Och, jetzt macht doch nicht aus jeder Banalität eine ideologische Grundsatzdebatte
Im Zweiten Weltkrieg war man vom Wehrdienst freigestellt, wenn man einen „kriegswichtigen Beruf“ ausübte. So etwas ist hier gemeint. Wenn man also unabkömmlich war, weil man an Wunderwaffen forschte oder Arzt im Krankenhaus war.
Welch wunderbares treffendes Beispiel vom selbstverständlich völlig unideologischen zweiten Weltkrieg...
Von Kant stammt die etwas umständliche Formulierung, eine Zivilisierung der Menschheit sei denkbar, nicht aber eine Moralisierung.
Soll heißen, wir machen zwar technologische und auch soziale Fortschritte. Es gibt die Dampfmaschine; es gibt keine Sklaverei mehr. Aber moralisch werden die Menschen nicht besser, jede Generation steht neu vor gut und böse. Und in einem noch so tollem paradiesischen Sozial- oder sonstwas-ismus finden Halunken Wege, Übles zu tun.
Manchmal bist Du wirklich schwer zu verstehen. Oben wirfst Du einem User vor, der sich gerade offen gegen die Aufwertung jeglicher Ideologie ausgesprochen hat, dass er eine ideologische Grundsatzdebatte anzetteln wolle, und hier suggererst Du erneut, dass es mir um einen "tollen paradiesischen Sozial- oder sonstwas-ismus" gehen könnte. Was geht da vor in Deinen Gehirnwindungen?
Ich denke, dass Sprache und Denken in einer sehr engen Wechselwirkung stehen und sich gegenseitig bedingen. Insbesondere spielen Begriffe dabei eine Rolle; wenn einfache Worte in einem bestimmten Kontext verwendet werden und sie dabei durch diesen Kontext und die Referenzen überladen werden, dann werden sie zu Begriffen. Die Begriffe systemrelevant oder meinetwegen auch kriegswichtig gehören etwa ganz eindeutig zu den Kontexten System oder Krieg. Das sind vorwiegend technische Begriffe, ein System muss funktionieren, ein Krieg muss gewonnen werden, wofür es dann mehr oder weniger eindeutige technisch optimale Lösungen gibt. Darin steckt die Idee, dass das auch den in diesem Kontext beteiligten Menschen zugute kommt. Und genau darin steckt auch die Ideologie, dass es nämlich ein System gebe oder einen Krieg gebe, der grundsätzlich gut für alle beteiligten Menschen sei.
Und das ist, mit Verlaub, absoluter Schwachsinn. Und zwar ein Schwachsinn, den ich mit der Benutzung solcher Begriffe als Entscheidungskriterium einfach mittrage und mitvertrete. Da muss jeder selbt entscheiden, ob er das möchte oder nicht. Meine ganz persönliche subjektive Meinung dazu ist einfach: Igitt!
Und wenn es um die Menschen geht, die einfach nicht besser werden können trotz ihrer vermeintlichen technologischen und sozialen Fortschritte, und in jeder Generation erneut vor gut und böse stehen: wie lässt sich auf dieser Grundlage dann überhaupt von "besser", von "übel" von "gut und böse", von "Fortschritt" reden? Natürlich gibt es im absoluten Sinn kein Gut und Böse, natürlich hat die Geschichte kein Ziel im Hegelschen Sinn, beim dem zuletzt der Mensch zu Gott wird. Aber dennoch haben Menschen uneingeschränkt ihre Werte, leben und arbeiten damit, sie schwingen in all ihrem Handeln und Entscheiden mit. Und da kann es doch durchaus Sinn machen zu überlegen, welche Werte das sind, wie sie entstehen oder gestärkt werden oder wie sie eher geschwächt werden, welche kausalen Zusammenhänge oder Korrelationen zwischen bestimmten Werten und bestimmten Aussagen oder Handlungen bestehen, wo hier eher ein Widerspruch und wo eher Konsistenz usw.
Und in dieser Hinsicht kann sich der mensch und die menschliche gesellschaft surchaus entwickeln, genauso wie er sich in verschiedenen Wissensgebieten oder im sozialen Umgang entwickelt.