Ist das die schöne neue Zeit?

sommersonne

Well-Known Member
Wenn ich das so lese ... Jetzt verstehe ich besser warum Tochter und Schwiegersohn oft so fertig sind.

Was bin ich froh das ich schon so alt bin das das alles meist an mir vorüber zieht. Ich habe mittlerweile gelernt nein zu sagen. Als ich noch jünger war, konnte ich das auch nicht so gut und habe so manches gemacht was ich eigentlich nicht wollte.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Ich habe auch keine Antwort. Aber Ihr müßt viel weiter zurückgehen. Ich ziehe eine Linie bis in meine Kindheit, also in die 70er.

In der Stadt („Stadt“ höhö, in Solingen) lernte ich Supermärkte kennen mit Einkaufswagen. Und mich empörte als Kind, daß die Leute ihre Einkaufswagen hinter der Kasse im Weg stehen liessen, anstatt sie drei Meter weiter in die anderen Einkaufswagen hineinzuschieben. (Ich habe dann immer aufgeräumt, ist ja auch spannender, als mit Oma an der Kasse Schlange zu stehen.) Heute nötigt man die Menschen dazu, die Einkaufswagen ordungsgemäß wieder einzuparken, indem sie die Wagen mit einen Euro Pfand bestücken, die sie nur wiederkriegen, wenn sie sie zurückschieben. :(

In Nordschweden gibt es keine für Männer und Frauen getrennten Toiletten. Warum auch? Es ist doch selbstverständlich, daß man Gemeineigentum, commons, Allmende nach Gebrauch wieder herrichtet in den Originalzustand. Nicht auf die Brille pinkelt.

Wo ich als Kind gespielt habe: Schulhöfe, Kirchgärten ... überall sind heute Zäune drum. Weil die Menschen nicht mehr verantwortlich umgehen mit Gemeineigentum. Vernachlässigung, Verwahrlosung, geht-mich-nichts-an wie bei den Einkaufswagen und Toiletten war der erste Schritt, Vandalismus der zweite.

Und inzwischen richten sich diese Aggressionen auch gegen Menschen. :(
 

sommersonne

Well-Known Member
Mmm, dann wären sie gerade so weil alles reglementiert, mit Regeln besetzt ist? Sie sich nicht mehr frei fühlen. Weil sie jung sind, keine Perspektive sehen und denken mit Wahlen ändert sich garnix.

Dagegen spricht das sogar über 50-jährige auf andere Straßenteilnehmer mit Fäusten losgehen. Kann man mindestens einmal in der Woche in der hiesigen Zeitung lesen. Früher hat diese Altersklasse sich zurück gehalten und höchstens mal lautstark gemeckert.

Ich finde die Leute sind so unzufrieden und laufen mit finsteren Gesichtern herum.
Vor der Wende war das hier auch einmal schon so. Alle waren so unzufrieden, so mies gelaunt, saßen mit finsteren Gesichtern in der Straßenbahn, das wir immer dachten lange könne es ja nun nicht mehr dauern und die Bombe platzt.
Wir sind fast wieder da angekommen.
Aber das erklärt trotzdem alles nicht warum man jemanden Unbeteiligten am eigenen Leben die Treppe hinunter stößt.
 

eruvaer

Well-Known Member
Dagegen spricht das sogar über 50-jährige auf andere Straßenteilnehmer mit Fäusten losgehen.
vor diesem Stress ist keiner gefeit. der steckt an.
ob man nun als Senior dem Stress der Jugend an den Kassen, in Bussen und Bahnen oder als Pfleger ausgeliefert ist oder als Chef der gestressten Firma...es steckt an.
ausser man hält sich da konsequent raus und achtet wirklich aufmerksam auf das was man tut und wie man das tut und wie es sich auf einen selbst auswirkt. ich muss auch immer wieder von meinem Mann darauf aufmerksam gemacht werden, dass ich unentspannt bin und mir mal wieder meine "5 Minuten Ausrasten" gönnen muss. und ich wiederum ihn, wenn er miesepetrig wird, weil ihn der Stress nicht mehr loslässt.

dabei hat mich ein Nervenzusammenbruch vor einigen Jahren eigentlich schon für das Thema sensibilisiert...und die Mitstudenten, die ohne Ritalin, Koks, Beruhigungsmittel, Schlaftabletten usw nicht mehr durch den Alltag kamen.

dieses ewige Reglementieren wie @Alubehütet schlägt da genau so mit rein, wie die ununterbrochene Nutzung von Smartphones. überall erreichbar sein. immer. für jeden.
sag mal jemandem ins Gesicht
"ja, ich hab deine Nachricht im Messenger gesehen, aber nicht gelesen und/oder drauf geantwortet, weil ich grad meine Ruhe brauchte." :D
an diesen "gelesen"-Benachrichtigungen oder "zuletzt online...."-Anzeigen sind schon manche Freundschaften und Beziehungen gescheitert. weil sie das Verständnis nicht so schnell weiterentwickelt hat, wie die Erreichbarkeit.
früher musste man erstmal heim gehen, die Nummer nachschlagen und hoffen, dass der andere auch grade im Haus ist um das Telefon zu hören. da war man froh wenn jemand ran ging.
heute weiss man, dass jeder sein smartphone immer und überall dabei hat und erwartet immer sofort Antwort.
"ich bin bei der Arbeit und kann nicht immer am Telefon sein" zieht dabei nicht.

warum man jemanden die Treppe runterschubst?
ich glaube, weil man ausbricht aus den Erwartungen, Grenzen und Regeln.
Vielleicht hatte die Person noch die Schuhe oder das Handy, das man selbst gern hätte oder hat mit seinem Partner romantisch am Telefon gesprochen - während der Täter immer wieder als Single endet...vielleicht hatte er die Stimme vom Chef, der einen grad gefeuert hat...es scheint nicht mehr zu sein, als vor Wut gegen eine Wand zu schlagen.
Menschen nehmen andere Menschen nicht mehr so "echt" wahr, weil sie alle so "künstlich" auftreten in den "Social Media" - da hat niemand Probleme, niemand Problemzonen, niemand zu wenig Geld für die neue Mode und niemand Fehler. da ist jeder eine perfekte Supermaschine. mit perfektem Haut, perfekten Haaren, perfektem Körper, perfekter Beziehung und perfektem Job der mehr als genug Zeit gibt für den perfekten Luxusurlaub.
und wenn die Bilder dafür auch noch so krass gefaket, bearbeitet und überbelichtet sind.
alles andere wird einfach nicht geteilt.
das gibt es alles nicht.
dabei sind es oft die mit den größten Selbstzweifeln, die die schönsten Fotos posten und die meisten Likes sammeln... (wer sonst würde Stunden daran verschwenden, die perfekten Posen, Blickwinkel und Belichtungen zu finden?)
der Täter selbst hat das alles aber. sein Opfer vermutlich nicht. das wird "übermenschlich" erscheinen und den Tritt damit "verdient" haben, dass es so abartig perfekt ist, wie "alle anderen".

man guckt nicht mehr dahinter.

man entfremdet sich als Menschen.
Neid, Hass, Abgrenzung, Missgunst...das alles dominiert dadurch einfach immer mehr.

auch so eine Tat, wie mit dem kleinen Kind auf dem Beifahrersitz, die Mutter am Auto durch die Stadt zu schleifen könnte man damit erklären...man lässt jemanden in sein unwürdiges Leben, hinter die Fassade und derjenig verletzt und enttäuscht einen und lässt einen allein zurück. - früher bedeutete das grade für Frauen Armut und Ausgrenzung - heute ist das emotional gesehen ein Weltuntergang.

die ganze Welt scheint sich für sehr viele Menschen nur noch im EIGENEN Kopf und einer Blase drumherum abzuspielen.

was daraus dann für Unglücke entstehen....ist ungewiss....
der eine bringt sich um, der andere bekommt "nur" eine Essstörung oder Fitnesssucht, der nächste geht lieber auf wen anders los statt sich selbst...



_____
Klarstellung vorweg:
nur dass ich versuche Zusammenhänge zu verstehen bedeutet noch lange nicht, dass ich daraus resultierendes Verhalten gutheisse, entschuldige oder relativiere. JEDER hat die Verantwortung und Freiheit selbst zu entscheiden, ob er sich legal oder illegal verhält. und illegal ist die falsche Entscheidung.
 

sommersonne

Well-Known Member
Die letzten Sätze hätte es nicht gebraucht. Das war klar.

Du schreibst das was ich schon lange denke, trotzdem macht es mir Gänsehaut und ich darf garnicht daran denken was denn die nächste Steigerungsstufe sein könnte.

Ich habe natürlich auch ein Smartphone gekauft als mein Handy kaputt war. Genau wie schon vorher das Handy liegt das aber auch meist zu Hause herum. Ich denke selten daran es mitzunehmen wenn ich weg gehe und werde von einer meiner Freundinnen immer gerügt und auch warum ich mir denn nun nicht Whats up herunter lade. Man müsse ja immer mit mir telefonieren. :eek::pAber ich habe eben auch meine Ruhe.
 

eruvaer

Well-Known Member
Ich denke selten daran es mitzunehmen wenn ich weg gehe und werde von einer meiner Freundinnen immer gerügt und auch warum ich mir denn nun nicht Whats up herunter lade. Man müsse ja immer mit mir telefonieren. :eek::pAber ich habe eben auch meine Ruhe.
..und das machen leider viele nicht.
sie könnten ja irgendwann nicht mehr Bescheid bekommen, wenns ins Kino geht oder in eine Bar, weil man davon ausgeht, dass sie eh nicht zeitnah reagieren...viele werden dann auch wirklich einfach unabsichtlich vergessen, wenn sie kein Whatsapp/FB haben und bekommen dann vielleicht erst einen Anruf, wenn die andern schon alle zusammensitzen und sich fragen wo XY denn ist...

ich kenn Beziehungen, wo der Mann nicht ohne voll geladenes Handy aus dem Haus gehen darf. und immer antworten muss, weil sonst Fremdgehen oder anderes schlimmes quasi als bewiesen angesehen wird.
wo ich früher noch immer die war, die oline rumchattet, werd ich heute eher gefragt, warum ich nicht intensiv mit meinem Partner schreibe, wenn wir nicht etwas zusammen machen. woher ich dann wisse was er "so treibt".
"der meldet sich, wenn er gut vor Ort angekommen ist und weiss wann/ob er zurück kommt, damit ich mit keine Sorgen machen muss und geniesst die restliche Zeit mit seinen Freunden" führt zu völlig verwirrten und verständislosen Gesichtern.
(ich spreche bei unseren persönlichen "Peergroups" diesbezüglich von vorwiegend 18-26jährigen.
"meine Generation" weiss zum Glück noch was es bedeutet minutenlang darauf zu warten, dass sich ein Bild auf einer Website öffnet, wie man ohne Handy überlebt und haben größtenteils weder FB noch Instagram oder Whatsapp...so manch einer noch nicht einmal ein Smartphone :eek:
die haben noch mehr Geduld - und telefonieren leider gern :rolleyes: ;) )

man kümmert sich nicht mehr so sehr...weder um die anderen noch um sich selbst...nur um das Image...

und das wird glaub ich erst noch mal viel schlimmer, bevor es besser wird...zumindest lassen die jungen Kiddies, die Youtube-Stars sind, das vermuten...

dabei ist das eigentliche Phänomen gar nicht neu... "Was sollen die Nachbarn denken!?" nannte man es früher.
nur das Ausmaß und die Intensität scheint wegen der Blasendenkerei sehr viel gravierender zu sein.-
 

aleynanaz1

Well-Known Member
Für mich ist es heute unglaublich,aber so soll es gewesen sein.
Früher zu Zeiten meiner Mutter sie ist jetzt 53 J
haben sie nicht mal dir Tür abgeschlossen .wenn sie ihr Haus,oder die Wohnung verlassen haben,wenn sie einkaufen ,oder Nachbarn besuchen wollten.Nix passierte ,bis sie wieder zurück kamen.
Keine Einbrecher,oder sehr selten.
Man prügelte sich auch kaum im Vergleich zu heute,da geht man heute schon wegen einem kleinen Problem auf einen los ,um sich gegenseitig die Schädel einzuschlagen.
 

sommersonne

Well-Known Member
Erinnert mich daran wie wir das erste Mal nach der Wende Tante und Onkel in der Schweiz besuchten. Es ging zum Bauern Kirschen kaufen. Die Bäuerin war auf dem Feld, kam dann aber. Als es ans bezahlen ging, nahm sie ihr Portemonaie außen vom Fensterbrett. Meine Tochter und ich, wir waren platt. Portemonaie öffentlich herum liegen lassen, das war uns neu. Wäre bei uns nie gegangen.
 

eruvaer

Well-Known Member
Für mich ist es heute unglaublich,aber so soll es gewesen sein.
Früher zu Zeiten meiner Mutter sie ist jetzt 53 J
haben sie nicht mal dir Tür abgeschlossen .wenn sie ihr Haus,oder die Wohnung verlassen haben,wenn sie einkaufen ,oder Nachbarn besuchen wollten.Nix passierte ,bis sie wieder zurück kamen.
Keine Einbrecher,oder sehr selten.
Man prügelte sich auch kaum im Vergleich zu heute,da geht man heute schon wegen einem kleinen Problem auf einen los ,um sich gegenseitig die Schädel einzuschlagen.
hihi ja. ich muss jetzt auch lernen die Türen abzuschliessen, weil hier wohl oft eingebrochen wird in der Gegend.
bei meinen Eltern steht oft alles offen auch wenn niemand zuhause oder in der Nähe ist. in der ganzen Nachbarschaft ist das so.
ich sag jetzt lieber nicht wo :D :D

Papa sagt dann immer "ja, was wollen die hier auch holen? wenn sie den alten Röhrenfernseher sehen, lassen sie eher noch Geld da als das Ding mitzuschleppen."

gegen ein generelles "früher gab's sowas nicht" bin ich dennoch wehement.
das Aggressionspotential der Menschen waren meiner Meinung nach immer schon in gleichem Maße vorhanden.
es lebte sich lediglich anders aus.
wo früher ein einfacher Kraftausdruck schon ein krasser Schritt über die Grenze war, landet das gleiche Wort heute vielleicht schon bei Lehrern in jedem dritten Satz.
wo man früher ein Gangster war, wenn man einen Apfel beim Nachbarn geklaut hat, ist man es heute wenn man jemanden die Treppe runter schubst...
vieles wurde früher aber auch einfach totgeschwiegen.
ich hab letztens eine Doku über Missbrauch von Priestern an einer katholischen Mädchenschule in den USA geschaut, wo systematisch über Jahrzente unzählige Mädchen missbraucht und sogar eine Nonne, die dagegen vorgehen wollte ermordet wurde. das war wirklich erschreckend mal so real aufgezeigt zu bekommen, was ich früher "nur" als "das war damals so" erzählt bekam.
da hatten Väter Kinder mit ihren eigenen Kindern - jeder wusste das, das Kind hatte "auch nicht alle ganz richtig" (wohl wegen der Inzucht) - aber getan wurde nichts. was auch? einer kinderreichen Familie den Ernährer nehmen?
ich will gar nicht wissen, wie oft damals wirklich Kinder "klein der Katze" gegeben wurden...
oder Serienmorde wo auch damals schon alle Fakten bekannt waren, aber der Mörder nicht zur Rechenschaft gezogen werden konnte...

vielleicht verschiebt sich also auch einfach nur die Art der Verbrechen, weil die Aufklärungsraten höher und die Zahlen der nicht angezeigten Straftaten geringer ist...
 

aleynanaz1

Well-Known Member
Wäre auch heute jemand,der Äpfel,oder Birnen klaut als Gangster abgestempelt, hätte man sich bestimmt noch einmal überlegt ,was bei schlimmeres passiert.
 
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