EnRetard
Well-Known Member
Ungleichheit und Ungerechtigkeit sind in unserer Gesellschaft tief verwurzelt. Und sie geht gar nicht, wie man zunächst meinen würde, von der Bevölkerung selbst aus, sondern vor allem von unserem achso demokratischen Rechtsstaat. Beispiel Staatsdienst und Rente.
Es gibt ca. 45 Mio Erwerbstätige in Deutschland und 1,6 Mio Beamte und Richter. Bekanntlich sind Beamte unter sehr günstigen Bedingungen privat krankenversichert, haben einen krisenfesten Job, müssen keine Rentenversicherung zahlen, erhalten zu zahlreichen Ausgaben Beihilfen, die es sonst nirgendwo mehr gibt, müssen wegen des vergleichsweise geringeren Bruttoeinkommens bei gleichem oder höherem Nettoeinkommen geringere Steuern zahlen, dürfen in vielen Fällen früher in den Ruhestand und erhalten dann eine voll steuerfinanzierte und gegenüber gesetzlich Rentenversicherten üppig zu nennende Pension.
Und es gibt nicht das geringste vernünftige Argument für diese gesetzlich festgelegte Vorzugsbehandlung von etwa jedem dreisigsten Erwerbstätigen. Aber sehr wohl eine Ursache dafür: nämlich, dass dieselben Politiker, die über Höhe von Diäten und Pensionen ebenso bestimmen wie sie auch die Rahmenbedingungen der gesetzlichen Rentenversicherung festlegen, von denselben Vorteilen wie die Beamten profitieren. Und die legen nicht das geringste Interesse an den Tag, an dem Ast zu sägen, auf dem sie selbst sitzen.
Dabei wird nun schon seit drei Jahrzehnten fast permanent über die Rente diskutiert, werden Expertenkommisionen eingesetzt, alle zukünftigen Rentner darauf vorbereitet, dass es künftig immer weniger gesetzliche Rente geben wird, und das vollständig steuerfinanzierte Pensionsprinzip bleibt dabei völlig außen vor. Es ist ein Missstand und eine Ungerechtigkeit, die jeden einzelnen Wähler und Erwerbstätigen in diesem Land betrifft und ganz sicher so lange nicht behoben wird, bis die eigentlich verfassungsmäßig garantierte Gleichbehandlung aller Bürger auch in den Ruhestandsregelungen umgesetzt wird.
Was bitte schön könnte dagegen sprechen, dass das Ruhestandsgeld eines Staatsbediensteten genauso erwirtschaftet und berechnet wird wie bei jedem anderen steuerzahlenden Erwerbstätigen?
Besonders auffällig ist diese Ungerechtigkeit dort, wo zwei Menschen im öffentlichen Dienst genau dieselbe Arbeit machen, der eine verbeamtet ist, der andere nicht (wie es mittlerweile an sehr vielen Schulen der Fall ist), und sich dann über die Jahre hinweg, wie erst kürzlich in einer Studie in NRW errechnet, ein geldwerter Vorteil von mehreren hunderttausend Euro (!) für den verbeamteten Kollegen ergibt.
Stört niemanden. Warum denn auch? Wo wir uns doch so köstlich und ausgiebig aufregen können über die paar Kröten, die uns die Flüchtlichge kosten, bevor sie dann anfangen, die steuerfinanzierte Pension eines Herrn Gauland ebenso zu finanzieren wie das Hartz4 oder die zukünftige Rente der Glatzköpfe, die sie durch deutsche Innenstädte jagen....
Ich finde deinen Beitrag überraschend einseitig.
Tatsächlich haben die Beamten einen echten Vorteil gegenüber Angestellten, das ist die im Vergleich zu Angestelltenrenten deutlich bessere Altersversorgung. Schon bei der Krankenversorgung ist die Sache nicht mehr so eindeutig. Zwar erhalten Beamte Beihilfen in Höhe von 50% der Krankheitskosten gemäß dem Leistungskatalog. Die anderen 50% müssen sie aus eigener Tasche bezahlen oder sich privat krankenversichern. Das privilegiert sie einerseits, da Privatpatienten einfacheren Zugang zu Fachärzten haben und im Krankenhaus teurere Leistungen erhalten. Andererseits gibt es keine kostenlose Familienmitversicherung. Ist Ehegatt/e/in nicht in der GKV, werden also teure Beiträge zur PKV fällig. Zudem nützen einem 30jährigen Polizisten in München, Frankfurt, Berlin oder Düsseldorf weder die Aussicht auf eine auskömmliche Pension noch die Privatbehandlung beim Arzt was, wenn er seine Miete bezahlen soll, denn die Gehälter sind bei Beamten im mittleren Dienst nicht üppig.
Es ist ja nicht so, als würden bei der Polizei die BewerberInnen Schlange stehen. Auch LehrerInnen sind in den meisten Bundesländern knapp. Eine Abschaffung der Beamtenprivilegien würde diese Knappheit verschärfen, wobei vermutlich die Einführung einer Bürgerversicherung mit Abschaffung der PKV und Beihilfe und Heranziehung der Beamten, aber auch der Einnahmen aus Kapital und Mieten nicht an den Beamten scheitert - sondern am Geschrei der richtig Reichen und der Gesundheits- und Versicherungslobby.