M
mar
Guest
AW: lieber Zerd
Lieber zerd,
es ist schön, das die kleine philosophie-ecke in diesem von so vielschichtigen themen durchwachsenen forum wieder ein bisschen gewicht bekommt. Vorab zu sagen, mar hat dich nie nur in diesem philosophie- forum als menschen wahrgenommen, der mit seiner komplexität und seiner offenheit besticht, auch in allen anderen treaths möchte ich dies nicht missen wollen, denn die themen ziehen sich durch alle bereiche des lebens und so spannt sich der bogen doch wieder hin zum philosophischen forum hier, wo sich alle möglichkeiten des lebens zusammenfassen lassen zu den fragen , die uns einen tieferen sinn und möglicherweise gespräche auf einer ganz anderen ebene abverlangen. Und diese hätten im smalltalk nun wirklich ein kümmerliches dasein. Schon allein deshalb wäre es ein verlust, deine handschrift hier als abwesend zu denken, denn gerade deine sensible wahrnehmung die eigentlich erkennbar sein müsste für diejenigen, die sich auf die wanderung zwischen den einzelnen beiträgen begeben, die den stempel einer gleichbleibenden qualität verdienen . du bist der freigeist in diesem haus, und das ist so und soll doch erkennbar bleiben.
aber die hoffnung, das du dich mit den überlegungen trägst, doch wieder in diesem schönen, extra von turgay eingerichteten treaths zu gesellen scheint sich zu erfüllen.
Nun aber zu den geheimnissen der leben und dessen , was mir aufgefallen oder eingefallen ist. Ich nähere mich möglicherweise diesmal nicht mit anderen begrifflichkeiten, sondern ich habe tatsächlich durch das lesen der biografie von garcia lorca einige "überlegungsblitze" absorbiert, die mich zu den hinterfragungen animiert haben. Ausgangspunkt sind die bizarren und fast geheimnisvollen ambivalenten beziehungen zwischen lorca, dali und bunuel, die erst so ans licht getreten sind oder in einer weise öffentlich wurden, da lorcas gewaltsamer tod, aber auch die noch heute geheimnisvoll gehandelte biographie, die mehrfach überworfen, zurückgezogen, von verwandten lorcas verboten wurde (und nun doch existiert) . Diese "belichtung" des lebens lorcas ,welche durch dieses hin und her nun auch einen größeren schatten geworfen hat auf die inhaltliche aussage mehrerer zeitzeugen, hat geheimnisse und seelische verstecke offensichtlicher gemacht- und so notwendiger weise den neugierigen menschen zum intensiven befassen derselben bewegt. Das war nun gerade ich – und habe mich danach unter ganz anderen voraussetzungen und unter einem anderen focus dali,lorca und bunuel als Künstler genähert. Die befürchtung , das durch enthüllungen der geheimnisse die genialität der künstler ihres bis dahin bekannten persönlichkeitsbildes berauben würde , hat sich nicht bestätigt. Selbst das bewußte hineinbegeben in den "dunklen" raum oder in das "feuer" des wissens hat die kraft der aussagen von werken nicht geschmälert sondern authentischer werden lassen. Authentizität muss aber nicht immer zwangsläufig positiv gewichtet werden, auch ein "künstlicher mensch" ( ich bitte um die beachtung des feinen unterschiedes künstlich zu künstlerisch) wie es ein politiker zum beispiel sein könnte, der in mehreren ebenen seine persönliche existenz in der öffentlichkeit anders darzustellen wünscht , ist in diesem fall scheinbar authentisch- aber für meinen geschmack eben nicht positiv gewichtet, weil diese welt eine scheinwelt ist ...
So würde ich nicht weiter den vorangegangenen beitrag von mir nochmals hier aufführen wollen, sondern da einhaken, was mich in diesem speziellen beispiel zu dem heutigen bild des (öffentlichen) menschens hingeleitet.
Die gesellschaft ( und die politiker ) suggeriert den menschen durch die medien, das herr müller oder herr meier JEDEN kennen, der durch den bildschirm in ihr zimmer spaziert. Die grenzen zwischen der realität und des scheins sind hier ganz ganz dünn und brüchig geworden- so ist auch, das stelle ich mal in den raum , der wahrheitsgehalt des gelebten lebens vieler menschen brüchig geworden .
Diese brüchigen begrenzungen erzeugen und fördern solche tendenziellen "schubladendenkweisen" ...und da entdecke ich etwas interessantes , nämlich das ausgerechnet diejenigen menschen, die durch die eigene öffentliche stellungnahme, das herbeigeführte und gewollte öffentlichmachen eigener gedanken , was ja im eigentlichen sinne eine "entblößung" ist , also ein aufreißen von schubladen (um es zu versinnbildlichen) sofort wieder in schubladen gesteckt werden. Was geschieht da ? ausgerechnet derjenige, der sein Ganzes ausbreitet und preisgeben will, der also durchschaubar und offen dasteht für jedermann, wird für dieses befreite denken sofort beschnitten und bewertet, abgewertet... setzt hier ein archaisches, oder psychologisches prinzip ein ? so in etwa- in hellen licht sieht man ja alles (und wird dadurch uninteressant) , das dunkle ist das magische, und das magische zieht menschen an? ist das sich verstecken und das aufdecken solcher verstecke eine dieser künstlich aufgesetzten zwangläufigkeiten, oder ist das verstecken ein künstlerischer versuch, der menschlichen seele freiräume zu schaffen, die zwar einblickbar sind für jedermann aber trotzdem mysteriös bleiben, weil der künstler im besonderen eine andere stellung in der gesellschaft innehält und eben nicht "künstlich" ist... Da meine gedanken hierzu über die biographie eines künstlers angeregt wurde , lag es mir am nächsten , den "wortkünstler" friedrich nietzsche zu befragen. Der versuch, die blitze und gegenblitze, die den beitrag in gewisser weise inhaltlich verknüpfen sollten sind jedoch wiederum so vielschichtig zu beleuchten, das ich dich , zerd , nun doch möglicherweise von einer ganz anderen seite kommend auf diesen spaziergang einladen möchte, und um die überlegungen auf einen weg zu bringen, so versuche ich in einem absatz vom "Menschliches Allzu-menschliches" die quintessenz zu finden, die diesen überlegungen einen basis geben könnte .
" - Wenn die Kunst ein Individuum gewaltig ergreift, dann zieht es dasselbe zu Anschauungen solcher Zeiten zurück, wo die Kunst am kräftigsten blühte, sie wirkt dann zurückbildend. Der Künstler kommt immer mehr in eine Verehrung der plötzlichen Erregungen, glaubt an Götter und Dämonen, durchseelt die Natur, haßt die Wissenschaft, wird wechselnd in seinen Stimmungen wie die Menschen des Altertums und begehrt einen Umsturz aller Verhältnisse, welche der Kunst nicht günstig sind, und zwar dies mit der Heftigkeit und Unbilligkeit eines Kindes. An sich ist nun der Künstler schon ein zurückbleibendes Wesen, weil er beim Spiel stehenbleibt, welches zur Jugend und Kindheit gehört: dazu kommt noch, daß er allmählich in andere Zeiten zurückgebildet wird. So entsteht zuletzt ein heftiger Antagonismus zwischen ihm und den gleichaltrigen Menschen seiner Periode und ein trübes Ende; so wie, nach den Erzählungen der Alten, Homer und Äschylus in Melancholie zuletzt lebten und starben."
Ich weiß, hier prallen zeiten aufeinander und auf dem ersten blick ist scheinbar kein zusammenhang erkennbar, aber in deutungen und erkennen von zeitgemäßen entsprechungen erschließt sich sicher das eine oder andere und sucht sich auf seitenwegen den weg zurück zu der frage nach dem verstecken-(spielen) nach den widersprüchlichen erwartungen, die dieses gesellschafts- (spiel) mit sich bringt , nach der frage die magische dunkelheit betreffende ( götter-und dämonenwelt) nach dem aufbegehren zur wahrheitsfindung , die bis hin zur entäußerung geht ( die im antagonistischer beharrlichkeit gerade in der politik negativ behaftet ist) , nach dem künstlich geschaffenen Vakuum von gesellschaftlichen verbindlichkeiten, die dem transparenten und individuellen menschen keinen raum für identitätsfindung lassen [das aufbegehren bis hin zum umsturz ( oder absturz...) seiner persönlichen verhältnisse]...und so weiter ...
So , das lasse ich erst einmal so stehen und werde , angeregt durch nietzsche mich auch mal wieder diesem oder jenem von ihm zuwenden.
MAR
Lieber zerd,
es ist schön, das die kleine philosophie-ecke in diesem von so vielschichtigen themen durchwachsenen forum wieder ein bisschen gewicht bekommt. Vorab zu sagen, mar hat dich nie nur in diesem philosophie- forum als menschen wahrgenommen, der mit seiner komplexität und seiner offenheit besticht, auch in allen anderen treaths möchte ich dies nicht missen wollen, denn die themen ziehen sich durch alle bereiche des lebens und so spannt sich der bogen doch wieder hin zum philosophischen forum hier, wo sich alle möglichkeiten des lebens zusammenfassen lassen zu den fragen , die uns einen tieferen sinn und möglicherweise gespräche auf einer ganz anderen ebene abverlangen. Und diese hätten im smalltalk nun wirklich ein kümmerliches dasein. Schon allein deshalb wäre es ein verlust, deine handschrift hier als abwesend zu denken, denn gerade deine sensible wahrnehmung die eigentlich erkennbar sein müsste für diejenigen, die sich auf die wanderung zwischen den einzelnen beiträgen begeben, die den stempel einer gleichbleibenden qualität verdienen . du bist der freigeist in diesem haus, und das ist so und soll doch erkennbar bleiben.
aber die hoffnung, das du dich mit den überlegungen trägst, doch wieder in diesem schönen, extra von turgay eingerichteten treaths zu gesellen scheint sich zu erfüllen.
Nun aber zu den geheimnissen der leben und dessen , was mir aufgefallen oder eingefallen ist. Ich nähere mich möglicherweise diesmal nicht mit anderen begrifflichkeiten, sondern ich habe tatsächlich durch das lesen der biografie von garcia lorca einige "überlegungsblitze" absorbiert, die mich zu den hinterfragungen animiert haben. Ausgangspunkt sind die bizarren und fast geheimnisvollen ambivalenten beziehungen zwischen lorca, dali und bunuel, die erst so ans licht getreten sind oder in einer weise öffentlich wurden, da lorcas gewaltsamer tod, aber auch die noch heute geheimnisvoll gehandelte biographie, die mehrfach überworfen, zurückgezogen, von verwandten lorcas verboten wurde (und nun doch existiert) . Diese "belichtung" des lebens lorcas ,welche durch dieses hin und her nun auch einen größeren schatten geworfen hat auf die inhaltliche aussage mehrerer zeitzeugen, hat geheimnisse und seelische verstecke offensichtlicher gemacht- und so notwendiger weise den neugierigen menschen zum intensiven befassen derselben bewegt. Das war nun gerade ich – und habe mich danach unter ganz anderen voraussetzungen und unter einem anderen focus dali,lorca und bunuel als Künstler genähert. Die befürchtung , das durch enthüllungen der geheimnisse die genialität der künstler ihres bis dahin bekannten persönlichkeitsbildes berauben würde , hat sich nicht bestätigt. Selbst das bewußte hineinbegeben in den "dunklen" raum oder in das "feuer" des wissens hat die kraft der aussagen von werken nicht geschmälert sondern authentischer werden lassen. Authentizität muss aber nicht immer zwangsläufig positiv gewichtet werden, auch ein "künstlicher mensch" ( ich bitte um die beachtung des feinen unterschiedes künstlich zu künstlerisch) wie es ein politiker zum beispiel sein könnte, der in mehreren ebenen seine persönliche existenz in der öffentlichkeit anders darzustellen wünscht , ist in diesem fall scheinbar authentisch- aber für meinen geschmack eben nicht positiv gewichtet, weil diese welt eine scheinwelt ist ...
So würde ich nicht weiter den vorangegangenen beitrag von mir nochmals hier aufführen wollen, sondern da einhaken, was mich in diesem speziellen beispiel zu dem heutigen bild des (öffentlichen) menschens hingeleitet.
Die gesellschaft ( und die politiker ) suggeriert den menschen durch die medien, das herr müller oder herr meier JEDEN kennen, der durch den bildschirm in ihr zimmer spaziert. Die grenzen zwischen der realität und des scheins sind hier ganz ganz dünn und brüchig geworden- so ist auch, das stelle ich mal in den raum , der wahrheitsgehalt des gelebten lebens vieler menschen brüchig geworden .
Diese brüchigen begrenzungen erzeugen und fördern solche tendenziellen "schubladendenkweisen" ...und da entdecke ich etwas interessantes , nämlich das ausgerechnet diejenigen menschen, die durch die eigene öffentliche stellungnahme, das herbeigeführte und gewollte öffentlichmachen eigener gedanken , was ja im eigentlichen sinne eine "entblößung" ist , also ein aufreißen von schubladen (um es zu versinnbildlichen) sofort wieder in schubladen gesteckt werden. Was geschieht da ? ausgerechnet derjenige, der sein Ganzes ausbreitet und preisgeben will, der also durchschaubar und offen dasteht für jedermann, wird für dieses befreite denken sofort beschnitten und bewertet, abgewertet... setzt hier ein archaisches, oder psychologisches prinzip ein ? so in etwa- in hellen licht sieht man ja alles (und wird dadurch uninteressant) , das dunkle ist das magische, und das magische zieht menschen an? ist das sich verstecken und das aufdecken solcher verstecke eine dieser künstlich aufgesetzten zwangläufigkeiten, oder ist das verstecken ein künstlerischer versuch, der menschlichen seele freiräume zu schaffen, die zwar einblickbar sind für jedermann aber trotzdem mysteriös bleiben, weil der künstler im besonderen eine andere stellung in der gesellschaft innehält und eben nicht "künstlich" ist... Da meine gedanken hierzu über die biographie eines künstlers angeregt wurde , lag es mir am nächsten , den "wortkünstler" friedrich nietzsche zu befragen. Der versuch, die blitze und gegenblitze, die den beitrag in gewisser weise inhaltlich verknüpfen sollten sind jedoch wiederum so vielschichtig zu beleuchten, das ich dich , zerd , nun doch möglicherweise von einer ganz anderen seite kommend auf diesen spaziergang einladen möchte, und um die überlegungen auf einen weg zu bringen, so versuche ich in einem absatz vom "Menschliches Allzu-menschliches" die quintessenz zu finden, die diesen überlegungen einen basis geben könnte .
" - Wenn die Kunst ein Individuum gewaltig ergreift, dann zieht es dasselbe zu Anschauungen solcher Zeiten zurück, wo die Kunst am kräftigsten blühte, sie wirkt dann zurückbildend. Der Künstler kommt immer mehr in eine Verehrung der plötzlichen Erregungen, glaubt an Götter und Dämonen, durchseelt die Natur, haßt die Wissenschaft, wird wechselnd in seinen Stimmungen wie die Menschen des Altertums und begehrt einen Umsturz aller Verhältnisse, welche der Kunst nicht günstig sind, und zwar dies mit der Heftigkeit und Unbilligkeit eines Kindes. An sich ist nun der Künstler schon ein zurückbleibendes Wesen, weil er beim Spiel stehenbleibt, welches zur Jugend und Kindheit gehört: dazu kommt noch, daß er allmählich in andere Zeiten zurückgebildet wird. So entsteht zuletzt ein heftiger Antagonismus zwischen ihm und den gleichaltrigen Menschen seiner Periode und ein trübes Ende; so wie, nach den Erzählungen der Alten, Homer und Äschylus in Melancholie zuletzt lebten und starben."
Ich weiß, hier prallen zeiten aufeinander und auf dem ersten blick ist scheinbar kein zusammenhang erkennbar, aber in deutungen und erkennen von zeitgemäßen entsprechungen erschließt sich sicher das eine oder andere und sucht sich auf seitenwegen den weg zurück zu der frage nach dem verstecken-(spielen) nach den widersprüchlichen erwartungen, die dieses gesellschafts- (spiel) mit sich bringt , nach der frage die magische dunkelheit betreffende ( götter-und dämonenwelt) nach dem aufbegehren zur wahrheitsfindung , die bis hin zur entäußerung geht ( die im antagonistischer beharrlichkeit gerade in der politik negativ behaftet ist) , nach dem künstlich geschaffenen Vakuum von gesellschaftlichen verbindlichkeiten, die dem transparenten und individuellen menschen keinen raum für identitätsfindung lassen [das aufbegehren bis hin zum umsturz ( oder absturz...) seiner persönlichen verhältnisse]...und so weiter ...
So , das lasse ich erst einmal so stehen und werde , angeregt durch nietzsche mich auch mal wieder diesem oder jenem von ihm zuwenden.
MAR