AW: Verliebt in Türkin - kann sowas gut gehen?
Hallo Anouk,
die Tiefgründigkeit deines Textes hat mich begeistert ! Ich bin noch ganz benommen...
Und was du da so treffend in Worte gefasst hast, beschreibt genau das Gefühl, was sicher auch viele Ostdeutsche haben. Ich spreche von den so genannten "Jammer-Ossis".
In einer Gesellschaft, wo es nur um Leistung, Effektivität, Konsum und Coolness geht, ist für solche nostalgischen Gefühle kein Platz mehr.
Der Mensch soll funktionieren. Alles muss einen praktischen Nutzen, eine logische Begründung, einen materiellen Wert haben.
Wem es nicht gelingt, sich anzupassen und diese vermeintlichen "Schwächen" in sich zu verdrängen oder abzuspalten, der wird belächelt oder ausgegrenzt.
(Nicht umsonst werden in Ländern wie den USA bereits von über 50% der Bevölkerung täglich stimmungsaufhelende Medikamente (=Antidepressiva) konsumiert...)
Ich glaube, du hast den großen Zusammenhang gesehen. Denn dieses Problem betrifft nicht nur Türken, die sich in Deutschland nicht wirklich zu Hause fühlen. Es betrifft jeden Menschen, der sich mit diesem Wertesystem nicht identifizieren kann. Der es einfach bedauert, dass dabei wichtige Dinge verloren gehen. Werte, die uns ursprünglich erst zum Menschen gemacht haben.
Und das führt bei uns eben zu einer gewissen Melancholie, einer Trauer um das Verlorene.
In unserer schnelllebigen "Spassgesellschaft" wird das als nicht sonderlich zeitgemäß empfunden.
LG cassandra
Und ich glaube, dass Biografien, die nicht gradlinig verlaufen, sondern womöglich auch von mehr oder weniger abrupten Brüchen gekennzeichnet sind, in dieser Hinsicht eine Herausforderung darstellen: sei es, dass ein Kind die Erfahrung gemacht hat, permanent zwischen zwei Welten zu stehen, sei es, dass die Eltern sich irgendwann entschlossen haben, z.B. von Sivas nach Dortmund zu ziehen, oder - umgekehrt - von Hamm zurück nach Zonguldak ... es bleibt, glaube ich, ein Loch. Das Gefühl eines emotionalen Verlustes, der sich bisweilen tief in die Seele einbrennt. Aber Gefühle, schon gar nicht die eines Kindes, sind in solchen Um- und Aufbruchzeiten wenig gefragt. Gefragt ist Anpassung, Leistung, nicht das, was mancher, der sich seiner eigenen verschütteten Gefühle nicht bewußt ist, abwehrend als "Larmoyanz" bezeichnen würde. (...)
Was bleibt, sind Erinnerungen an andere Landschaften, Gerüche, sinnliche Erfahrungen, wie Izzet es so treffend beschrieb. Was bleibt, ist - vielleicht - eine unstillbare Sehnsucht, die umso stärker werden kann, je weniger es gelingt, ihr im Alltag, im Hier und Jetzt, Ausdruck zu verleihen. Und sei es durch Kleinigkeiten, die einem anderen gar nichts, einem selbst jedoch sehr viel bedeuten. (...)
Wer seine Wurzeln, seine Bedürfnisse, beständig in sich vergräbt, oder glaubt: sie vergraben und unterdrücken zu müssen, weil es (angeblich, sprich: in der eigenen Vorstellung, den eigenen Ängsten) anders nicht geht, wird dieses bittere Gefühl des Abgetrenntseins sicherlich kennen - und sehr wahrscheinlich solange wiederholen, wieder erleben, bis auch das Verdrängte und Verleugnete, die Wehmut und der Schmerz über den Verlust oder das Fehlen eines "heimatlichen" Gefühls, nicht mehr schamhaft verschwiegen, sondern als das gewürdigt wird, was es ist: der tiefe Wunsch nach Zugehörigkeit. (....)
Das ist natürlich, ironisch gesagt, nicht "cool". Es kratzt an der eigenen Fassade, vielleicht auch am eigenen Stolz. Und natürlich kann man vorschieben, man wolle den Partner nicht kränken, und sicher spielt das auch rein.. mehr aber auch nicht.
anouk
Hallo Anouk,
die Tiefgründigkeit deines Textes hat mich begeistert ! Ich bin noch ganz benommen...
Und was du da so treffend in Worte gefasst hast, beschreibt genau das Gefühl, was sicher auch viele Ostdeutsche haben. Ich spreche von den so genannten "Jammer-Ossis".
In einer Gesellschaft, wo es nur um Leistung, Effektivität, Konsum und Coolness geht, ist für solche nostalgischen Gefühle kein Platz mehr.
Der Mensch soll funktionieren. Alles muss einen praktischen Nutzen, eine logische Begründung, einen materiellen Wert haben.
Wem es nicht gelingt, sich anzupassen und diese vermeintlichen "Schwächen" in sich zu verdrängen oder abzuspalten, der wird belächelt oder ausgegrenzt.
(Nicht umsonst werden in Ländern wie den USA bereits von über 50% der Bevölkerung täglich stimmungsaufhelende Medikamente (=Antidepressiva) konsumiert...)
Ich glaube, du hast den großen Zusammenhang gesehen. Denn dieses Problem betrifft nicht nur Türken, die sich in Deutschland nicht wirklich zu Hause fühlen. Es betrifft jeden Menschen, der sich mit diesem Wertesystem nicht identifizieren kann. Der es einfach bedauert, dass dabei wichtige Dinge verloren gehen. Werte, die uns ursprünglich erst zum Menschen gemacht haben.
Und das führt bei uns eben zu einer gewissen Melancholie, einer Trauer um das Verlorene.
In unserer schnelllebigen "Spassgesellschaft" wird das als nicht sonderlich zeitgemäß empfunden.
LG cassandra