Aus der aktuellen Zeit:
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Schließlich die Wohlmeinenden. Dazu gehören Mahzarin Banaji und die allermeisten anderen. Ich habe mich gefragt, ob es wirklich sinnvoll ist, solche Menschen als Rassisten zu bezeichnen. Ob der Begriff dadurch nicht jegliche Trennschärfe verliert. Inzwischen denke ich: er gewinnt an Trennschärfe, indem er jene ins Licht rückt, die Teil des Problems sind, ohne es zu ahnen. Jene in der Mitte der Gesellschaft, die sich, wenn sie in Deutschland leben, gegen Neonazis und die Facebook-Hetzer von der AfD aussprechen und finden, damit hätten sie genug getan.
Natürlich ist es wichtig, Rechtsradikale zu bekämpfen, sehr sogar, aber es reicht nicht. Eine gesellschaftliche Mitte, die den Rassismus besiegen will, darf nicht nur auf die Ränder zeigen. Sie muss sich selbst hinterfragen.
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Leider führt der Autor Bastian Berbner an dieser Stelle nicht weiter aus, warum das so ist. Vermutlich ist er noch nicht so weit, weil es eine gewisse Überwindung und zahlreicher schmerzhafter persönlicher Erfahrungen bedarf, um auch diesen logischen konsequenten und letzten Schritt in der Beurteilung der Situation zu gehen:
Die Mitte der Gesellschaft ist nicht nur Teil, sondern der Kern des Problems! Denn die Ränder bilden sich nur so und in dem Maße aus, in dem es von der Mitte, wenn schon nicht gefördert, dann doch zumindest mitgetragen und geduldet wird.
Man muss sich das wirklich so ähnlich wie einen Eisberg vorstellen: der sichtbare Teil über dem Wasser wird von einem sehr viel größeren unsichtbar unter der Wasseroberfläche schlummernden Teil getragen, ohne den er selber auch in der Versenkung verschwinden würde.
Auf der untersten Schicht muss man sich die vorstellen, die selbst Menschen anderer Kulturen nicht für minderwertig halten, darum auch nicht so über sie reden, aber den Nachbarn oder Kollegen, der das andeutungsweise oder vielleicht sogar unbewusst tut, nicht für einen schlechten Menschen halten und mit ihm über dieses Thema gar nicht diskutieren wollen, also nicht widersprechen.
Dann kommen diejenigen, die vielleicht nur aus Gewohnheit und Tradition und überwiegend ohne sich dessen bewusst zu sein fremdenfeindlich sind, mit solchen zusammen, die diese Haltung, zunächt in diesem privaten Kreis, konsequent weiterführen und das Fremdenfeindliche auch tatsächlich so kommunizieren.
Und erst wenn das im privaten engeren Umfeld so akzeptiert wird und alltäglich wird und ankommt, trauen sich einige wenige davon auch, damit an die Öffentlichkeit zu gehen oder konkrete Straftaten zu planen, die sich dann erst im öffentlichen Diskurs als Nachrichten oder Debatten niederschlagen.
Bis also die Gesellschaft tatsächlich etwas mitbekommt, ist das allermeiste in zahlreichen Schichten mit einer Unzahl an Beteiligten schon passiert und vorbereitet worden. Darum sind die öffentlich diskutierten Straftaten und Hassprediger für mich nur eine zwangsläufige unvermeidbare Folge einer viel tiefer greifenden und sehr sehr viele Menschen betreffenden Entwickung und bei weitem nicht Ursache und Kern des Problems.