AW: Anonyme Bewerbung
Für anonymisierte Bewerbungen spricht eine ganze Menge. Was Konstanzer Forscher herausgefunden haben, ist nicht unbedingt neu und bestätigt das recht eindrucksvoll.
Aus meiner Sicht haben sie eigentlich gar nichts herausgefunden, da der schlussendliche Bewerbungserfolg nicht gemessen wurde. Die Kurzfassung des Abschlussberichts spricht nur davon, dass wohl manch einer im Bewerbungsgespräch "überzeugt" habe, der sonst nicht eingeladen worden wäre.
Man kann bei einem bis zum Bewerbungsgespräch anonymisierten Verfahren nicht mehr davon ausgehen, dass die Einladung einen abgrenzender Vorteil unter den Bewerbern darstellt.
Dass ein potenziell von Vorurteilen beeinflusster Personalverantwortlicher seine ggf. diskriminierende Entscheidung erst trifft, wenn er diesbezügliche Reize empfängt, liegt auf der Hand. Bei gleicher effektiver Diskriminierung ist unter Anwendung eines anonymen Bewerbungsverfahrens eine nach hinten verlagerte Verteilung des Ausscheidens der Bewerber zwangsläufig. Die Betrachtung der Einladungshäufigkeit ergibt daher für Feststellungen diskriminierender Entscheidungen keinen Sinn.
Die Berichte lasse auch Zweifel aufkommen, ob man sich gefragt hat, was in dem Zusammenhang überhaupt als unzulässige Diskriminierung gelten kann, die des Schutzes der Anonymisierung bedarf. Das wäre aber wichtig, weil Stellungnahmen dazu das Verhältnis von Privatautonomie und Verteilungsregulierung der Ressource Arbeit berühren.
Die meisten, die schon mal einen Anwalt, Arzt, Handwerker o.ä. beauftragt haben, werden sich nicht nur von der Qualifikation der Betreffenden haben leiten lassen, sondern auch von ihrer bloßen Identität und damit im Sinne der Studie "diskriminiert" haben. Das soll für jemanden, der später täglich im Betrieb aus und ein geht, unzulässig sein?
Der Verzicht, keine gesetzliche Regelung anzustreben, klingt schon fast wie eine Drohung.