laut Suizidstatistik nicht
Das muss nicht zwangsläufig so sein. Die Frage scheint mir berechtigt, wer glücklicher dran ist: derjenige, der ein großes Unglück und eine unerträgliche Situation auf die eine oder andere Weise zu beenden entschlossen und in der Lage ist, oder derjenige, der sie untätig erträgt?
Ich würde nicht so weit gehen, bei einem Toten von Glück reden zu wollen, aber jemand, der gar nichts mehr empfindet, scheint doch besser dran zu sein als jemand, der ohne jede Hoffnung (das unterstelle ich dem Selbstmörder nun einfach!) großes Unglück erträgt. Wenn wir diese Tendenz auf Situationen übertragen, in denen der Selbstmord ausbleibt, ist davon auszugehen, dass der potentielle Selbstmörder mehr für sein Glück tun würde.
Das sind natürlich nur Gedankenspiele. Es wäre genauso gut vorstellbar, dass derjenige eher glücklich wird, der auch die Hoffnung darauf nicht verliert, was wieder gegen die Selbstmörder sprechen würde.
Alles in allem denke ich nicht, dass die Neigung zum Suizid einen entscheidenden Hinweis auf die Fähigkeit zum Glücklich-sein darstellt.
Aber zurück zur ursprünglichen Frage. Bislang wurde mit der Frage überwiegend subjektiv umgegangen, sei es der Hinweis auf das abstrakte Glück oder die persönlichen Ziele. Gibt es denn keinen Weg, sich etwas allgemeiner mit dieser Frage zu beschäftigen? In der Weise etwa, die Aufmerksamkeit darauf zu richten, was vielleicht allem Leben gemeinsam sein könnte. Gar nicht so sehr fokussiert auf den Menschen, denn bei ihm wird die Angelegenheit gleich komplizierter, weil bei ihm neben seinem eigentlichen Leben gleich auch noch seine (oder überhaupt eine) Vorstellung vom Leben hinzukommt und die kann beliebig wenig mit dem eigentlichen Leben zu tun haben.
Was lässt sich diesbezüglich über die primitivste Form von Leben sagen, etwa den Einzellern? Was könnte als Ziel pflanzlichen Lebens angesehen werden? Was kommt bei organischem Leben und der Tierwelt hinzu und gibt es in all dem etwas Übereinstimmendes, das sich auch beim Menschen wiederfindet, ganz gleich, in welcher Zeit und Gesellschaft er gerade lebt, welches Geschlecht er hat, wie alt er ist, welche Ausbildung er genossen hat und welchen Beruf er ausübt?
Das wäre mE der erste Zugang, mit einer solchen Frage überindividuell umzugehen. Und sie erscheint mir auch sehr ergiebig zu sein, weil sich dann die Kulturgeschichte des Menschen seit der Zeit, in der er sich durch Zivilisation vom Tierreich abzuheben beginnt, in Beziehung setzen lässt zu den erörterten Grundprinzipien des Lebens. Und diese übergeordnete kulturgeschichtliche Betrachtung könnte es dann erlauben zu bestimmen, an welchem Punkt dieser Entwicklung wir uns gerade befinden und wie dieses Ganze dann auf unser Denken und unsere ganz persönlichen Lebensziele einwirkt.
WAS (jeden einzelnen von) uns glücklich macht und unserem Leben einen SInn gibt ist nur das letzte Produkt einer komplexen Entwicklung und Konstellation, es ist nicht wirklich unsere Entscheidung. Aber es kann zu unserer ganz persönlichen individuellen Entscheidung werden, wenn wir uns eingehender mit dem WARUM beschäftigen. Und das kann dem Leben dann auch einen übergeordneten Sinn verleihen, der über die eigene Existenz hinausgeht.