-Entscheidung hier abging. Da brauchte man weiß Gott kein Scholz-Fan zu sein, um den entfalteten Druck auch angesichts der weiteren Entwicklungen (keine bzw kaum Lieferungen von Partnerstaaten, Lieferprobleme bei dringend notwendiger Munition etc.) absonderlich bis kontraproduktiv zu finden. Kontraproduktiv deshalb, weil viel Mediengetrommel einfach nur hohe Erwartungen befeuert. Und dann? Was, wenn's aus diesen, jenen oder anderen Gründen schiefgeht? Dann hast du eine noch weiter gespaltene Gesellschaft - und leider auch sehr viel mehr als nur einen Punktsieg für Putin, dessen Propaganda-Abteilungen wahrscheinlich schon den Schampus kaltstellen. Das ist m.E. der Schaden, von dem EnRetard schrieb.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Die Frage ist doch, was kann die UA bis zum Beginn des Präsidentschaftswahlkampfs in den USA erobern und auch halten? Und das werden weder Donezk noch Luhansk sein. Geschweige denn die Krim.
Wenn die Krim fällt, kriegt die Ukraine den Donbass oben drauf. Rußland wird auf Jahre, wenn nicht eine volle Dekade beschäftigt sein damit, sich zurechtzurütteln nach der Putin-Ära. Fällt die Krim, fällt Putin.

Fällt aber Putin, werden sich neue Oligarchen finden. Die aber brauchen Kapital aus dem Westen. Dazu müssen die Sanktionen aufgehoben werden.

Sie behaupten immer gegen die gesamte NATO zu kämpfen um ihre miserable Bilanz zu rechtfertigen.


.
Gegen die Ukraine darf man nicht verlieren. Gegen die NATO schon.
 

sommersonne

Well-Known Member
Hmm. Dann frage ich mal andersherum: Bist du denn der Meinung, dass deutsche Medien - abgesehen von Ausnahmen wie z.B. dem Umgang mit der verirrten Rakete nach Polen - zurückhaltend und ausgewogen berichten?

Meiner Meinung nach ist das nicht so. @EnRetard hat es schon präzise ausgedrückt. Auch mir kommt vieles vor allem wie Kampagnenjournalimus vor.
Und das macht's zunehmend schwierig. Erinnere dich zum Beispiel mal daran, was vor der Leo II-Entscheidung hier abging. Da brauchte man weiß Gott kein Scholz-Fan zu sein, um den entfalteten Druck auch angesichts der weiteren Entwicklungen (keine bzw kaum Lieferungen von Partnerstaaten, Lieferprobleme bei dringend notwendiger Munition etc.) absonderlich bis kontraproduktiv zu finden. Kontraproduktiv deshalb, weil viel Mediengetrommel einfach nur hohe Erwartungen befeuert. Und dann? Was, wenn's aus diesen, jenen oder anderen Gründen schiefgeht? Dann hast du eine noch weiter gespaltene Gesellschaft - und leider auch sehr viel mehr als nur einen Punktsieg für Putin, dessen Propaganda-Abteilungen wahrscheinlich schon den Schampus kaltstellen. Das ist m.E. der Schaden, von dem EnRetard schrieb.
Man muß wissen was man will im Leben, auch Journalisten.
Du willst doch nicht sagen sie berichten sonst immer objektiv und hüten sich Partei zu ergreifen. Aber ausgerechnet beim Thema Ukrainekrieg verlangst du das?
Natürlich gibt es hohe Erwartungen in diesem Krieg, vor allem das wir, der Westen, sauber bleibt und keine schmutzigen Spielchen mit den Ukrainern spielen. Das ist eine Seite ihres Jobs, zu beobachten, aufzudecken und mitzuteilen.
Kann schon sein das das euch nicht gefällt und ihr Kampagnejournalistik meint, aber viel Kritik habe ich in aderen Fällen von euch nicht gelesen.
 

sommersonne

Well-Known Member
Hmm. Dann frage ich mal andersherum: Bist du denn der Meinung, dass deutsche Medien - abgesehen von Ausnahmen wie z.B. dem Umgang mit der verirrten Rakete nach Polen - zurückhaltend und ausgewogen berichten?

Meiner Meinung nach ist das nicht so. @EnRetard hat es schon präzise ausgedrückt. Auch mir kommt vieles vor allem wie Kampagnenjournalimus vor.
Und das macht's zunehmend schwierig. Erinnere dich zum Beispiel mal daran, was vor der Leo II-Entscheidung hier abging. Da brauchte man weiß Gott kein Scholz-Fan zu sein, um den entfalteten Druck auch angesichts der weiteren Entwicklungen (keine bzw kaum Lieferungen von Partnerstaaten, Lieferprobleme bei dringend notwendiger Munition etc.) absonderlich bis kontraproduktiv zu finden. Kontraproduktiv deshalb, weil viel Mediengetrommel einfach nur hohe Erwartungen befeuert. Und dann? Was, wenn's aus diesen, jenen oder anderen Gründen schiefgeht? Dann hast du eine noch weiter gespaltene Gesellschaft - und leider auch sehr viel mehr als nur einen Punktsieg für Putin, dessen Propaganda-Abteilungen wahrscheinlich schon den Schampus kaltstellen. Das ist m.E. der Schaden, von dem EnRetard schrieb.
Man muß wissen was man will im Leben, auch Journalisten.
Du willst doch nicht sagen sie berichten sonst immer objektiv und hüten sich Partei zu ergreifen. Aber ausgerechnet beim Thema Ukrainekrieg verlangst du das?
Natürlich gibt es hohe Erwartungen in diesem Krieg, vor allem das wir, der Westen, sauber bleibt und keine schmutzigen Spielchen mit den Ukrainern spielen. Das ist eine Seite ihres Jobs, zu beobachten, aufzudecken und mitzuteilen.
 
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