Reichelt und sein Fischwickelblatt auch Bild genannt. Alles hier rein, was die angeht?

Alubehütet

Well-Known Member
Da dein Reichelt jetzt weg vom Fenster ist wirst du auf hunderte Frauen denen das gleich widerfahren ist verzichten müssen.
Im Gegenteil. Eine hat den Damm gebrochen. Jetzt kriegt Springer sein eigenes #metoo.
Immerhin hat sich eine getraut und gesprochen und damit wahrscheinlich vielen anderen Frauen ein solches Schicksal erspart. So ein Mut muss sehr gewürdigt werden.
Sie hat ihre Erfahrungen ja schon in Romanen verarbeitet, jetzt kann sie zum realen Hintergrund auspacken. Wobei ich nicht sagen möchte, daß sie als Handlungsreisende in Sachen eigener Bücher unterwegs ist: Andere Frauen werden die Bücher lesen, sich in ihnen wiederfinden und auch ihre Sprache finden; das ist ihr Anliegen.
Guter Artikel, aber in dem geht es um Döpfners politisch-weltanschauliche Verortung. Döpfner hat die amerikanische Firmenkultur und ihre Sensibilität für strukturellen Sexismus nicht verstanden, für strukturalisierten sexualisierten Machtmißbrauch. Was berichtet wird, was Smith in der ZEIT erzählt: Selbstverständlich sind Firmen Beziehungs- und Ehestifter Nr. 1. Dort lernt man Menschen über längere Zeit und unverbindlich kennen. Ohne, daß es gleich um Flirt ginge und um „sehen wir uns noch einmal?“ wie bei einem Dating nach einer Zeitungsannonce. Wenn aber einer zugleich weisungsbefugt, Vorgesetzter ist, dann gibt ihm das auch Macht, den Partner zu schikanieren, zu mobben. Darum werden die Betreffenden durchaus dann in andere Abteilungen versetzt, selbst wenn denen das gar nicht Recht ist am Anfang. Das macht es aber einfacher, die Beziehung aus der Arbeit heraus zu halten, gerade auch dann, wenn's schief geht und sie sich wieder trennen. Was neben aller Moral auch wirtschaftlich effizienter ist, als wenn die Arbeitsbeziehungen von Mitarbeitern belastet wird von Privatkrams.

Springer ist dafür noch überhaupt nicht aufgestellt. Die sind noch 50er. Komm, setz dich zum Diktat auf meinen Schoß, Liebchen. – Noch ist Fox News weit rechts von Bild TV. Aber eine solche Unternehmenskultur wäre bei denen schon lange undenkbar.
 
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Bintje

Well-Known Member
Spiegel-Titel der heutigen Woche (Paywall):


Lohnt sich aber. Auch in Bezug auf Döpfner!
Und klar, natürlich kann man nebenbei fragen, ob es so "nett" ist, wenn die Konkurrenz sich am Bild-Dilemma weidet, es sogar zum Aufmacher macht. Aber bitte, wer sollte das sonst tun? Wer soll die Verhältnisse sonst kritisieren? Springer selbst tut offen und transparent, verhält sich aber keineswegs so. Und die Geschichte dem üblichen Internet-Rauschen und journalistischen Fachblättern zu überlassen, wäre m.E. grundverkehrt.

Bettina Gaus, die ich im Allgemeinen sehr schätze, hat die Affäre übrigens bemerkenswert kommentiert. Oder hatten wir das schon?


"In die Berichterstattung über den Fall des gefeuerten »Bild«-Chefredakteurs Julian Reichelt hat sich in den vergangenen Tagen ein merkwürdig prüder Ton geschlichen. Inzwischen entsteht der Eindruck, Frauen seien stets und grundsätzlich die Opfer in Beziehungen mit männlichen Vorgesetzten – auch dann, wenn sie selbst eine solche Beziehung wünschten. Hinter einer solchen Sicht steckt ein Weltbild, in dem Frauen nicht imstande sind, selbstbestimmt die Entscheidung darüber zu treffen, mit wem sie ins Bett gehen wollen. Das ist eine besonders perfide Art der Diskriminierung, weil sie sich als Fürsorge tarnt. (...)"

Die Betrachtungsweise kann ich gut nachvollziehen, finde ich begründet, aber man merkt ihrer Meinung auch an, dass sie offenbar nie in breitbeinigen "Bild"-Strukturen gearbeitet hat. Klar hätte frau Nein sagen können - nur wirste bei dem von Alpha-Männchen dominierten Hierarchiegefälle dann im Zweifel auch gedisst, schlicht für unfähig erklärt oder bist den Job los. Reichelt, den ich für einen ausgemachten Widerling halte, dürfte jedenfalls gewusst haben, warum er es anscheinend hauptsächlich auf Berufsanfängerinnen abgesehen hatte. Und schon fällt Gaus' ansonsten plausible Argumentation in sich zusammen. Sie geht von gleichberechtigten Beziehungen auf Augenhöhe aus. Romantisch, aber in diesem Kontext sehr unrealistisch.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Stimmt alles, aber ich weiß aus einer langen Beschäftigungszeit in einem Medienunternehmen, dass weibliche Vorgesetzte auch zu Machtmissbrauch neigen, vor allem solche, die selbst mit Würgreiz und zugehaltener Nase nach oben gelangt sind.
Solche Führungskräfte kenne ich auch. Eine von ihnen riet mir ab, den Vetrag eines Mitarbeiters deshalb nicht zu verlängern, weil er eine Mitarbeiterin belästigt hatte, die sich sich bei mir darüber beschwerte, und welches ich selbst auch aus den Augenwinkel registriert hatte. Das Ende vom Lied: einr 1,5 Jahre dauernder Rechtsstreit - am Ende um ein Arbeitszeugnis, in dem ich die Formulierung nicht aufnehmen wollte und auch nicht tat: allseits beliebt. Mit ein wenig Unterstützung der Kolleginnen wäre die Sache gewiss sehr verkürzt worden.
Einmal oben, unterscheiden sich Frauen von Männern nicht besonders. Da dürfte das Verhältnis integer zu nicht-integer ungefähr gleich sein. Integre Vorgesetzte baggern nicht mal besoffen ihre Praktikantinnen oder Praktikanten an. Auch darf man nicht vergessen, dass die jungen Leute, die da von den Herrschaften angebaggert werden, die Anbaggerei noch gar nicht deuten können oder auch nicht wissen, wie sie darauf reagieren sollen, wenn der Chef vom Ganzen sich annähert. Man will auch nicht unhöflich sein und den Chef blamieren. Genau diese Unerfahrenheit wird von Chefs und womöglich auch Chefinnen gern ausgenutzt. Da es aber mehr männliche Chefs als weibliche in fast allen Bereichen gibt, sind natürlich auch die Fallzahlen männlicher Täter höher.
Frauenverachtend ist es auf jeden Fall, vom Beinebreitmachen der Frauen zwecks Karrierebooster zu schreiben. Im Grunde genommen ist es menschenverachtend. Denn wenn so etwas geschieht, ob Mann oder Frau, dann muss die Not oder der Druck sehr groß sein und wir sollten uns nicht moralisch über Menschen in Not oder unter Druck erheben.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Das Problem bei sexualisiertem Machtmißbrauch ist das beiderseitige Einverständnis. Mißbrauchsopfer tun sich ungeheuer schwer, einzusehen, sich einzugestehen, daß sie überhaupt Opfer sind.
Wie können wir bei sexuellem Machtmissbrauch von beidseitigem Einverständnis sprechen? Übertrage das mal auf den sexuellen Machtmissbrauch eines Erwachsenen gegenüber einem Kind, das freiwillig alles mögliche macht, nur damit es aufhört.
Also du musst dich schon entscheiden, ob alle Beteiligten aus freiem Willen mitmachen, oder ob Machtmissbrauch im Spiel ist. Beides zusammen ist ungefähr so wie die Quadratur des Kreises.
Am ärgerlichsten ist allerdings, dass ich das überhaupt erklären muss, und dass dir der Widerspruch selbst nicht aufstößt: Machmissbrauch bei beidseitigem Einverständnis.
 
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Mendelssohn

Well-Known Member
Ich habe gelesen von Praktikantinnen, Anfang 20, die sich nach einem Abenteuer mit Reichelt auf einmal festangestellt wiederfanden in gehobeneren Positionen, für die sie nicht qualifiziert waren. Da kommen männliche Praktikanten unter gleichen Voraussetzungen gar nicht hin.
Wenn Reichelt schwul wäre, wären männliche Praktikanten auch so weit gekommen. Machtmissbrauch wäre es genauso.
Interessant ist der Schlenker, dass qualifierte Männer durch das Beinebreitmachen der Frauen in ihrer Karriere blockiert werden. Mein Mitleid für die armen diskriminierten Männer hält sich in Grenzen. Entweder scheitern sie an der Frauenquote oder der Attraktivität der Praktikantinnen. Wenn ich Typ wäre, würde ich sagen: Was für ein loser.
 

Msane

Well-Known Member
Wer bei dem Assiblatt Nr. 1 Bildzeitung anheuert und sich dann auch noch mit dem Oberschmierfink ins Bett legt ist selbst schuld, kein Mitleid.


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EnRetard

Well-Known Member
Wer bei dem Assiblatt Nr. 1 Bildzeitung anheuert und sich dann auch noch mit dem Oberschmierfink ins Bett legt ist selbst schuld, kein Mitleid.


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Der Oberschmierfink ist doch nur ein besonders krasses Beispiel, das auch deshalb so viel Wirbel macht, weil der Typ generell als skrupelloses A. aufgefallen ist. Machtmissbrauch gibt es überall, wo Macht ist. Victim blaming ist unangebracht.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Wenn das so stimmt: Ippen wußte, daß da zeitgleich und unabhängig von seinen Leuten was kommt in der NYT, und daß das für Springer allgemein wie für Döpfner im Besonderen in den USA ein Riesenproblem sein wird, wie man sich das hier gar nicht wird vorstellen können: Er wollte sich da schlicht nicht persönlich dran beteiligen. Er hat nichts falsch eingeschätzt. Einen scoop verschenkt. Er ist einer der letzten der Alten, er hätte sich viel früher zurück ziehen müssen, er will sich aus persönlicher Loyalität zu mehrheitlich längst Verstorbenen an diesen neuen Zeiten schlicht nicht beteiligen.
Weil ja die allgemeine Geschichte die ist, er sei naiv, habe gedacht wie im Vorinternetzeitalter, wenn er die Geschichte nicht bringt, dann findet sie auch nicht statt. Er wußte, daß die Geschichte stattfinden würde so oder so, in der NYT. Und was bei uns ein Skandal wäre, der allerhöchstens zum Abgang Reichelts geführt hätte, stellt eine Veröffentlichung in den USA die Unternehmenskultur Springers insgesamt in Frage, vielleicht sogar die Personalie Matthias Döpfner.
 
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