Was denkt Ihr gerade? (38)

Bintje

Well-Known Member
... während ich gemächlich vor mich hin lese: was ist DAS? Es kräht wieder!! :D Und gackert.

Ich schrieb ja, dass ich nicht weiß, was aus dem anderen Hahn geworden ist - aber entweder hatten seine Halter ihm und den Hennen nach der Bluttat im anderen Stall erstmal Arrest verordnet, oder sie haben Nachfolger beschafft. Fein! :) Hatte schon überlegt, ob man nicht ein paar Nachbarn mobilisieren könne, um zusammenzulegen und den Waschbär-Geschädigten unter die Arme zu greifen - gegen frische Eier, versteht sich.
Eine Art Hühner-Patenschaft. Irgendwie so. Aber nun hat sich das erledigt.
Es KRÄHT wieder! Unüberhörbar! :) :) :)
 

sommersonne

Well-Known Member
Wahrscheinlich doch. Es ist unmöglich alle diese eingeschleppten Tierarten in jedem Land wieder zu entfernen und der Klimawandel wird sowieso auch dazu beitragen das Tiere anfangen zu wandern und sich in ihnen ursprünglich fremden Gebieten niederzulassen.
 

Bintje

Well-Known Member
Wahrscheinlich doch. Es ist unmöglich alle diese eingeschleppten Tierarten in jedem Land wieder zu entfernen und der Klimawandel wird sowieso auch dazu beitragen das Tiere anfangen zu wandern und sich in ihnen ursprünglich fremden Gebieten niederzulassen.

Ja, das denke ich auch. Zumal mir ein Freund gestern erzählte, dass Waschbären und Marderhunde auch beim ihm in Berlin herumturnen. "Seit Jahren", sagte er. Und da er nicht gerade in einem Randbezirk lebt, sondern eher mittenmang, kann man wohl davon ausgehen, dass sie die Stadt erobert haben.

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Was Hannah Arendt betrifft, habe ich den Imperialismus-Band inzwischen wiedergefunden. GUT so!
Man muss die entsprechenden u. auch in der "Anstalt" zitierten Passagen im Kontext lesen, dann entkräften sich m.E. die auch von Jutta Ditfurth erhobenen Vorwürfe und verkehren sich ins Gegenteil.
Arendt schreibt unter anderem:

"Der Rassebegriff kann in seiner verhängnisvollen Wirkung auf moderne Politik nur verstanden werden, wenn man auch die Not versteht, aus der er entstand."
Und weiter: "[...] Der in Afrika beheimatete Rassebegriff war der Notbehelf, mit dem Europäer auf menschliche Stämme reagierten, die sie nicht nur nicht verstehen konnten, sondern die als Menschen, als ihresgleichen anzuerkennen sie nicht bereit waren."
Und wenige Absätze später völlig unmissverständlich: "Es gibt keine Rechtfertigung des Rassewahnes, weder eine theoretische noch eine politische; will man daher das Entsetzen begreifen, aus dem er entstand, so wird man sich Auskunft weder bei den Gelehrten der Völkerkunde holen dürfen, [...] noch bei den Rassefanatikern [...], noch schließlich bei jenen, die in ihrem berechtigten Kampf gegen Rassevorstellungen aller Art die verständliche Tendenz haben, ihnen jegliche reale Erfahrungsgrundlage überhaupt abzusprechen. Joseph Conrads Erzählung "Das Herz der Finsternis ist jedenfalls geeigneter, diesen Erfahrungshintergrund zu erhellen, als die einschlägige geschichtliche oder politische oder ethnologische Literatur."

Das finde ich sehr deutlich.
Nur ist das Problem, dass Erklärungen häufig mit Rechtfertigungen verwechselt werden.
Natürlich kann jeder so argwöhnisch, böswillig und selektiv wie möglich lesen und interpretieren.
Aber das sagt m.E. sehr viel mehr über die Leute aus, die das tun, als über tatsächliche Inhalte.
Wenn es nicht an Dyslexie und mangelndem Auffassungsvermögen liegt, ist es wohl auch eine Charakterfrage.
 

Bintje

Well-Known Member

Alubehütet

Well-Known Member
So wird Joseph Conrad rezensiert, auf dessen realen Erfahrungsgrundlagen sich Hannah Arendt beruft:

Conrad war ein verdammter und reueloser Rassist; zu soziopathischer Weltsicht neigend, die im Imperialismus wurzelt sowie in dem Versuch, Rechtfertigungen dafür zu erfinden und zu fabrizieren, warum Europa einen Kontinent gnadenlos ausraubte und plünderte, der von anderen Menschen bewohnt war. Conrads Herz war von solcher Finsternis, so hohl und unruhig. Etwas von ihm zu lesen bedeutete, schmerzhaft von einem Mann zu lesen, der sich in seinem Versuch, andere zu verunglimpfen entmenschlicht hat.

Diese tragische Figur zeigt, was die alte Igbo-Weisheit besagt, dass man nicht jemanden verunglimpfen kann, ohne sich selbst zu entmenschlichen. Conrads Buch „Im Herzen der Finsternis“ war ein sehr dunkles Buch, in dem ein Wortschwall ergossen und das in den Dienst des Rassismus gestellt wurde. Conrad versuchte literarisch, das Gewissen Europas von der historischen Last der Grausamkeiten gegenüber Afrikanern zu befreien.


Emmanuel Franklyne Ogbunwezeh
 

Bintje

Well-Known Member
Genau das steht aber in Frage. Worin soll die bestehen? Arendt distanziert sich vom Rassismus, nicht aber von diesem zugrundeliegenden realen Erfahrungsgrundlagen, für die sie sich auf einen Rassisten beruft. Die Schwarzen sind schon recht steinzeitlich geblieben, nur ausrotten dürfen hätte man sie halt nicht?

Äh, ich glaube, da geht eindeutig die Phantasie mit Dir durch. Diese Passage ("noch schließlich bei jenen, die in ihrem berechtigten Kampf gegen Rassevorstellungen aller Art die verständliche Tendenz haben, ihnen jegliche reale Erfahrungsgrundlage überhaupt abzusprechen") zielt nach meiner Lesart ganz klar auf die sog. Regressive left: Leute, die Rassismus ausschließlich für eine vertikale Angelegenheit halten, die von bösen Europäern und dem Westen insgesamt und exklusiv ersonnen wurde (Weiß -> Schwarz).

Werch ein Illtum! Rassismus funktioniert innerhalb afrikanischer Gesellschaften nicht unbedingt anders. Verschiedene Ethnien machen rassistische Verachtung nicht nur öfters an kulturellen Unterschieden zu anderen Ethnien fest, über die manchmal nur aufgeschnappte Gerüchte kursieren, sondern teils auch an Hautfarben.
Chinesischer Rassismus gegenüber afrikanischen Einwanderern, arabischer Rassismus gegenüber Schwarzafrikanern und so weiter: wird alles ausgeblendet, ist teils womöglich nicht mal bekannt. Wie auch immer. Die fraglos gut gemeinte (schreibt ja auch Arendt sinngemäß), aber ausschließliche Verkürzung von Rassismus auf Weiße und den "pöööösen Westen" greift jedenfalls zu kurz.

Ansonsten empfehle ich Dir, Conrads "Heart of Darkness" mal zu lesen. Im historischen Kontext.
Ich hab es vor grauer Urzeit gelesen, Studium, ewig her, aber irgendwo müsste es hier noch herumfliegen.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Mal ganz abgesehen davon, daß Arendts Herleitung des Rassismus originell ist. Was sie nicht zur Rassistin macht. Aber gängig ist die Anschauung, der Rassismus sei aus katholischem Antijudaismus entstanden anläßlich der spanischen Reconquista:

Man unterzog die Juden der Zwangstaufe – Und traute ihnen anschließend nicht über den Weg, ob sie wirklich mit vollem Herzen Christen geworden seien. Sind sie nicht doch heimlich Juden geblieben? Pflegen sie nicht doch verborgene Rituale? Damit wurden Menschen erstmals ob ihrer bloßen Herkunft verdächtig.

Was hat Arendt gegen diese etablierte Herleitung einzuwenden, warum entsteht für sie Rassismus erst in Südafrika? Ich hätte alternativ Indien im Angebot gehabt: Die vermeintliche Entdeckung, alles, was es an Kultur und Wissen bei den Indern gäbe und schon längst wieder verschüttet sei, hätten sie von Ariern, die denen schon einmal in den Hintern getreten hätten und so Zivilisation gebracht, was es nun zu wiederholen gelte. (Witwenverbrennung haben die Arier gebracht. Finde ich keine so dolle Errungenschaft.)
 
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