lieber Zerd

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M

mar

Guest
AW: lieber Zerd

Lieber zerd,
es ist schön, das die kleine philosophie-ecke in diesem von so vielschichtigen themen durchwachsenen forum wieder ein bisschen gewicht bekommt. Vorab zu sagen, mar hat dich nie nur in diesem philosophie- forum als menschen wahrgenommen, der mit seiner komplexität und seiner offenheit besticht, auch in allen anderen treaths möchte ich dies nicht missen wollen, denn die themen ziehen sich durch alle bereiche des lebens und so spannt sich der bogen doch wieder hin zum philosophischen forum hier, wo sich alle möglichkeiten des lebens zusammenfassen lassen zu den fragen , die uns einen tieferen sinn und möglicherweise gespräche auf einer ganz anderen ebene abverlangen. Und diese hätten im smalltalk nun wirklich ein kümmerliches dasein. Schon allein deshalb wäre es ein verlust, deine handschrift hier als abwesend zu denken, denn gerade deine sensible wahrnehmung die eigentlich erkennbar sein müsste für diejenigen, die sich auf die wanderung zwischen den einzelnen beiträgen begeben, die den stempel einer gleichbleibenden qualität verdienen . du bist der freigeist in diesem haus, und das ist so und soll doch erkennbar bleiben.
aber die hoffnung, das du dich mit den überlegungen trägst, doch wieder in diesem schönen, extra von turgay eingerichteten treaths zu gesellen scheint sich zu erfüllen.
Nun aber zu den geheimnissen der leben und dessen , was mir aufgefallen oder eingefallen ist. Ich nähere mich möglicherweise diesmal nicht mit anderen begrifflichkeiten, sondern ich habe tatsächlich durch das lesen der biografie von garcia lorca einige "überlegungsblitze" absorbiert, die mich zu den hinterfragungen animiert haben. Ausgangspunkt sind die bizarren und fast geheimnisvollen ambivalenten beziehungen zwischen lorca, dali und bunuel, die erst so ans licht getreten sind oder in einer weise öffentlich wurden, da lorcas gewaltsamer tod, aber auch die noch heute geheimnisvoll gehandelte biographie, die mehrfach überworfen, zurückgezogen, von verwandten lorcas verboten wurde (und nun doch existiert) . Diese "belichtung" des lebens lorcas ,welche durch dieses hin und her nun auch einen größeren schatten geworfen hat auf die inhaltliche aussage mehrerer zeitzeugen, hat geheimnisse und seelische verstecke offensichtlicher gemacht- und so notwendiger weise den neugierigen menschen zum intensiven befassen derselben bewegt. Das war nun gerade ich – und habe mich danach unter ganz anderen voraussetzungen und unter einem anderen focus dali,lorca und bunuel als Künstler genähert. Die befürchtung , das durch enthüllungen der geheimnisse die genialität der künstler ihres bis dahin bekannten persönlichkeitsbildes berauben würde , hat sich nicht bestätigt. Selbst das bewußte hineinbegeben in den "dunklen" raum oder in das "feuer" des wissens hat die kraft der aussagen von werken nicht geschmälert sondern authentischer werden lassen. Authentizität muss aber nicht immer zwangsläufig positiv gewichtet werden, auch ein "künstlicher mensch" ( ich bitte um die beachtung des feinen unterschiedes künstlich zu künstlerisch) wie es ein politiker zum beispiel sein könnte, der in mehreren ebenen seine persönliche existenz in der öffentlichkeit anders darzustellen wünscht , ist in diesem fall scheinbar authentisch- aber für meinen geschmack eben nicht positiv gewichtet, weil diese welt eine scheinwelt ist ...
So würde ich nicht weiter den vorangegangenen beitrag von mir nochmals hier aufführen wollen, sondern da einhaken, was mich in diesem speziellen beispiel zu dem heutigen bild des (öffentlichen) menschens hingeleitet.
Die gesellschaft ( und die politiker ) suggeriert den menschen durch die medien, das herr müller oder herr meier JEDEN kennen, der durch den bildschirm in ihr zimmer spaziert. Die grenzen zwischen der realität und des scheins sind hier ganz ganz dünn und brüchig geworden- so ist auch, das stelle ich mal in den raum , der wahrheitsgehalt des gelebten lebens vieler menschen brüchig geworden .
Diese brüchigen begrenzungen erzeugen und fördern solche tendenziellen "schubladendenkweisen" ...und da entdecke ich etwas interessantes , nämlich das ausgerechnet diejenigen menschen, die durch die eigene öffentliche stellungnahme, das herbeigeführte und gewollte öffentlichmachen eigener gedanken , was ja im eigentlichen sinne eine "entblößung" ist , also ein aufreißen von schubladen (um es zu versinnbildlichen) sofort wieder in schubladen gesteckt werden. Was geschieht da ? ausgerechnet derjenige, der sein Ganzes ausbreitet und preisgeben will, der also durchschaubar und offen dasteht für jedermann, wird für dieses befreite denken sofort beschnitten und bewertet, abgewertet... setzt hier ein archaisches, oder psychologisches prinzip ein ? so in etwa- in hellen licht sieht man ja alles (und wird dadurch uninteressant) , das dunkle ist das magische, und das magische zieht menschen an? ist das sich verstecken und das aufdecken solcher verstecke eine dieser künstlich aufgesetzten zwangläufigkeiten, oder ist das verstecken ein künstlerischer versuch, der menschlichen seele freiräume zu schaffen, die zwar einblickbar sind für jedermann aber trotzdem mysteriös bleiben, weil der künstler im besonderen eine andere stellung in der gesellschaft innehält und eben nicht "künstlich" ist... Da meine gedanken hierzu über die biographie eines künstlers angeregt wurde , lag es mir am nächsten , den "wortkünstler" friedrich nietzsche zu befragen. Der versuch, die blitze und gegenblitze, die den beitrag in gewisser weise inhaltlich verknüpfen sollten sind jedoch wiederum so vielschichtig zu beleuchten, das ich dich , zerd , nun doch möglicherweise von einer ganz anderen seite kommend auf diesen spaziergang einladen möchte, und um die überlegungen auf einen weg zu bringen, so versuche ich in einem absatz vom "Menschliches Allzu-menschliches" die quintessenz zu finden, die diesen überlegungen einen basis geben könnte .


" - Wenn die Kunst ein Individuum gewaltig ergreift, dann zieht es dasselbe zu Anschauungen solcher Zeiten zurück, wo die Kunst am kräftigsten blühte, sie wirkt dann zurückbildend. Der Künstler kommt immer mehr in eine Verehrung der plötzlichen Erregungen, glaubt an Götter und Dämonen, durchseelt die Natur, haßt die Wissenschaft, wird wechselnd in seinen Stimmungen wie die Menschen des Altertums und begehrt einen Umsturz aller Verhältnisse, welche der Kunst nicht günstig sind, und zwar dies mit der Heftigkeit und Unbilligkeit eines Kindes. An sich ist nun der Künstler schon ein zurückbleibendes Wesen, weil er beim Spiel stehenbleibt, welches zur Jugend und Kindheit gehört: dazu kommt noch, daß er allmählich in andere Zeiten zurückgebildet wird. So entsteht zuletzt ein heftiger Antagonismus zwischen ihm und den gleichaltrigen Menschen seiner Periode und ein trübes Ende; so wie, nach den Erzählungen der Alten, Homer und Äschylus in Melancholie zuletzt lebten und starben."

Ich weiß, hier prallen zeiten aufeinander und auf dem ersten blick ist scheinbar kein zusammenhang erkennbar, aber in deutungen und erkennen von zeitgemäßen entsprechungen erschließt sich sicher das eine oder andere und sucht sich auf seitenwegen den weg zurück zu der frage nach dem verstecken-(spielen) nach den widersprüchlichen erwartungen, die dieses gesellschafts- (spiel) mit sich bringt , nach der frage die magische dunkelheit betreffende ( götter-und dämonenwelt) nach dem aufbegehren zur wahrheitsfindung , die bis hin zur entäußerung geht ( die im antagonistischer beharrlichkeit gerade in der politik negativ behaftet ist) , nach dem künstlich geschaffenen Vakuum von gesellschaftlichen verbindlichkeiten, die dem transparenten und individuellen menschen keinen raum für identitätsfindung lassen [das aufbegehren bis hin zum umsturz ( oder absturz...) seiner persönlichen verhältnisse]...und so weiter ...
So , das lasse ich erst einmal so stehen und werde , angeregt durch nietzsche mich auch mal wieder diesem oder jenem von ihm zuwenden.
MAR
 

Zerd

Well-Known Member
AW: lieber Zerd

liebe mar, deine betrachtungen bieten in der regel eine solche fuelle von interessanten ansatzpunkten, dass die erste zu ueberwindende aufgabe schon darin besteht, sich fuer einen der vielen vorspruenge an der steilen wand zu entscheiden, an dem man sich festkrallen und allmaehlich weiterhangeln will.

du schreibst, wie ich finde sehr richtig, dass "ausgerechnet diejenigen menschen, die durch ... das herbeifuehren und gewollte oeffentlichmachen eigener gedanken, ... also ein aufreissen von schubladen, sofort wieder in schubladen gesteckt werden..." du vertrittst nun die ansicht, dass durch immer mehr verschwimmende grenzen zwischen schein und wirklichkeit der wahrheitsgehalt des gelebten lebens fuer viele menschen bruechig geworden ist und dies erst diese "schubladendenkweise" foerdert.

bei dieser begruendung bin ich mir aber nicht so sicher; zum einen weil das konstrukt der wirklichkeit fuer die menschen meiner ansicht nach immer ein schein bleiben wird und somit die tatsaechliche grenze ihnen/uns gar nicht so bewusst sein kann, als dass sie uns in irgendeiner weise beeinflusst. dann aber auch vor allem wegen dem, was wir ja schon ueber die schubladen festgehalten hatten. dass sie naemlich hilfsmittel des menschen sind, mit der flut ueber sie hereinbrechender eindruecke besser fertig zu werden. das bedeutet doch zwangslaeufig, dass diese werkzeuge vor allem dann benutzt werden, wenn wir besonders vielen und neuen eindruecken ausgesetzt sind. insofern ist es doch gar nicht verwunderlich, wenn jemand, der sich auf eine ganz andere weise praesentiert, als wir es gewohnt sind, die schubladen in besonderer weise bemueht. das heisst nicht, dass wir mit dem gewohnten nicht auch mit schubladen hantieren, aber bei dem ungewohnten eben umso mehr. aber es liegt dann wieder an jedem einzelnen selbst, ob er dieses neue unbekannte sofort in einem seiner bestehenden schubladen "unkritisch" verschwinden laesst, oder ob er sich auf dieses neue dahingehend einlaesst, sich naeher damit zu beschaeftigen und vielleicht sogar diesem neuen eine separate, besser zugeschnittene schublade zu zimmern.

das geschieht meiner ansicht nach auch in nietzsches zitat, in der auf diese kunst, die so gar nicht zu den herrschenden umstaenden und dem gewohnten passen will, eingegangen wird, so sehr eben, dass sie das individuum gewaltig ergreift und zeiten und welten aufleben laesst, in der diese kunst eben nicht dieses ungewoehnliche unpassende war, sondern stimmig.
 
M

mar

Guest
AW: lieber Zerd

Lieber Zerd,
wie interessant! Als schienen die Gedanken seit Tagen an meine Tür zu klopfen, denn ich hatte den Zarathustra gerade jetzt ab und zu gelesen... -und da erinnerst Du mich an die Steilwände des Gedankens...
Obwohl ich ein Mensch bin, der die Weite des Meeres in sich spüren möchte, habe ich diesen Ausflug ins Hochgebirge gewagt, habe vergessen, das all die Felsvorsprünge wenig Halt bieten, zumal, wenn ich, ein ungeübter Kletterer selbst an den eingeschlagenen Ösen hänge, zuweilen über dem Abgrund schaukelnd, die Tiefe unter mir und die Höhe so weit... auch ich muss allmählich weiterhangeln, immer mit dem Blick zur Bergspitze...
Inzwischen habe ich eine Verschnaufpause einlegen können, am Felsvorsprung wartete meine Freundin aus der Schweiz, die entgegen zu unseren geistigen Kletterpartien das Engadin alleine durchwanderte, auf den Spuren von Nietzsche, und genau in der Pause zwischen dem letzten Beitrag von mir und dem Deinem heutigen ist sie in Berlin aufgetaucht . Die Bilder von Sils Maria, den Bergen und den einsamen Wegen ,die sie mir beschrieb, brachten mich heute, als ich Deinen Vorsatz herauslesen konnte, das Du doch an der steilen Wand weiterhangeln möchtest, zu Nietzsche zurück.
Die waghalsigen Kletterpartien des Geistes ; das fiel mir der "Baum am Berge "wieder ein , der für mich ein Synonym für etwas ist, welcher/welches ganz alleine und auf sich verlassend der Gefahr trotzen kann. Ja, und selbst wenn man einen Bergführer neben sich wähnt, man selbst muss sich einklinken in die Haken und Ösen, man selbst fühlt den Fels unter seinen Schuhen und die wunden Finger halten sich trotz Schmerzen am Steinvorsprung fest; denn ein falscher Schritt könnte sich mit Sicherheit verwandeln in einen Sturz in die Tiefe... Also gehen wir Schritt für Schritt und mit Bedacht- denn die Neugier, was kommt nach dem nächsten Schritt kommen könnte, treibt uns voran.
Sich immer des Risiko's bewusst zu sein, zwischen der Realität der Möglichkeit des Absturzes und des Emporklimmen eines Berges, den zu bezwingen möglicherweise noch keiner gewagt hatte... Das Ausloten der eigenen Begrenzung, das Erfahren der eigenen Risikobereitschaft auch sein Leben verlieren zu können für den Blick auf den Gipfel , ...wer ist dafür heute noch bereit, wenn dieser Nervenkitzel den " Ausflügler" im weichen Daunenbett erreichen kann , zurückgelehnt und dem Einnicken bei Sendeschluss nahe....( diese Flut von schon so gut verpackten Eindrücken, die so ins Haus flattern , diese Flut kann es doch nicht sein, die unserer sorgfältig ausgewählten Schubladen als Hilfskonstrukt des Lebens bedürfen, Fastfood , virtuelles Wegwerfessen, eine unlebendige Scheinwelt ...) Die Eindrücke des Lebendigen aber, die Sichtwinkel und Tiefblicke, denen ich mich bewusst aussetze, die ich sinnlich, visuell, verbal und körperlich wahrnehmen möchte , können sich sehr gut mit brüchigen Begrenzungen ( ich sprach von brüchigen und nicht von immer mehr verschwimmenden Begrenzungen... ) arrangieren, denn sie sind erfahrbar wie die Aufmerksamkeit des Kletterers, erfahrbar wie das Risikobewusstsein. Das Risiko, Wahrheit und Wirklichkeit mit dem Schein zu verwechseln zu können....
Mit dem Blick zum Wipfel, mit dem Abklopfen der Möglichkeiten ,ob ich weiter klettern oder absteigen sollte, bediene ich mich meiner Erfahrungen , die in mir "verzargt " sind. Ich kann mich ihrer bedienen, weil sie aus dem Lebendigen gekommen, in mein Lebensgerüst " einbaubar" waren; sie schützen mich vor dem Sturz in die unbekannte Tiefe , während ich mit dem Bausatz ( dem Schein, der Fiktion ) , der mir schon verpackt , vorprogrammiert ,scheinbar risikoarm und griffbereit vor die Füße gelegt wurde , wenig anfangen kann, wenn es gilt, mit "Schubladen zu hantieren". Dieser Bausatz ist keinesfalls nur unnütz, - nur : um mich dieses Werkzeuges zu bedienen, brauche ich die Gebrauchsanweisung, denn hier ist etwas , was ich lernen muss, an meine lebendigen Erfahrungen " zu befestigen" . Meine Wirklichkeit , mein Bewusstsein lässt mich kritisch sein, der nächste Schritt im Felsgestein ist ein Schritt in ein unbekanntes Terrain...Aber warum steigen wir auf diese Berge, warum diese Höhe? Warum gehen wir auf Menschen zu, die unsere "Höhen und Tiefen" sind ? Weil die Neugier und der Mut zur "unbekannten Schublade" da ist, weil um mit sich und der Wirklichkeit umgehen zu lernen, nicht nur der Bausatz ausreicht. Weil ich die Brüchigkeit der Wirklichkeit ( lat. actualitas) im Alltag erfahre, lasse ich mich darauf ein, beschäftige ich mich näher damit, wie Du an anderer Stelle anmerkst , und kann mit dieser Unbekannten wie in einer mathematischen Gleichung gut umgehen , so weiss ich auch, wo ich in der späteren Brüchigkeit meiner Zukunft ( die kausal bedingt ist ) hinfassen muss, um die richtige Erfahrungsschublade aufzuziehen .
Aber selbst dann, wenn ich die Schublade nach geraumer oder längerer Zeit öffne , ist sie noch so unverändert " einsortiert", so hat sich doch mein Blickwinkel auf sie verändern müssen, denn die Zeit und die Begegnung mit Menschen hat etwas in meiner Wirklichkeit bewirkt, während die Schublade äußerlich möglicherweise zwar ramponiert aussieht , aber die Zeit hat den Inhalt in der Schublade ist nur passiv gestreift ...
Ob die in der Schublade überdauerten Konstrukte/ Vorurteile/ Verbindungen / Denkweisen noch der Wirklichkeit genügen , oder ob ich mich ihnen mit meiner veränderten Sichtweise annehmen kann , ob ich "stimmig" werde mit diesem einst aktuell gewesenen Inhalt ( also in die Tiefe springen könnte) , oder - ob ich trotz Wetterwarnung und heraufziehenden Sturm den Schritt wage, jenen Felsvorsprung zu überwinden, ob meine stabile "Schrankkonstruktion mit den Erfahrungsschubladen" diesem Risiko wirklich die Stabilität verspricht, oder ob der vorgefertigte Baukasten mir eine suggerierte Scheinstabilität als WAHR erscheinen lässt, das kann nur DER SCHRITT entscheiden, die Bewegung und nicht die Erstarrung.
Man kann stürzen , man kann stehen , aber man kann bei zu langem Zögern in einer einem unendlich erscheinenden Zeit über dem Abgrund schweben.... und in diesem Moment der ÜBERLEGUNG , den Schritt zu wagen, ist es von entscheidender Wichtigkeit, Wirklichkeit und Fiktion unterscheiden zu können , es ist von Wichtigkeit Begrenzungen des Zumutbaren zu erkennen.
Die Wirklichkeit als ein Gerüst / als Schrank/ als Regal / als Authentizität - eben als etwas Stabiles – , die verbunden, verzargt, verknüpft oder vernetzt erst möglich macht , das innerhalb dieser Stabilität AUCH die Fiktion, die brüchige Begrenzung, die Phantasie , und Schublade etc. als instabiler Faktor ihren Platz findet, ohne das man sich selbst aus der " Verankerung im Fels "reißt.
Vielleicht sehe ich auch in der Schublade eben nicht unbedingt die Wirklichkeit , sie hat nichts Stabiles, nichts Feststehendes , sie ist austauschbar, inhaltlich revidierbar, ist Phantasie , sie ist fiktiv, kann sie nicht dingbar machen.
Die Schubladen als Möglichkeit , als Hilfskonstrukte zu sehen , die unsichtbare Begrenzung nach draußen sichtbar zu machen – ist eine Möglichkeit. Ein der lebendigen Wirklichkeit zugewandter Mensch aber überdenkt jeden Tag Grenzen oder Begrenzungen neu , er befreit sich aus Erstarrungen und erweitert sich innerlich....er erstarrt nicht in einer Scheinwelt und würde auf "dem Felsvorsprung stehenbleiben " .

Schublade, das ist ein anderes Wort als das , was hier im Dialog schnell mit Schubladendenkweise egalisiert wird --Schubladendenkweise : dieses so ganz andere Wort hatte ich bisher ganz bewusst nicht einbinden wollen, wie ich in meinem Beitrag vom 20.Juni über Schubladen anklingen ließ ; - ich nehme mal das Wort einfach mal auseinander SCHUBLADENDENKWEISE: es ist die Weise , wie ich die Schublade denke! Möchte ich weiterklettern, dann denke ich mir die Schublade als flexible, herausziehbar aus dem Schrankgerüst , und ich kann mein stabiles Ich flexibel sein zu lassen, kann das Schrankgerüst , so fragil es erscheint auch schwanken lassen ( wie ein Hochhaus bei einem Erdbeben) ohne in mich selbst zusammenzufallen.
Würde ich nicht weiterklettern wollen , dann würde ich mir die Schubladen als festvernagelt mit dem Schrankgerüst denken , ich würde die Schubladen nicht anrühren aus Sorge vor der Fragilität , würde inflexibel bleiben, was mir das Zerbrechen oder Zerschellen bei einem Sturze wahrscheinlicher erscheinen ließe ....
Und so , lieber Zerd, bin ich wieder bei Nietzsche in der philosophischen Stube gelandet, und bin den langen Weg vom Meer zum Berge gewandert ....und möchte mich nun gut gesichert am Seil im Fels festhalten , weil ich mir jetzt plötzlich gar nicht mehr so klar bin , ob ich aus Kausalität und Kybernetik einen Schrank gezimmert habe, den der Wind gleich umpustet...

Trotzdem möchte ich Z [...] Nietzsche zitieren:


Du sagtest die Wahrheit, Zarathustra. [...]Ich verwandele mich zu schnell: mein Heute widerlegt mein Gestern. Ich überspringe oft die Stufen, wenn ich steige,—das verzeiht mir keine Stufe.
Bin ich oben, so finde ich mich immer allein. Niemand redet mit mir, der Frost der Einsamkeit macht mich zittern. Was will ich doch in der Höhe?
Meine Verachtung und meine Sehnsucht wachsen mit einander; je höher ich steige, um so mehr verachte ich Den, der steigt. Was will er doch in der Höhe?
[...]
Hier schwieg der Jüngling.
Und Zarathustra betrachtete den Baum, an dem sie standen, und sprach also:
"Dieser Baum steht einsam hier am Gebirge; er wuchs hoch hinweg über Mensch und Thier.
Und wenn er reden wollte, er würde Niemanden haben, der ihn verstünde: so hoch wuchs er.
Nun wartet er und wartet,—worauf wartet er doch? Er wohnt dem Sitze der Wolken zu nahe: er wartet wohl auf den ersten Blitz?"







 
M

mar

Guest
AW: lieber Zerd

lieber zerd, der sonntag mit schreiben und "klettern" am steilhang hinauf , ist dem alltag gewichen , in meinen "schubladen" , genannt bücherregale ist mir tucholsky ( alias ignatz wrobel, alias kaspar hauser, alias peter panther ) in die hände gefallen---- ich schlug eine seite auf und welches wort las ich ... ? SCHUBLADEN !!!
beim googeln bin ich g'tt sei dank fündig geworden und habe den link dazugesetzt, damit du den ganzen text lesen kannst http://www.tucholsky.net/

denn dieses kleine heiter-ironische prosastück wollte ich dir, und natürlich den anderen nicht vorenthalten...


aus:
Sind Sie eine Persönlichkeit?
Der andere auch! Der andere auch!! Der andere auch!!!
Eine kleine Sonntagspredigt


[…] und es gehört schon eine ganze Menge Lebensklugheit, nein, Weisheit dazu, einzusehen, daß es mit den andern im Grunde genau, aber ganz genau so bestellt ist, wie mit uns. Denn jeder von ihnen hat schon verzweifelt vor einem Haus auf eine Frau gewartet und dabei an dem Haus hochgesehen wie an einem bösen Urwelttier … jeder von ihnen hatte seinen kleinen Stolz, als er sich freigeschwommen hatte; jeder von ihnen hat vier kleine dumme Gegenstände in den Schubladen, die behangen sind mit Erinnerungen … jeder hat das. Nicht nur du allein. Nicht nur ich allein. Jeder hat, um es mit einem Wort zu sagen, die unaufgeräumte kleine Schublade, auf die jeder so stolz ist, als habe er sie ganz allein.
(Peter Panter, Uhu, Jg. 7, Heft 9, Juni 1931, S. 72-76)
 
M

mar

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AW: lieber Zerd

lieber zerd, im zug sitzend , blicke ins graue nebelfeld der norddeutschen landschaft werfend, kamen mir einige gedanken, die sich wie die eisenbahnschienen lang und eisern und endlos scheinend nicht von mir lösen mochten. Immer noch arbeitet in mir der beitrag 39 unseres philosophischen austausches , ich klettere immer noch einige steilhänge in meinen gedankenlabyrinthen hinauf….in anlehnung des älteren beitrages 39
[ …Wie bei so vielen Gelegenheiten ist mir aufgefallen, das gerade die Menschen die in der Öffentlichkeit sind , also nach außen hin klar und transparent erscheinen , stets ein kleines (dunkles Geheimnis) in sich tragen. …]
es ist nicht von ungefähr, das sich während dieser fahrt mit dem zug die erinnerung in mein gedächtnis stiehlt, denn im 6-er abteil sitzen 5 beamte, die zu einem montäglichen arbeitsessen nach berlin reisen…gut beschlipst und angekleidet entfremden sie mir dieses losgelöstsein von zeit und raum, welches ich doch auf zugreisen gern auf mich einwirken lasse. Doch auch befremdliche situationen (oder sind es gerade diese? ) regen meine neugier an, denn sie wecken in mir nun doch das interesse … durch ein leider zu kurz geratenes gespräch mit einem guten freund über kafka oder besser das kafkaeske in diversen menschen oder auch vorgängen in der gesellschaft hatte ich nun hier auf der reise plötzlich das gefühl in einer solchen kafkaesken situation zu sein- also nicht entfliehen zu können oder auch unfreiwillig ausgeliefert zu sein, gefangen in einem gespräch, welches mir im ersten moment als lebensfeindlich herüberkam… ich wurde augen-und ohrenzeige und zaungast von machtgehabe , welches sich durch auftrumpfende blicke in meine richtung zu verstärken schien… befremdlich für mich, denn sollte ich nicht in den augen dieser männer diejenige sein, die…? kafkaeskes gefühl…
Eine zugfahrt hat nicht ausgereicht, den fortführenden faden zwischen ursprünglichem gespräch und mir dargebotenem schauspiel zu entwirren und ich wüsste auch nicht, wen ich in dieses bizarre schauspiel mitnehmen kann… Deshalb habe ich nach langer zeit wieder einmal texte von kafka zur hand genommen und nach fast 20-jähriger lesepause derselben diese einige texte noch einmal gelesen…wohlgemerkt, die kurzen zitate spiegeln nicht meine einstellung zum leben an sich wider, aber sie waren wie die kleinen licht-und schattenspiele in einem fahrenden zug, wenn dieser in einen tunnel fährt, es dunkel wird und irgendwo der widerschein einer laterne etwas anderes zu verheißen schien…die neugier, sich diesem widerschein zu nähern, zu erforschen, welche wahrheit am fusse dieser künstlichen lichtquelle wohl beleuchtet sein würde, diese sehnsucht nach helligkeit, einer helligkeit, die suggeriert, das JEDE helligkeit recht wäre, wenn der tunnel nur lange genug dunkel gewesen war….
So- nun möchte ich mich aber nicht zwischen zugfahrt und bergsteigerei (aus nr. 39 ) verzetteln, sondern einfach die doch teilweise sehr bedrängenden und beklemmenden fragmente aus kafka’s feder so dahinstellen. Es hat mir gänsehaut verursacht……eine andere gänsehaut als gruselfilme verursachen, erschreckenderweise emotional nachhaltiger….


Zitate aus franz kafka: ER erschienen 1920
Er sieht zweierlei: das Erste ist die ruhige, mit Leben erfüllte, ohne ein gewisses Behagen unmögliche Betrachtung, Erwägung, Untersuchung, Ergießung. Deren Zahl und Möglichkeit ist endlos, selbst eine Mauerassel braucht eine verhältnismäßig große Ritze, um unterzukommen, für jene Arbeiten aber ist überhaupt kein Platz nötig, selbst dort, wo nicht die geringste Ritze ist, können sie, einander durchdringend, noch zu Tausenden und Abertausenden leben. Das ist das Erste. Das Zweite aber ist der Augenblick, in dem man vorgerufen Rechenschaft geben soll, keinen Laut hervorbringt, zurückgeworfen wird in die Betrachtungen usw., jetzt aber mit der Aussichtslosigkeit vor sich unmöglich mehr darin plätschern kann, sich schwer macht und mit einem Fluch versinkt.


Die Kraft zum Verneinen, dieser natürlichsten Äußerung des immerfort sich verändernden, erneuernden, absterbend auflebenden menschlichen Kämpferorganismus, haben wir immer, den Mut aber nicht, während doch Leben Verneinen ist, also Verneinung Bejahung.

Die Ursache dessen, daß das Urteil der Nachwelt über den Einzelnen richtiger ist als das der Zeitgenossen, liegt im Toten. Man entfaltet sich in seiner Art erst nach dem Tode, erst wenn man allein ist. Das Totsein ist für den Einzelnen wie der Samstagabend für den Kaminfeger, sie waschen den Ruß vom Leibe. Es wird sichtbar, ob die Zeitgenossen ihm oder er den Zeitgenossen mehr geschadet hat, im letzten Fall war er ein großer Mann.



Er wehrt sich gegen die Fixierung durch den Mitmenschen. Der Mensch sieht, selbst wenn er unfehlbar wäre, im anderen nur jenen Teil, für den seine Blickkraft und Blickart reicht. Er hat, wie jeder, aber in äußerster Übertreibung, die Sucht, sich so einzuschränken, wie ihn der Blick des Mitmenschen zu sehen die Kraft hat. Hätte Robinson den höchsten oder richtiger den sichtbarsten Punkt der Insel niemals verlassen, aus Trost oder Demut oder Furcht oder Unkenntnis oder Sehnsucht, so wäre er bald zugrunde gegangen; da er aber ohne Rücksicht auf die Schiffe und ihre schwachen Fernrohre seine ganze Insel zu erforschen und ihrer sich zu freuen begann, erhielt er sich am Leben und wurde in einer allerdings dem Verstand notwendigen Konsequenz schließlich doch gefunden.
 

Zerd

Well-Known Member
AW: lieber Zerd

einige jahrzehnte vor kafkas obige zitate schrieb nietzsche die morgenröte:

"wer wird das bild des menschen aufrichten, während alle nur den selbstsüchtigen wurm und die hündische angst in sich fühlen und so von jenem bilde abgefallen sind, hinab ins tierische oder gar in das starr-mechanische?"

"diesen jungen männern fehlt es weder an charakter noch an begabung noch an fleiss: aber man hat ihnen nie zeit gelassen, sich selber eine richtung zu geben, vielmehr sie von kindesbeinen an gewöhnt, eine richtung zu empfangen. damals, als sie reif genug waren, um 'in die wüste geschickt zu werden', tat man etwas anderes -- man benutzte sie, man entwendete sie sich selber, man erzog sie zu dem 'täglichen abgenutzwerden', man machte ihnen eine pflichtenlehre daraus -- und jetzt können sie es nicht mehr entbehren und wollen es nicht anders."

meine vorbehalte gegenüber kafka und vergleichbare pessimisten und schwarzseher gehen in dieselbe richtung. ob mir das leben reine verneinung ist oder vollkommene bejahung, ist kein naturgesetz, sondern präferenz. ich kann beides kultivieren, wie weit das gehen kann, hat uns etwa ein hermann burger eindrucksvoll vorgeführt.

ich muss aber keinesfalls! weder muss ich mich dem selbstmitleid hingeben, weil ich meine eindrücke von wirklichkeit als die einzig wahren akzeptieren kann, noch muss ich jede mir mögliche und erlebbare gemütsverfassung als kultivierwürdiges gut ansehen.

ich schaffe mir die welt, jeden tag von neuem. das ist freiheit und verantwortung gleichermassen. mir bleibt so keine grundlage mehr, mit dem finger auf die böse welt zu zeigen und sie dafür verantwortlich zu machen, wie dunkel und traurig es in mir aussieht.

übrigens sind diese zusammenhänge hochaktuell und zeitgemäss. was derzeit im westen vor sich geht zur immer stärkeren einschränkung der bürgerrechte und zur voranschreitenden akkumulation immer grösserer anteile des gesellschaftlichen wohlstands in immer weniger hände, wird durchaus mit hilfe von suggestion und verbreitung von pessimismus und des damit verbundenen bewusstseins von ohnmacht erreicht.

das ist lebensfeindlich und führt geradewegs zu passivität und in letzter konsequenz zum untergang. und weil dem so ist, ist es nicht wert, kultiviert zu werden.
 
M

mar

Guest
AW: lieber Zerd

lieber zerd, ich hatte gerade meine sehr lange Antwort fertig , da wurde ich rausgekickt aus dem System. Dummerweise habe ich es nicht gespeichert und nun bin ich so etwas von frustriert.
Aber ein recht interessantes Zitat von Kafka sollte es doch wert sein, weil es so ganz und gar nichts lebensfeindliches in sich hat, sondern eher sein meist fragmentarisch gebliebenes Werk, welches postum gegen seinen letzten Willen veröffentlicht wurde, recht aufschlussreich charakterisiert:

" Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns".

l.G. Mar
 

Zerd

Well-Known Member
AW: lieber Zerd

liebe mar, solche missgeschicke kommen bedauerlicherweise vor. auch ich habe kürzlich turgay davon berichten müssen, dass einige texte verloren gingen, weil ich wegen zeitüberschreitung aus tt sutomisch ausgeloggt wurde und nicht mehr auf die antwortseite mit meinem text kam. er wollte sich bei gelegenheit darum kümmern und wenn möglich abhilfe schaffen.

mit dem kafka zitat kann ich so aus dem zusammenhang gerissen nur wenig anfangen, weil es doch mehrere deutungen zulässt. aber ich freue mich über jede bestätigung, die meine grundlegenden ansichten aus dem leben heraus erfahren. eine solche bestätigung ergibt sich gerade wieder in einer paralleldiskussion im forum. dort habe ich wieder einmal, wie es meine art ist, ansichten und haltungen widersprochen, die aus meiner sicht dem menschen und dem leben nachteilig sind und deshalb nicht kultiviert werden sollten. und wie zur bestätigung kam von einem der teilnehmer, der andeutet, solche ansichten immer schon kultiviert zu haben, eine mehr oder weniger empörte gegenrede, die auf meine inhaltlichen argumente nur am rande oder überhaupt nicht eingeht, darüber hinaus aber auf wunderbare weise dokumentiert, zu welchem grad an isolation, vereinsamung und verbitterung diese haltungen bei diesem menschen im laufe der jahre geführt haben.

es ist wichtig zu verstehen, dass es mir genau darum geht. nicht um die wahrheit oder eine akkurate repräsentation einer irgendwie gearteten wirklichkeit, sondern darum, darauf hinzuweisen, welch unbegrenzte und zum teil widersprüchliche möglichkeiten zur wahrnehmung, wertung und somit auch gestaltung von welt und leben jedem menschen zur verfügung stehen und er durchaus die wahl hat, je nachdem, welche dieser möglichkeiten er ergreift und kultiviert, diese welt zu einer hölle zu verwandeln, in der jeder nur gegen den anderen zu felde zieht, oder zu einem heterogenen aber harmonischen ganzen, das trotz der diversität jedem einzelnen die möglichkeit gibt, sich und seine vorstellungen zu verwirklichen.

wenn kafkas streben, den für ihn richtigen satz an möglichkeiten zu bestimmen und zu gestalten, im freitod mündet, dann ist das für mich ein eindeutiges zeichen dafür, dass sein satz elemente enthält, die im hinblick auf den menschen und sein leben nicht kultivierwürdig sind, da sie zu einer abwärtsspirale geführt haben, die in letzter konsequenz das leben ablehnt.
 

Sultan

New Member
AW: lieber Zerd

Liebe Freunde, ich habe eure Beiträge gelesen und komme für mich zu dem Schluß, dass ich offenbar in letzter Zeit zu viel türkisch geredet, gelernt und gedacht habe.

Da ich nicht alles verstanden habe, wollte ich fragen ob es euch möglich wäre, die geschriebenen Texte nochmal auf türkisch wiederzugeben. Sicherlich würde dies zu mehr Klarheit in der Sache führen können :razz:

Zitat von Zerd:
........ergibt sich gerade wieder in einer paralleldiskussion im forum. dort habe ich wieder einmal, wie es meine art ist, ansichten und haltungen widersprochen, die aus meiner sicht dem menschen und dem leben nachteilig sind und deshalb nicht kultiviert werden sollten. und wie zur bestätigung kam von einem der teilnehmer, der andeutet, solche ansichten immer schon kultiviert zu haben, eine mehr oder weniger empörte gegenrede, die auf meine inhaltlichen argumente nur am rande oder überhaupt nicht eingeht, darüber hinaus aber auf wunderbare weise dokumentiert, zu welchem grad an isolation, vereinsamung und verbitterung diese haltungen bei diesem menschen im laufe der jahre geführt haben.

es ist wichtig zu verstehen, dass es mir genau darum geht. nicht um die wahrheit oder eine akkurate repräsentation einer irgendwie gearteten wirklichkeit, sondern darum, darauf hinzuweisen, welch unbegrenzte und zum teil widersprüchliche möglichkeiten zur wahrnehmung, wertung und somit auch gestaltung von welt und leben jedem menschen zur verfügung stehen und er durchaus die wahl hat, je nachdem, welche dieser möglichkeiten er ergreift und kultiviert, diese welt zu einer hölle zu verwandeln, in der jeder nur gegen den anderen zu felde zieht, oder zu einem heterogenen aber harmonischen ganzen, das trotz der diversität jedem einzelnen die möglichkeit gibt, sich und seine vorstellungen zu verwirklichen.

wenn kafkas streben, den für ihn richtigen satz an möglichkeiten zu bestimmen und zu gestalten, im freitod mündet, dann ist das für mich ein eindeutiges zeichen dafür, dass sein satz elemente enthält, die im hinblick auf den menschen und sein leben nicht kultivierwürdig sind, da sie zu einer abwärtsspirale geführt haben, die in letzter konsequenz das leben ablehnt.
 

Zerd

Well-Known Member
AW: lieber Zerd

Zitat von Sultan:
Liebe Freunde, ich habe eure Beiträge gelesen und komme für mich zu dem Schluß, dass ich offenbar in letzter Zeit zu viel türkisch geredet, gelernt und gedacht habe.

Da ich nicht alles verstanden habe, wollte ich fragen ob es euch möglich wäre, die geschriebenen Texte nochmal auf türkisch wiederzugeben. Sicherlich würde dies zu mehr Klarheit in der Sache führen können :razz:

liebe sultan, denk dir bitte nichts dabei, es geht hier vielen so wie dir, ganz gleich, in welcher sprache sie zuhause sind. ich hoffe nur, dass wir die unterhaltung in der uns genehmen sprache fortführen dürfen, auch wenn sie manchem etwas spanisch vorkommen mag.

vielleicht könnten wir dir ja behilflich sein, wenn du etwas konkreter auf die passagen hinweist, die du nicht ganz verstanden zu haben glaubst. ansonsten wirst du einige der hier vorgebrachten denkansätze auch bei manchen türkischen dichtern und autoren wiederfinden, ein bisschen kücük iskender oder oruc aruoba würde da nicht schaden.

mit liebem gruss,
zerd
 
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